Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Berlin vom Oktober 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Berlin im Oktober 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 7,57 9,15 5,5 8,4
Aktenvortrag 10 15 7 13
Zivilrecht 11 11 6 12
Strafrecht 12 14 7 12
Öffentliches Recht 13 10 8 11
Endpunkte 3 3 3 3
Endnote 9,02 10,68 6,14 9,76

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Zwangsvollstreckung, Erkenntnisverfahren, Zulässigkeit der Klage

Paragraphen: §767 ZPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner

Prüfungsgespräch:

Die Prüfung begann gewollt lustig mit der Frage, welcher Vogel das Zwangsvollstreckungsverfahren dominiert. Die gewünschte Antwort war der Kuckuck. Dann ging es darum, wie die Vollstreckung in Sachen funktioniert? – Pfändung. Was bewirkt Pfändung? – Verstrickung, Veräußerungsverbot. Warum wird Kuckuck angebracht? Damit Pfändung sichtbar.
Welche zwei Verfahrensabschnitte werden durch die ZPO geregelt? Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren. Wo geht es los mit Vollstreckung? Im 8. Buch, §§ 704 ff. ZPO.
Dann wollte der Prüfer wissen, was in einem Räumungstitel stehen soll. Wie lautet ein Antrag auf Räumung in der Klage? „Es wird beantrag, den Beklagten zu verurteilen, die Wohnung in der …straße, 1. OG Mitte rechts bis zum DATUM zu räumen“.
Aus welcher Perspektive wird Lage der Wohnung (Mitte, rechts) beschrieben? Von Treppenhaus aus, nicht von Wohnung aus.
Dann ging es um die Bestimmtheit des Titels, insbesondere wenn auch Kellerabteil geräumt werden soll, aber dieses nicht näher bezeichnet. Was kann Gerichtsvollzieher dann tun? Irgendwie kam es nicht zur Klärung dieser Frage.
Was ist, wenn der titulierte Anspruch materiell-rechtlich nicht besteht? Das ist keine Voraussetzung für die Vollstreckung (Titel, Klausel, Zustellung, Antrag, kein Vollstreckungshindernis).
Gerichtsvollzieher prüft das wegen der Formalisierung der Zwangsvollstreckung nicht. Es kann mit der Vollstreckungsgegenklage gem. §767 gerügt werden, aber kein Hindernis für die Zwangsvollstreckung.
Ist die Klage nach §767 Teil des Vollstreckungs- oder Erkenntnisverfahrens? Normale Klage, über die im Erkenntnisverfahren entschieden wird.
Was macht der Amtsrichter als erstes, wenn die Klage am Tisch hat? Prüfer wollte direkt auf die Schlüssigkeit hinaus, wurde ungeduldig als er „Zulässigkeit prüfen, zustellen“ hörte. Ließ das aber natürlich als richtig gelten. Hilfestellung für die gewünschte Antwort war „was ist denn Voraussetzung für Versäumnisurteil?“ Definition Schlüssigkeit, Definition Erheblichkeit, was muss man Beweisen? Streitige, erhebliche Tatsachen. Was nicht? Zugestandenes. Insofern das übliche Programm….
Was ist Anhängigkeit und Rechtshängigkeit und wo geregelt? – 253 I, 261 I ZPO. Wie funktioniert die Rückwirkung? § 167. Auf welchen Rückwirkungszeitpunkt bezieht sich § 167? Anhängigkeit. Beispiel für eine Norm, wo es auf Rückwirkung ankommen kann? 558b II 2 BGB. An welchem Wort ist das erkennbar? Der Prüfling kam gar nicht darauf, woraufhin der Prüfer die Antwort „erhoben“ förmlich in den Mund legte.
Was sind die Wirkungen der Rechtshängigkeit? Auf welche Weise kann ein Verfahren beendet werden? Verzicht, Rücknahme, Erledigung, Anerkenntnis reichten ihm als Antworten.
Welche Wirkung hat Verzicht? Anders als Erlass keine materiell-rechtliche. Klage kann neu erhoben werden, keine entgegenstehende Rechtskraft. Wie ist das bei Rücknahme? Auch keine Rechtskraft oder Verwirkung des Anspruchs. Warum Rücknahme nach müVerh nur nach Zustimmung? Wegen Öffentlichkeit der Verhandlung, § 169 und Pranger Wirkung. Wann beginnt Verhandlung? § 137.
Wie funktioniert das mit den Anträgen? § 297, mündlich oder Bezugnahme, § 137 III.
Irgendwann besprachen wir auch das Rüge lose Einlassen, §39, und wann es ausgeschlossen ist, § 40.
Der Prüfer wollte wissen, warum der Hinweis gem. § 504 vorgesehen ist und welche Nachteile es für jemanden hätte durch rügeloses Einlassen einen Gerichtsstand vor dem AG zu begründen (ev. Zuständigkeit einer Fachkammer geeigneter, Anwaltszwang vor LG als Schutz davor, bei weitreichenden Fällen auf sich alleine gestellt zu sein).