Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – NRW vom Mai 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Mai 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 42
Zivilrecht 10
Strafrecht 10
Öffentliches Recht 10
Endpunkte 83
Endnote 8,3

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Gerhard Richters Skizzen im Müll: Wer ist Eigentümer? Leihvertrag oder nur Gefälligkeit? Tierhalterhaftung

Paragraphen: §985 BGB, §959 BGB, §833 BGB, §598 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Zunächst schilderte der Prüfer einen kurzen Fall. Es ging um die Skizzen des Künstlers Gerhard Richter, aus dessen Müllcontainer jemand diese Skizzen entwendet hatte. Er wollte wissen, wer Eigentümer dieser Skizzen sei und wandelte den Fall auch mehrmals ab. Im Rahmen des § 985 kam es dann darauf an, ob eine Dereliktion § 959 stattgefunden hatte und welche Voraussetzungen diese aus dem Gesetzestext herausfordert. Sie ist eine einseitige nicht empfangsbedürftige Willenserklärung und kann ebenfalls nach § 133 ausgelegt werden. Es gab keine exakte Lösung, viel mehr ging es darum, verschiedene Ansätze zu finden. Zum einen könnte man annehmen, dass der Künstler das Eigentum auf die Entsorgungsbetriebe übertragen wollte unter der aufschiebenden Bedingung der Zerstörung des Inhalts des Müllcontainers §§ 929 S.1, 158 BGB, sodass die Betriebe für eine juristische Sekunde vor Zerstörung Eigentümer geworden wäre.
Demzufolge war der Künstler zum Zeitpunkt der Einsichtnahme des Diebes noch Eigentümer.
Abgewandelt: Wie wäre es, wenn der Künstler die Skizzen auf den Sperrmüll wirft? Wohl eher Eigentumsaufgabe, vgl. heutige Sperrmüll-Situation: Alles wird von irgendwelchen Menschen eingesackt.
Abgewandelt: Müllcontainer nicht am Haus, sondern irgendwo in der Stadt am Spielplatz, was ändert sich? Ich meine, nichts im Gegensatz zum Ausgangsfall. Was der Prüfer am Ende festhielt kann ich nicht mehr genau sagen. Es ging ihm wie gesagt weniger darum, ein konkretes Ergebnis zu erzielen, sondern vernünftige Erwägungen anzustellen. Laut seiner Aussage war er sich mit seinen Richterkollegen in der Kantine ebenfalls nicht einig über die Rechtslage.

Dann ging es weiter mit einem neuen Fall: Zwei Freundinnen reiten gerne, A und B. A hat kein Pony und daher überlässt B das ihrige der A. A haut mit der Gerte auf das Hinterteil, das Pony bockt, A verletzt sich und hat Heilbehandlungskosten. Leihvertrag? Wohl kein Rechtsbindungswille. Dann Tierhalterhaftung, insb. tierspezifische Gefahr, §§ 833 ff. Es lag auch kein Ausschluss nach § 833 S. 2 oder § 834 vor. Stillschweigender Haftungsausschluss? Ebenfalls nicht ersichtlich. Anspruch geht durch. Wertungswiderspruch, weil ja kein Rechtsbindungswille, also keine vertragliche Haftung? Nein, laut BGH hat das so seine Richtigkeit und es ist keine Ergebniskorrektur über § 242 vorzunehmen.

Dann war das Gespräch zu Ende.