Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hessen vom Juni 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Juni 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Zivilrecht 10 9 7 5 6
Strafrecht 9 10 5 7 4
Öffentliches Recht 9 9 6 7 5
Endnote 4 4 4 4 4

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: StGB-AT, Betrug, Computerbetrug

Paragraphen: §263 StGB, §263a StGB, §242 StGB, §246 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann die Prüfung mit Fragen allgemeinen Teil des StGB. Er war bezüglich dieser Einführung protokollfest. Er verlas dann einen Fall und ließ uns etwas Zeit mitzuschreiben. Der Fall wurde dann Schritt für Schritt gemeinsam gelöst, wobei jeder ein bestimmter Abschnitt prüfen musste. Manchmal, wenn ein Prüfling die Antwort nicht parat hatte, gab er die Frage „frei“ für alle oder stellte sie auch konkret einen anderen Prüfling. Am Ende der Prüfung wurden uns noch ein paar Fragen zur StPO gestellt.

Teil 1:
Er fragte nach
1. möglichen Rechtfertigungsgründen (32 StGB, 34 StGB, 228 BGB, 904 BGB, 127 StPO)
2. danach welches Verhalten grundsätzlich strafbar ist (Tun und Unterlassen mit jeweiliger
Definitionen und die Garantenarten (Überwachungsgarant und Beschützergarant)
1. welche Schuldformen es gibt im Strafrecht (nach § 15 StGB kann vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt werden, Abgrenzung bewusste Fahrlässigkeit zum Eventualvorsatz)
2. nach dem Aufbau des Versuchs und wann ein Rücktritt in Betracht kommt.

Teil 2:
Der Fall gestaltete sich folgendermaßen: A und B möchten Geld machen, indem sie alte Leute mit einer Täuschung dazu überreden, ihnen ihre Bankkarten und Pin zu überlassen, sich am Geldautomaten zu bedienen und die Karte zurückzulassen.
A ruft bei Omi O zu Hause an mit der Behauptung, er sei der Filialleiter ihrer Hausbank und im Banksystem sei ein Fehler aufgetaucht, weshalb ein Mitarbeiter zu O nach Hause käme und es notwendig sei, die Karte mitzunehmen.
B schlägt daraufhin bei der armen Omi O auf, gibt sich als Angestellter aus, nimmt die Karte und unter einen Vorwand den dazugehörigen Pin mit.
A und B gehen zum Geldautomaten der Bank, heben 25.000 Euro ab und lassen die Karte absprachegemäß im Kartenschlitz.
Wie ist die Strafbarkeit von A und B?
Eingestiegen sind wir mit § 263 gegen die Bank zulasten O und dessen Voraussetzungen; wegen des fehlenden unmittelbaren Vermögensschadens durch Aushändigung der Karte wurde § 263 im Ergebnis abgelehnt, weil noch weitere Zwischenschritte notwendig sind, um einen Vermögensschaden hervorzurufen. Die Rechtsprechung lehnt aus diesem Grund Betrug ab. Einzelne Definitionen zu den Voraussetzungen schienen erwünscht, wurden aber nicht direkt abgefragt.
Weiter ging es mit § 242 sowohl an der Karte als auch an dem Geld. Bezüglich der Karte (-) wegen fehlendem Zueignungswillen. Bezüglich des Geldes ebenso (-), wegen fehlender Wegnahme (der Automat gibt das ja einfach hinaus, sodass ein Bruch des Gewahrsams gar nicht stattfindet.
Sodann § 246 bezüglich Karte und Geld. Bezüglich der Karte wurde (-), bezüglich des Geldes (+)
Dann kamen wir zum §263a. Hier wollte der Prüfer die einzelnen Auslegungsmethoden hören (computerspezifische vs. betrugsspezifische).
Wir kamen abschließend auf § 263 III Nr. 1: bandenmäßig (-) weil nur 2 Täter zusammen gehandelt haben, die Rechtsprechung fordert aber 3; gewerbsmäßig (+) weil die beiden diese Vorgehensweise laut Sachverhalt öfter anwenden wollten.
Es war auf die gemeinsame Begegnung der Straftaten und somit auf die Mittäterschaft nach § 25 II StGB einzugehen. Eine genaue Definition von Mittäterschaft war nicht gefordert.
Der Prüfer fragte abschließend unter welchen Voraussetzungen die Staatsanwaltschaft A und B i U-Haft nehmen dürften (dringender Tatverdacht) und welche Haftgründe hierfür vorliegen könnten (Fluchtgefahr, Verdunkelung beides (-), dafür aber Wiederholungsgefahr (+).
Insgesamt empfehle ich, die Fragen aus dem Anfangsteil genau anzugucken und sich auf StGB-AT vorzubereiten. Der Prüfer scheint Fehler relativ schwer zu ahnden und vergab, allerdings wie alle anderen Prüfer in diesem Durchlauf, recht niedrige Punkte. Achtet auf eine präzise Ausdrucksweise und einen sauberen Aufbau. Mir hat ein Spruch eines Freundes zudem weitergeholfen: Nicht das Wissen ist dein Feind, sondern die Nervosität. Versucht gefasst zu bleiben, dann kommt ihr auch auf die Lösung. Die Prüfer werden euch in jedem Fall zu einer Antwort führen und euch nicht im Regen stehen lassen. 🙂

Viel Erfolg!!! Ihr packt das! 🙂