Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – NRW vom November 2018

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im November 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 4
Vorpunkte 23 40 47
Zivilrecht 9 9 11
Strafrecht 9 9 11
Öffentliches Recht 9 9 11
Endpunkte 56 73 90
Endnote 5,6 7,3 9,0

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Zwangsvollstreckung; ZPO

Paragraphen: §812 BGB, §1247 BGB, §280 BGB, §684 BGB, §816 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer stellte zunächst einen Grundfall, den er später modifizierte.
Ein Gläubiger hat eine Forderung in Höhe von 1000 Euro gegen den Schuldner. Er erwirkte einen Titel und beauftragte den Gerichtsvollzieher diesen Titel zu vollstrecken.
An dieser Stelle befragte er uns zur ZPO. Was ist ein Titel? Welche Arten von Titeln gibt es? (z.B. Urteil, Vergleich, Mahnbescheid, notarielle Unterwerfungserklärung) Dann eine Frage zum Schuldanerkenntnis (§§780,781 BGB) und zum Anerkennungsurteil (§307 ZPO).
Dann wurde der Fall modifiziert: Der Gerichtsvollzieher nimmt bei dem Schuldner eine Armbanduhr. Diese wird versteigert und 500 Euro werden erzielt, davon gehen 450 Euro zur Befriedigung an den Gläubiger. Die Armbanduhr gehörte aber eigentlich dem D. Was kann D tun?
Zunächst haben wir über die Drittwiderspruchsklage aus der ZPO gesprochen. Diese ist aber aufgrund der bereits erfolgten Zwangsvollstreckung nicht einschlägig. Dann erhielten wir die Information, dass die Uhr 800 Euro wert ist.
Dann sollten wir jeder von uns mögliche Anspruchsgrundlagen nennen: 812, 816II, 985, GoA, 951, 280, 823 ff., 989, 990. Er hat dann einen Prüfling gebeten sich eine Anspruchsgrundlage herauszusuchen und zu prüfen.
Begonnen haben wir mit § 812 BGB. Zunächst haben wir die Leistungskondiktion ausgeschlossen. Bei § 812 I S. 1 2. Alt haben wir „etwas erlangt“ bejaht (450 Euro). Sind, um die Eigentumsverhältnisse der Geldscheine zu klären auf § 951 etc. eingegangen. Haben aber festgestellt, dass hier die Regelungen zum Pfandrecht Vorrang haben. Pfandrecht ist Recht zum Besitz. Dann wussten wir nicht weiter. Der Prüfer erklärte uns dann, dass das Eigentum nach § 1247 BGB anlog (dingliche Surrogation) auf G übergeht. Somit hat G ohne Leistung von D etwas erlangt. Da die Scheine an sich nicht mehr vorhanden sind ist Wertersatz gem. § 818 II BGB zu leisten.
Als nächstes prüften wir die GoA. Wir kamen letztendlich zu dem Ergebnis, dass man wohl gegen den Gerichtsvollzieher nicht vorgehen kann. Auch gegen G hat D keinen Anspruch aus § 684 BGB, es fehlt an dem Fremdgeschäftswillen.
§ 823 I scheitert, weil der Gerichtsvollzieher nicht dem G zuzurechnen ist. § 278 gilt nicht für deliktische Ansprüche.
Auch ein Anspruch aus § 831 scheitert.
§ 816 II scheiterte auch, wobei ich die Begründung dafür ehrlich gesagt nicht verstanden habe.
§ 985 scheiterte mangels einer Vindikationslage.
Bei der Prüfung von §989, 990 war zu erwähnen, dass hier die Vindikationslage in einem anderen Zeitpunkt vorliegen muss, als bei § 985. Der Anspruch scheitert aber wegen mangelnder Kenntnis.
Auch § 285 BGB scheiterte.
Dann bekamen wir die Information, dass der Gläubiger wusste, dass die Uhr D gehörte. Es war G aber egal.
Zunächst fragte der Prüfer was ein Schuldverhältnis überhaupt sei. Es waren vertragliche, vorvertragliche und gesetzliche Schuldverhältnisse anzusprechen.
Dann war festzustellen, dass mit dem Zugriff des Gerichtsvollziehers auf die Uhr ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet würde. Dann war ein SEA aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis nach § 280I BGB zu prüfen. Eine Pflichtverletzung lag im Wissen des Gläubigers im Zeitpunkt des Zugriffs des Gerichtsvollziehers. Ein Anspruch besteht.
Der Prüfer wollte im Folgenden noch eine Abwandlung besprechen: es ist der Anwalt von G der wusste, dass die Uhr D gehört. Es war der Anwalt der für G das ganze Zwangsvollstreckungsverfahren betreute. Er stellte fest, dass die Zeit abgelaufen sei.