Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Baden-Württemberg vom April 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg im April 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3
Vorpunkte 7,88 8,1 9,6
Aktenvortrag 12 10 9
Prüfungsgespräch 10,8 9,8 11,2
Wahlfach 10 10 13
Endnote 8,75 8,67 10,06
Endnote (1. Examen) 9,10

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Baurecht, Einstweiliger Rechtsschutz, Nachbarschutz

Paragraphen: §55 LBO, §46 LBO, §5 IFG, §123 VwGO, §80 VwGO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte einen baurechtlichen Fall.
In Tübingen hat A ein Hausgrundstück in Hanglage mit Blick ins Neckartal und Terrasse.
Plötzlich hört A Baulärm und sieht, dass bei seinem Nachbarn N das Haus aufgeschüttet wird und eine zweite Terrasse angelegt werden soll.
A ist der Ansicht, dass dem N keine zweite Terrasse zusteht und die Abstandsflächen und Baulinien nicht eingehalten seien und wusste auch gar nicht, dass N überhaupt eine Baugenehmigung bekommen hat.
Es ging darum, was A sich nun wohl wünscht.
Antwort: Zunächst mal eine Baueinstellung nach § 64 LBO, danach vielleicht eine Abbruchsverfügung nach § 65 LBO. Es handelt sich hier um eine bauliche Anlage nach § 2 LBO.
Wir sprachen dann über § 55 LBO und der Prüfer wollte hören, was der Unterschied zwischen einem Angrenzer und einem Nachbarn ist.
Er wollte wissen, wer in Tübingen Baurechtsbehörde ist, also sollten die Normen §§ 48 I, 46 I Nr. 3 LBO iVm. § 15 LVG genannt werden.
Dann wollte er wissen, ob die kleine Gemeinde Dusslingen auch Baurechtsbehörde sein kann. Antwort: § 46 II LBO.
Zurück nach Tübingen: A will sich an die Gemeinde wenden, um zu erfahren, ob dem N überhaupt eine Baugenehmigung erteilt wurde. Die Gemeinde sagt: Datenschutz.
Was kann A machen?
Antwort: Er könnte einen Anspruch aus dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIfG) haben.
Wir kamen kurz auf § 5 LIfG zu sprechen. Er wollte das Verhältnis zwischen Europarecht und dem LIfG hören und den Unterschied zwischen Verordnungen und Richtlinien. Es genügte ihm aber schon, dass ich sagte, dass das LIfG die europarechtlichen Vorgaben umsetzt.
Was ist, wenn die Gemeinde sich weigert, Auskunft zu gewähren?
Antwort: A kann bei Gericht einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO stellen. Er müsste einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft machen.
Hier wollte der Prüfer vor allem darauf hinaus, dass hier das Problem bestünde, dass die Hauptsache vorweggenommen würde. Ausnahme, wenn sonst irreparable Schäden entstehen.
Dann ging es um die notwendige Beiladung nach § 65 II VwGO. Was die für einen Zweck hat?
Antwort: §§ 63 Nr. 1, 121 I VwGO, Rechtskrafterstreckung.
Wenn sich dann herausstellt, dass Tübingen dem N eine Baugenehmigung erteilt hat, was ist dann? Antwort: Dann kann er im Eilrechtsschutz einen Antrag nach § 80a III, 80 V VwGO stellen, weil in der Hauptsache ein Widerspruch bzw. eine Anfechtungsklage statthaft wäre.
Dann war die Zeit auch schon zu Ende.