Prüfungswissen: Räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB)

Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: Räuberischer Diebstahl bei Polizeiflucht (mit Jura-Lernvideo) (BGH; Beschluss vom 04.08.2015 – 3 StR 112/15). Die Entscheidungsbesprechung wird morgen früh veröffentlicht.

Prüfungswissen: Räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB)
Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen

Hierbei ist nach ganz h.M. ist räuberischer Diebstahl nur in der Zeit zwischen Vollendung und Beendigung des Diebstahls möglich. Der Diebstahl muss also bereits vollendet gewesen sein, als die Gewaltanwendung oder die Drohungen begannen. Bei Gewaltanwendung vor Vollendung des Diebstahls liegt Raub vor.
BGH NJW 79, 726 = ZA 5/79 S. 11; BGH Holtz MDR 84, 981 = ZA 2/85 S. 27; BGH JZ 87, 52 = ZA 3/87 S. 55; BGH MDR 87, 775 = ZA 10/87 S. 19

aa) Vollendung des Diebstahls
Der Diebstahl ist vollendet, wenn neuer Gewahrsam begründet wurde. Für die Frage, wann die Wegnahme „vollendet“, also neuer Gewahrsam begründet wurde, ist die Verkehrsauffassung maßgebend. Befindet sich die Sache noch im räumlichen Machtbereich des bisherigen Gewahrsamsinhabers, so ist neuer Gewahrsam erst dann gegeben, wenn der Täter die Beute bereits in seine Kleidung gesteckt hat.

bb) Beendung des Diebstahls
Der Diebstahl ist er beendet, wenn der Täter den Gewahrsam an den entwendeten Gegenständen gefestigt und gesichert hat.
Beendigung ist daher regelmäßig anzunehmen, wenn der Täter die Sache in ein Versteck oder seine Räume verbracht hat. Ob im Stadium des Abtransports der Gewahrsam noch begründet wird oder bereits als gesichert angesehen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Jedenfalls wird ein Diebstahl in der Regel noch nicht als beendet angesehen werden können, solange der Täter seine Absicht, sich alsbald mit der Beute zu entfernen, noch nicht verwirklicht hat, sondern sich noch auf dem Anwesen des Bestohlenen, also in seinem unmittelbaren räum­lichen Herrschaftsbereich befindet. In einem solchen Fall muss der Dieb in besonderem Maße damit rechnen, dass ihm die Beute von dem Bestohlenen im Wege der Nacheile wieder streitig gemacht wird.
Solange er einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, die Beute wieder zu verlieren, kann von einer ausreichenden Sicherung des eben erst begründeten Gewahrsams keine Rede sein. Er ist vielmehr, will er sich im Besitz des gestohlenen Gutes erhalten, darauf angewiesen, dem Rückerlangungsbegehren des Bestohlenen mit Nötigungsmitteln entgegenzutreten.

b) Gewalt gegen eine Person oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben
Hier gelten keine Besonderheiten gegenüber § 240 StGB

c) Auf frischer Tat betroffen
Nötig ist ferner, dass der Täter „auf frischer Tat betroffen“ wurde. Der Sinn der Strafbestimmung gegen den räuberischen Diebstahl liegt darin, dass die Gewaltanwendung oder Bedrohung in ursächlichem Zusammenhang mit der Vollendung oder Ausnutzung des Diebstahls steht (Motive zu § 227 StGB S. 168). Danach soll der Dieb, der nach Vollendung des Diebstahls und in unmittelbarem Zusammenhang mit ihm gegen eine Person Gewalt anwendet, um seinen unrechtmäßigen Gewahrsam zu sichern, wie ein Räuber bestraft werden, weil es naheliegt, dass er dieselbe Gewalt angewendet hätte, wenn er vor der Vollendung des Diebstahls betroffen worden wäre. Das Merkmal des „Betreffens auf frischer Tat“ soll nur zeitlich und örtlich eingrenzen, um die Fälle auszuscheiden, in denen vollgesicherter Gewahrsam vorliegt (BGH NJW 75, 1177). Ein „Überraschen“ oder „Entdecken“ ist danach nicht nötig. § 252 StGB ist also auch dann erfüllt, wenn der Gewahrsamsinhaber der Tat von Anfang an beigewohnt hat, ja selbst dann, wenn die Sache dem Gewahrsamsinhaber aus seinen Händen weggenommen wurde (BGH NJW 58, 1547; RGSt 73, 343).

1. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz hinsichtlich des objektiven Tatbestandes
b) Absicht, den Besitz des gestohlenen Guts zu erhalten
Der Täter muss aus der Absicht heraus gehandelt haben, sich den Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten.

2. Rechtswidrigkeit / Schuld
Hier gelten keine Besonderheiten.

II. Räuberischer Diebstahl bei Polizeiflucht (vgl. BGH in NJW 2015, 3178)

Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) Dezember 2015