Prüfungswissen: Der maßgebliche Zeitpunkt für die Pflichtverteidigerbestellung

Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: Die Pflichtverteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren (BGH; Beschluss vom 20.10.2014 – 5 StR 176/14 Die Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.

Prüfungswissen: Der maßgebliche Zeitpunkt für die Pflichtverteidigerbestellung

I. Nach § 140 I Nr. 4 StPO ist die Verteidigung bereits dann eine notwendige, wenn gegen einen Beschuldigten Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung vollstreckt wird.

Die Neuregelung des § 140 I Nr. 4 StPO hatte neben der lange erhobenen Forderung durch die Verteidigung vor allem den Hintergrund, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass die zeitnahe Bestellung eines Pflichtverteidigers (anstelle derjenigen nach drei Monaten) bei vollstreckter U-Haft zu einer Verkürzung der Haftzeiten führen werde (vgl. BT-Dr 16/13097).

II. In der Lit. umstritten blieb aber trotz der Formulierung in § 141 III 4 („unverzüglich nach Beginn der Vollstreckung“) der exakte Zeitpunkt der Bestellung: Während nach einer Ansicht sogar eine Frist bis zu einer Woche nach der Vorführung vor dem Ermittlungsrichter ausreichen soll (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 141 Rn. 3 m.w.N.), wird von anderen häufig auf einen früheren Zeitpunkt abgestellt.

Weitgehende Einigkeit herrscht insbesondere in Veröffentlichungen durch Verteidiger darüber, dass eine Anwesenheit des Pflichtverteidigers bereits bei der Eröffnung des Haftbefehls aufgrund der besonderen Situation des zu inhaftierenden Beschuldigten wünschenswert ist (Knauer/Kudlich/Schneider, MüKo-StPO, § 140 Rn 17; vgl. a. die Studie von Jahn abrufbar unter www.jura.uni-frankfurt.de/46108219/RuPS). Aus der Zusammenschau der §§ 115 IV, 115a II 4 StPO wird darüber hinaus gefolgert, dass die Vollstreckung des Haftbefehls bereits mit der Festnahme beginne, so dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein Pflichtverteidiger beizuordnen sei (v. Stetten in: Volk (Hrsg.) MAH Strafverteidigung, § 16 Rn 12 m.w.N.).

Dieser Ansicht hat BGH aaO. nun jedoch eine Absage erteilt.

Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA)  Januar 2015