Prüfungswissen: Die Feststellungsklage, § 256 ZPO

Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: Feststellungsklage gegen Schadensversicherer bei Unklarheiten über die Schadenshöhe (OLG Karlsruhe in BeckRS 2014, 13897, Urteil vom 05.06.2014 – 9 U 99/13). Die Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.

I. Allgemeines
Nach § 256 ZPO kann Klage auf
– Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
– auf Anerkennung einer Urkunde oder
– auf Feststellung ihrer Unechtheit
erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird.


Die Feststellungsklage führt daher weder zu einem Leistungsbefehl (Leistungsklage) oder eine Gestaltung der Rechtslage (Gestaltungsklage), sondern zu einer verbindlichen Feststellung der bestehenden Rechtssituation.

II. Zulässigkeit der Feststellungsklage
1. Prozess- und allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen
Bei der Prüfung der Prozess- und der allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen ist hinsichtlich des nach § 253 II Nr. 2 ZPO erforderlichen bestimmten Klageantrags das Rechtsverhältnis, über das ein Ausspruch erfolgen soll so genau zu bezeichnen, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit herrschen kann, da die Klage ansonsten unzulässig ist.

2. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
a) feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses
Ein der Feststellungsklage zugängliches Rechtsverhältnis liegt vor, wenn es um die Rechte und Pflichten von Personen zueinander oder zu Sachen geht, wobei es nicht immer um das gesamte Rechtsverhältnis gehen muss, sondern auch einzelne Rechte und Pflichten feststellungsfähig sind. Es muss allerdings immer um ein konkretes Rechtsverhältnis gehen. Abstrakte Rechtsfragen können mit der Feststellungsklage nicht geklärt werden (vgl. RGZ 148, 81, 100; BGH WM 2001, 378, 380; BAG NJW 1985, 220.)
Grundsätzlich muss es um ein aktuell bestehendes oder nicht bestehendes Rechtsverhältnis gehen. Aber auch schon erloschene Rechtsverhältnisse sind feststellungsfähig, wenn sie noch Grundlage aktueller Ansprüche sein können (vgl. BGH NJW 1958, 1293; BGH WM 1981, 1050; BAG NJW 1994, 1751). Künftige Rechtsverhältnisse hingegen sind nicht feststellungsfähig.

b) Feststellungsinteresse
aa) Beim Feststellungsinteresse handelt es sich um eine besondere Ausprägung der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses. Es muss bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen. Fehlt es, so kann die Feststellungsklage durch Prozessurteil als unzulässig zurückgewiesen werden. Ist die Feststellungsklage jedoch zudem auch unbegründet, so kann das Gericht statt ein Prozessurteil zu erlassen, die Klage auch durch Sachurteil als unbegründet zurückweisen und damit eine weitere Klagemöglichkeit nehmen (vgl. BGH NJW 1987, 2808, 2809; BGH NJW-RR 2001, 957).
Hinweis: Von dieser Möglichkeit sollte bei Aufgabenstellungen zur Prüfungszwecken möglichst kein Gebrauch gemacht werden, da die Prüfung des Feststellungsinteresses häufig unbedingt gewünscht ist.
Ein Feststellungsinteresse besteht nur, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Unsicherheit droht der Rechtsposition insbesondere, wenn der Beklagte sie verletzt oder ernstlich bestreitet (BGH NJW 1977, 1881; BGH, NJW 1984, 1118; BGH NJW 1986, 2507). Ein Feststellungsinteresse besteht aber auch, wenn sich der Beklagte eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt (vgl. BGH NJW 1984, 1754; BGH NJW 1995, 2032, 2033). Allerdings muss aus der Unsicherheit eine gegenwärtige Gefahr resultieren.
bb) Subsidiarität
Die Feststellungsklage ist nicht grundsätzlich subsidiär. Ein Feststellungsinteresse besteht aber nach h.M. dann nicht, wenn um ein Rechtsverhältnis gestritten wird und der Kläger auch sofort Leistungsklage erheben und damit einen vollstreckbaren Titel erlangen könnte, da er dann kein schutzwürdiges Interesse daran hat, die Gerichte mehrfach mit seiner Angelegenheit zu befassen (vgl. BGH NJW 1997, 870; BGH NJW 2003, 3274, 3275). Dies ist insbesondere relevant bei einer Feststellungsklage auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses aus dem schon aktuell Ansprüche her-geleitet werden können und sollen.
Trotz Möglichkeit einer Leistungsklage kann jedoch in bestimmten Fällen gleichwohl ausnahmsweise ein Feststellungsinteresse für eine Leistungsklage bestehen. Dies ist der Fall, wenn zu erwarten ist, dass das Feststellungsurteil respektiert wird, Schwierigkeiten mit Substantiierung des Schadens oder Bezifferung der Schadenshöhe bestehen oder auf künftige Leistung geklagt.

Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) August 2014.