Prüfungsfach: Zivilrecht
Gedächtnisprotokoll:
Urteilsklausur ohne Tatbestand, Rubrum, Rechtsbehelfsbelehrung sowie Streitwertbeschluss Klage des Nachbarn gegen den Vater eines 4-Jährigen-Kindes, das unbeaufsichtigt mit einem Kettcar auf der Zufahrtsstraße vor dem Grundstück des Klägers gespielt hat. Das Kind fuhr wiederholt die abschüssige Straße mit hoher Geschwindigkeit hinab und verlor dann die Kontrolle über das Gefährt, sodass er in den Maschendrahtzaun des Klägers fuhr. Dieser macht 2.499, – € geltend – Kosten der Wiederherstellung des Zauns durch Austausch der betroffenen Elemente (brutto, netto wären 2.100 € gewesen). Beantragt wurde auch die Vernehmung des Kinderarztes des Sohnes des Beklagten sowie der Exfrau des Beklagten. Eine Reparatur war noch nicht erfolgt. Wiederherstellung des Zauns sei nur durch den Austausch der beschädigten Zaunpfosten und des Maschendrahts möglich. Durch Austausch der 5 von 50m Zaun sei nur Wertsteigerung bezüglich dieser 5m, nicht bezüglich ganzen Grundstücks, gegeben. Wenn restlicher Zaun in Zukunft seine Nutzungsdauer überschritten habe, müsse ohnehin der gesamte Zaun ausgetauscht werden. Schriftliches Vorverfahren wurden angeordnet und mangels Verteidigungsanzeige erging Versäumnisurteil gegen den Beklagten, obwohl kein entsprechender Antrag des Klägers gestellt wurde. Beklagtenanwalt verlangt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte gleichzeitig Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein. Zur Wiedereinsetzung: Beklagter befand sich während der Einspruchsfrist im Urlaub, beauftragter Nachbar musste unverhofft ins Krankenhaus und konnte keine Post entgegennehmen. Er beantragte VU-Aufhebung, Klageabweisung und erklärte hilfsweise die Aufrechnung mit einer Forderung iHv 1.500 € gegen den Kläger wegen der Zerstörung der Brille des Beklagten durch den Kläger. Der Beklagte lag auf einem Gartenstuhl vor der vom Kläger angemieteten Garage, um sich zu sonnen, der Kläger betätigte das ferngesteuerte Schwing-Tor, ohne sich zu vergewissern, dass sich niemand vor dem Garagentor befand, denn er konnte den Bereich vor dem Tor nicht einsehen, als er den Knopf betätigte. Das Tor stieß gegen den Gartenstuhl, dabei fiel die Brille zu Boden und zerbrach irreparabel. Beklagter bestreitet „Täterschaft“ seines Sohnes und widerspricht Vernehmung des Kinderarztes. Zaun sei im unbeschädigten Zustand nur noch 2.000 € wert gewesen – Reparaturkosten, die Kläger fordert, wären im Vergleich dazu unangemessen. Zur Aufrechnung gibt er an, seine alte Brille wurde 2022 für 1.200 € brutto angeschafft. Die neu erworbene Brille derselben Marke kostete nun 1.500 € brutto – es handelte sich um das Nachfolgemodell, weil das alte nicht mehr hergestellt werde. Er habe sich die neue Brille auch gleich in einer neuen Stärke anfertigen lassen. Ein Gebrauchtmodell hätte er ohnehin nicht kaufen können. Kläger verweist auf durchschnittliche Nutzungsdauer einer Gleitsichtbrille von 4 Jahren, die zerstörte sei bereits 3 Jahre alt gewesen. Beklagter macht geltend Vernehmung der Exfrau des Beklagten sei unzulässig, denn sie sei offensichtlich nicht neutral. Angaben zu den 4 Jahren der durchschnittlichen Gebrauchsdauer der Brille und den Angaben zu dem Zaun (5 von 50 m und ganzer Zaun müsse ausgetauscht werden, wenn der Rest kaputt sei) wurde nicht bestritten. In der mündlichen Verhandlung ist der Kinderarzt bereit auszusagen und damit vermeintliches Alibi zur Täterschaft des Sohnes des Beklagten zu widerlegen, der Beklagte erklärt, dass er ihn nicht von der Schweigepflicht entbinde. Das Gericht erteilt einen richterlichen Hinweis, dass eine Vernehmung des Zeugen zur Sache nicht erfolge. (Lösung: § 383 I Nr. 6 ZPO – Zeugnisverweigerungsrecht des Arztes, aber § 383 III ZPO). Exfrau sagt aus und erzählt, dass der Beklagte und der Sohn ihr gegenüber dem Unfall gestanden habe. Zu prüfen waren der Wiedereinsetzungsantrag, die Zulässigkeit des Einspruchs, die Zulässigkeit der Klage, die Begründetheit der Klage – hier kam es materiellrechtlich auf Deliktsrecht und § 832 BGB an, der Nachweis konnte durch die Zeugin erbracht werden. Beim Umfang musste man aber mangels erfolgter Reparatur nur den netto-Wert ansetzen; eine Anrechnung neu für alt diskutieren. Dann musste man die Hilfsaufrechnung prüfen, auch hier kam es auf Deliktsrecht an. Auf der Seite des Umfangs musste man die Einwände (3 von 4 Gebrauchsjahren bereits vergangen; neue Sehstärke; neues Modell) eingehen sowie ein Mitverschulden des Beklagten anrechnen.
Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Juni 2025 im zweiten Staatsexamen in Bayern. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.