Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 2. Staatsexamen – Hamburg vom Dezember 2024

Prüfungsfach:  Öffentliches Recht

Gedächtnisprotokoll:

Anwaltsklausur Schriftsatz ans Gericht oder Mandantenschreiben mit Sachbericht, Bezugnahme auf Gutachten nur „konkret“ Vorverfahren nach §§ 68 ff. VwGO ist nicht durchzuführen. Der Mandant ist Bürgermeister einer mittelgroßen Stadt (70.000 Einwohner). Er hat große Befürchtungen/Ängste und begehrt die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis für Erwerb, Besitz und Führen einer Schusswaffe und Munition. Er ist bereits umgezogen und hält seine neue Adresse geheim. Seiner Meinung nach ist er bereits als Bürgermeister eine „gefährdete Person“ und führt hierzu Zeitungsartikel an und nennt den Mord an Walther Lübcke und Angriffe auf Politiker im Europawahlkampf. Allein das solle ja wohl ausreichen! Zudem gibt es aber noch konkrete Bedrohungen von zwei Personen: 1. Herr Gallo Als Bürgermeister fungierte der Mandant als Vertretung des Standesbeamten. Die Trauung war direkt neben dem Grundstück des Gallo und dieser mähte Rasen. Auf Bitte hörte dieser zunächst auf, machte aber später weiter. Auf erneute Bitte bedrohte dieser den Mandanten ihm mit einem Vorschlagshammer auf den Kopf zu schlagen. Zeugen hätten nur Beleidigungen mitbekommen, nicht die Drohung. Gallo ist rechtsextrem und grüßte den Mandanten mit „Heil Hitler Herr Bürgermeister“. Gallo hat einen Ruf in der Stadt, dass er Gullideckel entfernt. Deswegen wurde auch gegen ihn ermittelt als ein Gullideckel von einer Autobahnbrücke geworfen wurde. Es wurde dringender Tatverdacht gegen ihn bejaht und er kam in U-Haft. Im Laufe des Verfahrens wurde der Verdacht schwächer und er wurde aus der U-Haft entlassen. Das Ermittlungsverfahren läuft noch. Kurz nach seiner Entlassung hat jemand Hundekot auf die Windschutzscheibe des Autos des Mandanten geschmiert. Auch für so etwas ist der Gallo bekannt. Beim Saubermachen wurde dem Mandanten stark übel und empfand starken Ekel. Hinreichender Tatverdacht konnte dem Gallo nicht nachgewiesen werden. Auf Nachfrage verneinte er, dass er es war. Er äußerte aber große Abneigung gegen den Bürgermeister und wäre froh, wenn dieser endlich „weg vom Fenster“ ist, wobei unklar ist, ob sich diese Äußerung lediglich auf das Ende der Amtszeit 2028 bezieht. Er wohnt mit seiner dementen Mutter zusammen. Diese hatte legal eine Schusswaffe, die wegen der Demenz und weil diese nicht ordentlich verschlossen, war sichergestellt wurde. Gegen Gallo erging ein Waffenverbot (erlaubnisfreie Waffen). Nach polizeilicher Einschätzung zur Gefährdungslage sei eine Bewaffnung unwahrscheinlich und weil Gallo nicht wegen KV-Delikten verurteilt wurde, ist nicht von einer konkreten Gefährdung für Leib/Leben des Mandanten auszugehen, aber mit Beleidigungen. Auch ist Gallo staatsablehnend. 2. Herr Fricke Die Mutter von Fricke ist verstorben. Weil Fricke zu der Zeit in einer Obdachlosen-Unterkunft war, konnte er nicht über die Beerdigung informiert werden und war bei dieser nicht dabei. Danach zog er in das Haus der Verstorbenen. Eines Tages bekam er eine Rechnung wegen der Beerdigung. Betrunken schrieb er auf diese Bedrohungen gegen den Bürgermeister und seine Mitarbeiter. Er habe diese nicht ernst gemeint. Er hasst den Bürgermeister etc. jedoch, weil er nicht bei der Beerdigung sein konnte. Nach der polizeilichen Gefährdungseinschätzung sind von Fricke nur verbale Angriffe zu erwarten. Der Mandant beantragte o.g. Erteilung. Diese wurde abgelehnt. Begründet wurde dieses damit, dass kein Bedürfnis und keine Erforderlichkeit vorliegen. § 55 II WaffG setzt auch die Voraussetzungen von § 4 I WaffG voraus. Die erhebliche Gefährdung ist im WaffG nicht definiert und es ist § 19 WaffG heranzuziehen. Bis auf das Bedürfnis liegen die anderen Voraussetzungen von § 4 I WaffG vor. Gestützt wird die Entscheidung zur fehlenden erheblichen Gefährdung auf die Gefährdungseinschätzung der Polizei. Der Mandant erhebt hiergegen Klage und beantragt, den Ablehnungsbescheid aufzuheben, „damit er danach endlich die Erteilung bekommen könne“. Er hat in der Klageschrift keine private Adresse angegeben, sondern nur die Dienstliche. Er erhält ein Schreiben vom Gericht, dass er eine ladungsfähige Anschrift bis zum 22.12.2024 mitteilen soll. Der Mandant möchte seine aktuelle Adresse nicht mitteilen und meint, sein Anwalt könne nun für die Zustellung zuständig sein. Der Mandant begehrt die Prüfung der Klage und einen Vorschlag, wie weiter vorzugehen ist.

Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Dezember 2024 im zweiten Staatsexamen in Hamburg. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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