Die Fortsetzungsfeststellungsklage kommt im Zusammenhang mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Betracht, wenn der angefochtene oder begehrte Verwaltungsakt sich erledigt hat und daher nach § 43 II VwVfG keine Wirkungen mehr entfaltet, so dass weder die nachträglich Aufhebung noch der nachträglich Erlass des Verwaltungsaktes wegen des Wegfalls des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommen. Das Klagebegehren richtet dann im Wege einer Klageänderung, die nach § 91 I VwGO als stets sachdienlich möglich ist, auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes oder seiner Ablehnung.
I. Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage
Klagegegenstand muss ein Verwaltungsakt sein. Nach dessen Erledigung sind folgende Konstellationen denkbar.
In § 113 I 4 VwGO ist der Fall geregelt, dass die Erledigung während einer schon anhängigen Anfechtungsklage eintritt.
Tritt in der Anfechtungssituation das erledigende Ereignis vor Klageerhebung ein, wird § 113 I 4 VwGO analog angewendet.
Begehrt der Kläger den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes und erledigt sich dieses Begehren während des Klageverfahrens, ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 I 4 VwGO möglich.
Erledigt sich das Begehren auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes vor der Erhebung der Klage, so wird § 113 I 4 VwGO im Wege der Doppelanalogie angewendet.
II. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen der ursprünglich einschlägigen Klageart
1. bei Erledigung nach Klageerhebung
Die erhobene Klage (Anfechtungs-/Verpflichtungsklage) muss bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig gewesen sein. Es müssen also die besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen dieser Klagen vorgelegen haben.
2. bei Erledigung vor Klageerhebung
Ein Vorverfahren ist entbehrlich, soweit die Erledigung vor Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten ist, da dann der Sinn und Zweck der Selbstkontrolle nicht mehr erreicht werden kann.
Eine solche Feststellungsbefugnis hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes kommt nur dem Gericht zu. Auf die Einhaltung der ursprünglichen Klagefrist kommt es nicht an. Die Prüfung der Klagebefugnis entfällt ebenfalls. Es ist allein das besondere Feststellungsinteresse zu prüfen.
III. Klagefrist
Eine m.M. geht davon aus, dass für die Fortsetzungsfeststellungsklage eine Klagefrist von 1 Jahr läuft und will dies daraus herleiten, dass bezüglich der Möglichkeit einer solchen Klage eine Rechtsbehelfsbelehrung stets fehlt und daher § 58 II VwGO eingreift. Die h.M. lehnt diesen Ansatz ab. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist bezüglich der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht denkbar. Darüber hinaus verlängert § 58 II VwGO lediglich eine sonst vorgesehene Frist. Eine solche läuft aber für die Fortsetzungsfeststellungsklage grundsätzlich nicht, so dass auch die Verlängerungsvorschrift des § 58 II VwGO keine Relevanz haben kann.
IV. Das besondere Feststellungsinteresse
1. Wiederholungsgefahr
Eine Wiederholungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn
- konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein
- gleichartiger VA in
- absehbarer Zeit wieder gegen den Kläger ergehen wird.
Hier besteht zur Verhinderung einer Wiederholung ein schützenswertes Interesse an der Feststellung, dass der erledigte VA rechtswidrig war.
2. Rehabilitationsinteresse
Entfaltet der erledigte VA unabhängig von seinen Rechtswirkungen objektiv diskriminierende Wirkungen, so hat der Kläger ein schützenswertes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des VA zur Wiederherstellung seiner Reputation. Insofern reicht jedoch das ideelle Interesse an der bloßen Feststellung, dass die Behörde im Unrecht war, nicht aus. Auch ist es unzureichend, wenn der Kläger sich nur subjektiv diskriminiert fühlt, ohne dass von dem VA objektiv diskriminierende Wirkungen ausgehen. Es kommt also auf eine feststellbare Betroffenheit der Menschenwürde oder des Persönlichkeitsrechts an.
3. Vorbereitung einer Schadensersatzklage
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist grundsätzlich auch dann gegeben, wenn der Kläger wegen des rechtswidrigen Verwaltungshandelns einen Schadensersatzprozess vor dem ordentlichen Gericht anstrengen will, weil eine solche Entscheidung gegenüber dem ordentlichen Gericht, vor dem die Amtshaftungsklage zu erheben wäre, bindend wäre und der Verwaltungsgericht dem Kläger als das sachnähere Gericht erscheint.
Es reicht jedoch nicht aus, wenn der Kläger im Verwaltungsprozess lediglich behauptet, er wolle im Anschluss eine Amtshaftungsklage erheben. Vielmehr ist erforderlich, dass der Amtshaftungsprozess entweder schon anhängig oder aber mit Sicherheit zu erwarten ist. Darüber hinaus darf die Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs nicht von vornherein aussichtslos erscheinen.
Darüber hinaus sieht die neuere Rechtsprechung ein Rechtsschutzinteresse nur dann, wenn der Kläger ohne die Möglichkeit der FFS-Klage um die Früchte des Prozesses gebracht würde. Diese Fallgruppe scheidet daher letztlich immer schon dann aus, wenn überhaupt noch keine Klage vor dem VG erhoben wurde, also ein Fall der Erledigung vor Klageerhebung vorliegt. Aber selbst die Klageerhebung trägt noch nicht automatisch Früchte, es muss bereits etwas im Prozess erreicht worden sein.
4. Grundrechtseingriff
Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 IV GG gebietet es, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch einen angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann, so dass eine Rechtsschutzlücke entstehen würde (vgl. BVerfGE 81, 138 [140f.]; BVerfGE 96, 27 [40]; BVerfG NJW 2002, 2456; st. Rspr.). Dies gilt selbst dann, wenn eine summarische Überprüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfolgt ist, da Art. 19 IV GG einen Anspruch auf Rechtsschutz in der Hauptsache gewährt (vgl. BVerfG NJW 2004, 2510 [25111]).
Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) August 2013