Prüfungswissen: Die Haftung nach § 7 I StVG

Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: Keine Gefährdungshaftung bei Fahrzeugbrand auf Abschleppwagen (vgl. OLG Karlsruhe, r + s 2014, 573) (Urteil vom 28.08.2014 – 13 U 15/14). Die Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.

I. Der Anspruchsgegner muss Halter eines Kfz sein (§§ 1 II, 8 StVG)
Halter ist derjenige, der für eigene Rechnung das Fahrzeug gebraucht und die grundsätzliche Verfügungsgewalt besitzt.II. Verletzung der in § 7 StVG genannten Rechtsgüter des Anspruchsbe-rechtigten
1.
Leben
2.
Körper bzw. Gesundheit23
3.
Sache

III. Schaden muss beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden sein
1. Der Betrieb beginnt mit dem Ingangsetzen des Motors und endet erst mit dem Motorstillstand, wenn sich das Fahrzeug endgültig in Ruhelage befindet. Das Fahrzeug muss dabei an einem Ort außerhalb des öffentlichen Verkehrs abgestellt worden sein.
2. Der Schaden ist beim Betrieb entstanden, wenn der Unfall in einem unmittelbaren, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Betriebsvorgängen oder mit bestimmten Betriebseinrichtungen des Kfz steht.

IV. Kein Ausschluss der Haftung
1.
§ 7 II StVG: höhere Gewalt
2.
§ 7 III 1 StVG: jemand benutzt das Kfz ohne Wissen und Wollen des Halters
3.
§§ 8, 8a I, 15 StVG: weitere Haftungsausschlüsse
4.
§ 17 III StVG: unabwendbares Ereignis bei mehreren Kraftfahrzeugen
Ein unabwendbares Ereignis ist ein Ereignis, das auch durch äußerste Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Es muss ein sachgemäßes geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus vorliegen, wobei nach der Rechtsprechung der Maßstab eines Idealfahrers anzulegen ist.
Hierfür trägt der Halter die Beweislast, da es sich um die Ausnahme von der grundsätzlich angeordneten Haftung handelt.

V. Mitverursachung
Sind an dem Unfall mehrere Kraftfahrzeuge beteiligt, so richtet sich die Haftungsquote gem. § 17 I, II StVG nach der Gewichtung der Verursachungsbeiträge. In diesem Zusammenhang ist auch die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen.
Speziell beim Kfz ist unter der allgemeinen Betriebsgefahr die Gesamtheit aller Umstände zu verstehen, die durch die Eigenart eines Fahrzeugs für die übrigen Verkehrsteilnehmer die Gefahr einer Schadensverursachung darstellen, wie z.B. Fahrzeuggröße, Fahrzeugart, Gewicht, Fahrzeugbeschaffenheit.
Wenn eine Betriebsgefahr anspruchsmindernd berücksichtigt wird, dann beruht dies nicht auf dem Vorwurf gegenüber dem Geschädigten, er habe eine Obliegenheit nicht beachtet. Vielmehr rechtfertigt sich die Kürzung seines Schadensersatzanspruchs vor allem dadurch, dass kein Anlass besteht, die Betriebsgefahr nur bei einer Fremdschädigung, nicht dagegen auch bei einer Selbstschädigung zu berücksichtigen. Sofern die Gefahr im Fall einer Fremdschädigung zu einem Schadensersatzanspruch gegen den Beherrscher der Gefahrenquelle geführt hätte, muss er sich diese Gefahr auch bei einem selbst erlittenen Schaden zurechnen lassen.
Hinzu tritt die sog. besondere Betriebsgefahr, d.h. die Gesamtheit der Umstände, die in der konkreten Verkehrssituation die Gefahr einer Schadensverursachung erhöhen, ohne dass bereits Verschuldensmomente vorliegen; so ist z.B. ein Linksabbiegen oder ein Überholvorgang für die übrigen Verkehrsteilnehmer gefährlicher als bloßes Geradeausfahren. Zu berücksichtigen sind allerdings nur die ursächlich gewordenen Gefahrenmomente (BGH NJW 1995, 1029). (vgl. Unberath in Bamberger/Roth, § 254 BGB, Rn. 54).
Die Betriebsgefahr kann jedoch vollständig zurücktreten, wenn das Verschulden des Schädigers bzw. Geschädigten an dem Schadensereignis deutlich überwiegt (vgl. OLG Celle MDR 2001, 1236, 1237; OLG Hamm VersR 1999, 1433; VersR 2000, 375, 377 f.; 2001, 1169, 1170; r+s 2001, 412).

Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA)  Dezember 2014