Prüfungswissen: Einspruch gegen den Versäumnisurteil

Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: Lauf der Einspruchsfrist bei unzulässiger Inlandszustellung (BGH in NJW 2011, 2218) (BGH; Beschluss vom 05.2011 – VIII ZR 114/10). Die Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.

Ergeht ein Versäumnisurteil, so hat derjenige, gegen den es ergeht, gem. § 338 ZPO die Möglichkeit hiergegen binnen 2 Wochen (§ 339 ZPO) Einspruch beim erlassenden Gericht einzulegen. Die Berufung steht ihm nach § 514 I ZPO hingegen nicht zur Verfügung. Das Verfahren wird bei einem zulässigen Einspruch dann gem. § 342 ZPO in dem Stand, in welchem es sich zur Zeit des Urteilserlasses befand, fortgesetzt. Die Säumnis muss nicht entschuldigt werden. Die Einspruchsschrift ist dem Gegner nach § 340a ZPO mit der Angabe, wann das Versäumnisurteil zugestellt wurde und wann die Einspruchsschrift bei Gericht eingegangen ist, zuzustellen.

I. Zulässigkeit des Einspruchs
1. Statthaftigkeit
Der Einspruch ist nur statthaft gegen ein erstes Versäumnisurteil. Bei einem zweiten Versäumnisurteil ist die Möglichkeit des Einspruchs nach § 345 ZPO nicht mehr gegeben.
2. Form, § 340 ZPO
Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. Sie muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt wird, enthalten.
In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Dies gilt auch für Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen.
3. Frist, § 339 ZPO
Der Einspruch ist binnen 2 Wochen nach Zustellung des Versäumnisurteils einzu-legen. Hierbei handelt es sich um eine nicht verlängerbare Notfrist (§ 224 ZPO).
4. Entscheidung bei Unzulässigkeit
Das Gericht hat die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Einspruchs von Amts wegen zu prüfen. Liegen diese nicht vor, so wird der Einspruch nach § 341 I 2 ZPO als unzulässig verworfen. Diese Entscheidung erfolgt nach § 341 II ZPO durch Urteil. Dies gilt auch, wenn die den Einspruch einlegende Partei im Ein-spruchstermin säumig ist, da die Entscheidung hier nicht auf der Säumnis, sondern auf der Unzulässigkeit des Einspruchs beruht. Das Urteil ist dann ein sog. unechtes Versäumnisurteil.

II. Begründetheit des Einspruchs
Mit der zulässigen Einlegung von Einspruch wird das Verfahren nach § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand. Es wird also ohne Berücksichtigung des zwischenzeitlich ergangenen Versäumnisurteils streitig weiter-verhandelt und durch Urteil entschieden, wobei sowohl Zulässigkeit als auch Begründetheit der Klage geprüft werden.
Der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil ist begründet, wenn sich nach streitiger mündlicher Verhandlung ergibt, dass – bei einem Versäumnisurteil gegen den Beklagten – der Klage nicht stattzugeben ist oder – bei einem Versäumnisurteil gegen den Kläger – der geltend gemachte Anspruch besteht. In diesem Fall wird das Urteil nach § 343 S. 2 ZPO aufgehoben. Ansonsten wird es nach § 343 S. 1 ZPO aufrechterhalten.
Das Versäumnisurteil selbst bleibt bis zu dieser Entscheidung wirksam, es wird nur nicht formell rechtskräftig. Auch bei zulässigem Einspruch ist daher die vorläufige Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil noch möglich, solange noch keine instanzabschließende Entscheidung über den Einspruch vorliegt.

Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) September 2011