Prüfungswissen: Die Zulässigkeit der Berufung

Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: Anforderungen an Berufungs-begründung bei Klageabweisung wegen Anspruchsverjährung (BGH; Urteil vom 10.03.2015 – VI ZR 215/14) Die Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.

Examenswissen I: Die Zulässigkeit der Berufung

I. Zuständigkeit des Gerichts
Für die Berufung gegen Urteile der Amtsgerichte sind nach § 73 I GVG grundsätzlich die Landgerichte zuständig (Ausnahme: OLG, § 119 I GVG) Zudem sind die Oberlandes-gerichte nach § 119 II GVG zuständig für die Entscheidung über Berufungen gegen Urteile der Landgerichte.

II. Statthaftigkeit, § 511 ZPO
Die Berufung ist nach § 511 I ZPO statthaft gegen erstinstanzliche Endurteile, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € übersteigt (Streitwertberufung, § 511 II Nr. 1 ZPO) oder die Berufung vom erstinstanzlichen Gericht zugelassen wurde (Zulassungsberufung, § 511 II Nr. 2 ZPO). Die Zulassung erfolgt nach § 511 IV ZPO, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungs-gerichts erfordert.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Bei Nichtzulassung ist nicht nachholbar. Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht vorgesehen. Allerdings u.U. Ergänzung des Urteils nach § 321 ZPO möglich.

III. Beschwer
Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Berufungskläger durch die erstinstanzliche Entscheidung beschwert ist. Der Kläger ist beschwert, wenn die angefochtene Entscheidung von der von ihm beantragten abweicht (formelle Beschwer). Der Beklagte ist dagegen durch jede Entscheidung beschwert, die für ihn materiell nachteilig ist (materielle  Beschwer).

IV. Form der Berufungseinlegung
Die Berufungsschrift muss den Anforderungen des § 519 ZPO genügen und beim Berufungsgericht eingelegt worden sein. Sie muss nach § 130 Nr. 6 ZPO unterzeichnet sein.

V. Einhaltung der Berufungsfrist
Die Berufung muss nach § 517 ZPO innerhalb einer Notfrist von einem Monat ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten, angegriffenen Urteils eingelegt werden. Sie endet aber auf jeden Fall 5 Monate nach der Verkündung des Urteils.
Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321 ZPO), so beginnt nach § 518 ZPO mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem.

VI. Ordnungsgemäße Berufungsbegründung, § 520 ZPO
Die Berufungsbegründung muss den Anforderungen des § 520 ZPO genügen. Sie muss insbesondere die Berufungsanträge enthalten, die Rechtsverletzung und ihre Erheblichkeit bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen aufzeigen und Hierzu ist insbesondere folgendes erforderlich:

  1. Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge) (§ 520 III Nr. 1 ZPO).
  2. Die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt (§ 520 III Nr. 2 ZPO).
  3. Die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit
    oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 520 III Nr. 3 ZPO).
  4. Die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sind (§ 520 III Nr. 4 ZPO).

(Beachte: Daher keine volle zweite Tatsacheninstanz mehr, sondern nur noch eingeschränkte Einführung neuer Angriffs und Verteidigungsmittel).
Sie muss nach § 130 Nr. 6 ZPO unterzeichnet sein.

VII. Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist, § 520 II ZPO
Die Berufungsbegründung muss dem Berufungsgericht innerhalb von 2 Monaten ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber fünf Monaten nach der Verkündung vorliegen. Sie kann nach § 520 II 3 ZPO für bis zu einem Monat durch den Vorsitzenden verlängert werden, wenn hierdurch keine Verzögerung entsteht, anderenfalls nach § 520 II 2 ZPO nur mit Zustimmung des Gegner.

Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) Juni 2015