Prüfungsfach: Öffentliches Recht
Gedächtnisprotokoll:
Die österreichische Rapperin G lebt und arbeitet in Wien, wo sie im öffentlichen, auch online verfügbaren Telefonbuch eingetragen ist. G steht bei dem Label U unter Vertrag, das seinen Sitz ebenfalls in Wien hat. Die Schallplatten und CDs mit der Musik von G vertreibt U weltweit, Deutschland ist einer der größten Absatzmärkte. Stark ist besonders der Versandhandel dorthin. Die Musik wird von G auf anfassbaren Tonträgern angeboten. Sie ist die alleinige Urheberin. Inhaberin der weltweiten Nutzungsrechte ist U, während G pro verkaufte CD am Gewinn beteiligt wird. Mitte September 2024 geht bei U ein Anhörungsschreiben der deutschen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (PjM) ein. Das deutsche BMFSFJ gehe davon aus, dass das aktuelle Album namens „Schock“ der G jugendgefährdend im Sinne von § 18 Abs. 1 des deutschen Jugendschutzgesetzes (JuSchG) sei. Das Ministerium habe daher die „Indizierung“ beantragt, mit den Rechtsfolgen des § 15 Abs. 1 JuSchG. Die U bekommt nach § 21 Abs. 7 JuSchG Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen. Sämtliche Texte des Albums „Schock“ feiern in verschiedenen Varianten in schwer beleidigender Sprache eine regelungebundene, Probleme jedweder Art mit Gewalt lösende Lebensführung und sprechen namentlich Polizistinnen und Polizisten das Lebensrecht ab. Anfang Oktober 2024 tritt die PjM in der Besetzung nach § 19 Abs. 5 JuSchG mit zwölf Mitgliedern zusammen, um über die Aufnahme des Albums in die Liste jugendgefährdender Medien zu entscheiden. Die U hat auf die Anhörung nicht reagiert. Dabei nimmt V an der Sitzung des Gremiums teil. Er ist der geschiedene Ehemann der G. G und V haben seit der Trennung ein schwer zerrüttetes Verhältnis. Die PjM beschließt — nach einem Hinweis des V auf sein Verhältnis zu G an den Ausschussvorsitzenden — einstimmig unter Mitwirkung von V (zwölf zu null), dass V bei der Sachentscheidung mitstimmen kann. Anschließend trifft die PjM unter Mitwirkung des V einstimmig (zwölf zu null) die Entscheidung, das Album „Schock“ in die Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen und teilt dies der U in einem mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid mit. G ist außer sich, als sie durch U von der „Indizierung“ erfährt. Es könne nicht sein, dass da so ein deutsches Gremium eine solche Entscheidung treffe, die ihr faktisch den deutschen Markt kaputt mache . Im europäischen Binnenmarkt dürfe sowas doch nicht so einfach gehen. Und ohnehin sei doch klar, dass sie das alles nicht ernst meine, was sie da singe. Ein richtiges Unding sei es schließlich, dass V mitgewirkt habe. Prüfen Sie, ob eine Klage der G gegen die Entscheidung der PjM vor einem Verwaltungsgericht Aussicht auf Erfolg hat. Bearbeitunqshinweise: 1. Entscheidungszeitpunkt ist der 28. Oktober 2024. 2. Art. 5 GG, Art. 12 GG, Normen des StGB sowie Fragen der Beiladung sind nicht zu prüfen. Die Verordnung zur Durchführung des Jugendschutzgesetzes (DVO-JuSchG) ist ebenfalls nicht zu prüfen; wenden Sie stattdessen, soweit das JuSchG selbst keine verfahrensrechtlichen Regelungen enthält, ggf. das einschlägige allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht an. Die behördlichen Zuständigkeiten sind gewahrt. 3. Falls und soweit Sie zu dem Ergebnis kommen, dass das Verwaltungsgericht dies zu prüfen hat, gehen Sie davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Aufnahme des Albums „Schock“ auf die Liste jugendgefährdender Medien nach § 18 Abs. 1 JuSchG Vorliegen und kein Hinderungs- oder Absehens Grund nach § 18 Abs. 3 bzw. Abs. 4 JuSchG eingreift. 4. Sitz der PjM ist Bonn. Für das Gebiet der kreisfreien Bundesstadt Bonn ist das Verwaltungsgericht Köln zuständig.
Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Oktober 2024 im ersten Staatsexamen in Berlin. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.