Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
8,4 |
Endnote |
8,76 |
Endnote 1. Examen |
8,6 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Die Prüferin prüft Fälle aus ihrem Alltag, sie ist also weder protokollfest, noch prüft sie aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung.
Paragraphen: §22 StGB, §32 StGB, $112 StPO, §239 StGB, §17 StGB
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar
Prüfungsgespräch:
Das Strafrecht wurde bei uns zum Schluss geprüft. Die Prüferin hat im Vorgespräch erwähnt, dass sie immer das Thema des Aktenvortrags zuerst prüfen lässt. Die Prüferin schilderte einen Fall: A rennt mit einem Küchenmesser auf B zu und schreit dabei „Ich steche dich ab“. B erleidet dabei bereits Verletzungen. Der Jäger C bekommt das mit und schießt auf B. Er trifft ihn im Brustbereich. B kommt dann ins Krankenhaus und liegt zunächst im Koma. Zunächst ging es um mögliche Strafbarkeiten von A und C. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass A sich eines versuchten vorsätzlichen Tötungsdeliktes strafbar gemacht hat, auf Mordmerkmale sind wird nicht eingegangen. Im Rahmen der Versuchsprüfung hat die Prüferin explizit gefragt, warum beim Versuch der Tatentschluss vor dem unmittelbaren Ansetzen zu prüfen ist. Bei C prüften wir ebenfalls ein versuchtes Tötungsdelikt, wobei die Prüferin das Stichwort der Hemmschwellentheorie hören wollte. Hier kamen wir zu dem Ergebnis, dass er durch ein Handeln wegen Nothilfe gerechtfertigt gewesen ist. Wir gingen auf die Frage ein, ob ein Androhen der Waffe oder ein Schuss in einen nicht lebensgefährlichen Bereich vor dem Schuss in die Brustgegend erforderlich war. Anschließend sollten wir uns in die Rolle des Staatsanwaltes begeben. Sie fragte, welche Maßnahmen man jetzt ergreifen konnte. Es wurde zunächst gesagt, dass das Messer und die Waffe sicherzustellen sein können. Darauf wollte sie jedoch nicht hinaus, sodass wir zur Prüfung der Untersuchungshaft kamen. Bezüglich C war nichts zu veranlassen, weil er ja gerechtfertigt war. Bei A lag kein Haftgrund vor, weil er ja im Koma lag. Die Prüferin führte den Fall dann fort und sagte, dass die Polizei zwei Beamte vor das Krankenzimmer des A abgestellt habe und A inzwischen aufgewacht war. Eine Verlegung in eine JVA sei nicht gewollt, weil dort keine Kapazitäten vorhanden gewesen seien. Ab hier kann ich mich nicht mehr an alles genau erinnern. Wir prüften auf jeden Fall, ob man das Vorgehen auf § 127 StPO stützen kann oder ob es sich um eine präventive Maßnahme handeln könnte, verneinten dies aber. Es ging dann zunächst darum, ob ein Anfangsverdacht der Polizeibeamten wegen Freiheitsberaubung, § 239 StGB vorliegt. Dies verneinten wir im Ergebnis, weil sie von der StA angewiesen wurden den A zu bewachen und daher einem Verbotsirrtum, § 17 StGB, Unterlagen. Es ging in dem Teil der Prüfung außerdem darum, ob für die Verwirklichung des § 239 StGB ein tatsächlicher Fortbewegungswille vorliegen muss oder ein potenzieller Wille reicht. Wir sprachen noch darüber, ob eine Strafbarkeit gem. § 239 StGB in Betracht käme, solange der A im Koma lag. Danach prüften wir, ob der anweisende StA sich einer Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft hinreichend verdächtig gemacht hat und bejahten dies im Ergebnis. Anschließend führte die Prüferin den Fall erneut weiter und sagte, dass der Staatsanwalt sich mit dem zuständigen Ermittlungsrichter verständigt hatte, dass dieser eine Entscheidung über die Untersuchungshaft erst ein paar Tage später treffen würde, da er vorher noch andere Termine wahrnehmen müsse. Hier war die Frage, ob eine Strafbarkeit des Richters wegen Freiheitsberaubung durch Unterlassen vorliegt und ob den Richter eine Pflicht zum Handeln trifft, welche wir im Ergebnis bejahten. Wir diskutierten noch kurz, ob dieses Ergebnis sachgerecht ist, weil A ja die ganze Zeit in seinem Krankenzimmer saß und nicht den wirklichen Willen hatte, herauszugehen, unabhängig davon, ob eine richterliche Entscheidung vorlag oder nicht. Dann war die Prüfung zu ende. Die Prüfung klingt wilder, als es wirklich war. Die Prüferin hat unterstützt, wenn man nicht weiterwusste und wir haben den Fall eher mit ihrer Hilfe erarbeitet. Es ging viel um Wertungsfragen und Argumentation und weniger um auswendig gelerntes Wissen.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW vom Juni 2025. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.