Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 2. Staatsexamen – Hessen Oktober 2015

Bei dem nachfolgenden Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Oktober 2015 im zweiten Staatsexamen in Hessen. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsfach:  Zivilrecht

Gedächnisprotokoll:

Die Entscheidung des Landgerichts war zu entwerfen.

Sachverhalt:

  1. Der Kläger hat bei dem Beklagten, einem gewerblichen Gebrauchtwagenhändler, über ebay einen Gebrauchtwagen (wenige Jahre alt, ca. 40-50 Tausend Kilometerstand) ersteigert. Nach einiger Zeit (also schon paar Tage nach der Abholung und Bezahlung) hatte der Wagen Startschwierigkeiten. Mal startete er, mal nicht. Der Kläger brachte dem Beklagten das Fahrzeug zur Reparatur. Der Beklagte hat an dem Auto irgendwo rumgeschraubt. Nachdem der Kläger das Fahrzeug wieder abgeholt hatte (und dafür einen unterschriebenen Zettel vom Beklagten mit dem Zusatz „Gewährleistung“ erhalten hatte), funktionierte der Startvorgang für ein paar Tage. Dann tauchten die gleichen Startschwierigkeiten auf. Die gleiche Prozedur nochmal: zur Reparatur zum Beklagten, dann wieder zurück mit dem Zettel „Gewährleistung“ und dann lief er wieder ein paar Tage. Doch dann tauchten erneut die Startschwierigkeiten in unregelmäßigen Abständen auf. Dem Kläger wurde es zu bunt. Er suchte wieder den Beklagten auf, und forderte nun den Kaufpreis zurück. Streitig ist hier, ob der Kläger dann doch noch einer weiteren Nacherfüllung durch den Beklagten zugestimmt hat. Jedenfalls nahm er das Fahrzeug wieder mit. Wenige Tage später ging der Kläger zum Rechtsanwalt und forderte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreis Zug um Zug gegen Herausgabe des Wagens nebst Entschädigung in Höhe von 250 € (für die inzwischen gefahrenen 5.000 km)[1] auf, worauf der Beklagte nicht reagierte.
  2. Nachdem der Kläger vom Beklagten den Wagen erworben hatte, wollte er vom Beklagten noch ein paar Reifen ersteigern und stellte sein Gebot 2 Tage vor Auktionsende ein. Das war zu dem Zeitpunkt das Höchstgebot. Einen Tag vor Auktionsende beendet der Beklagte die Auktion, nahm das Angebot aus eBay raus und teilte dem Höchstbietenden Kläger mit, dass er die Reifen nicht erhalten werde, da sein Gebot gestrichen wurde.

Die eBay Bedingungen waren abgedruckt:
Danach ist die Rücknahme von Angeboten bis 12 Stunden vor Angebotsende grundsätzlich ohne Einschränkung möglich. Der Anbieter hat dann zwei Möglichkeiten: 1. Gebot Streichen oder 2. Angebot an den Höchstbietenden. Für die Gebotsstreichung muss jedoch ein berechtigter Grund für die vorzeitige Beendigung vorliegen, bspw. Irrtum beim Einstellen, zwischenzeitige unverschuldete Beschädigung oder Verlust der Sache, oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar.

Prozessverlauf:

Klageschrift mit den Anträgen:

  1. (wie vom RA gefordert, s.o., Rückzahlung Zug um Zug gg. Herausgabe und Nutzungsentschädigung)
  2. Lieferung der Reifen

Für Ziff. 1 beruft sich der Kläger auf sein Rücktrittsrecht auf Grund des Mangels.

Für Ziff. 2 meint der Kläger, der Kaufvertrag sei geschlossen worden. Er war Höchstbietender.

In der Klageerwiderung:

  1. bestreitet der Beklagte die Mangelhaftigkeit, insbesondere sei der Wagen bei Übergabe ok gewesen. Beweisangebot: Sachverständigengutachten. Der Kläger ist doch immerhin 5.000 km damit gefahren. Abgesehen davon habe der Kläger einer weiteren Reparatur durch den Beklagten zugestimmt, die Reparaturen vorher seien lediglich aus Kulanz erfolgt. Als Beweis für die Behauptung, der Kläger habe einer weiteren Nacherfüllung zugestimmt, benennt der Beklagte seine Frau als Zeugin, welche bei dem Gespräch dabei war.
  2. meint der Beklagte, es sei kein Kaufvertrag zustande gekommen. Einen Tag vor Auktionsende kam ein Kunde in sein Verkaufsgeschäft, und interessierte sich für den Kauf eines Mercedes. Der Kunde wollte den Mercedes jedoch nur nehmen, wenn er diese Reifen, die da rumstanden (die aus der Auktion) mit erwerben könnte. Der Beklagte willigte ein. Daher seien die Reifen ohne sein Verschulden nicht mehr verfügbar gewesen, was ihn zum Rausnehmen der Auktion und der Streichung des Gebots berechtigen würde. Das müsse für ihn im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit schon möglich sein.

„Replik Kläger“: widerspricht insbesondere der Darstellung, er habe einer weiteren Nacherfüllung zugestimmt.
Daraufhin Beweisbeschluss: zur Frage des Vorliegens eines Mangels durch Anhörung eines Sachverständigen.

In der mündlichen Verhandlung:

Beklagter erklärt, er habe dem Kläger die Reifen vorbeigebracht und der Kläger hat die Reifen bezahlt. Die Parteien erklären diesbezüglich den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt, jedoch unter Verwahrung gegen die Kostenlast. Der Beklagte ist nach wie vor der Ansicht, er habe die Reifen nicht liefern müssen.
Der Sachverständige wird vernommen und berichtet von seiner vorgenommenen Prüfung des Wagens. Er hat ebenfalls diese Startschwierigkeiten festgestellt. Es lässt sich keine Regelmäßigkeit feststellen. Mal startet der Wagen, mal nicht, häufiger nicht. Er hat die Ursache gefunden. Ein Wackelkontakt an Kabeln. Das sei ein einfach zu findender Mangel, der bei diesen aufgetretenen Startschwierigkeiten als erstes hätte überprüft werden müssen. Damit lasse sich auch die Unregelmäßigkeit erklären. Dieses Problem habe jedenfalls ein paar Tage nach der Übergabe schon vorgelegen.
Kläger und Beklagter werden persönlich angehört. Beklagter sagt, der Kläger hat Nacherfüllung zugestimmt. Kläger bestreitet das. Die Frau des Beklagten war jedenfalls anfangs noch dabei.
Die Frau des Beklagten wird als Zeugin vernommen. Besonders über ZVR belehrt, sie will aussagen: Sie war anfangs bei dem Gespräch dabei. Danach nicht mehr, sie stand entfernt bei einem anderen Kunden. Hat dann nichts mehr gehört. Aber sie meint, der Kläger habe einer weiteren Nacherfüllung zugestimmt. Denn sie sollte schon mal ein Ersatzfahrzeug für den Kläger raussuchen und für den Tag bereithalten, wenn der Kläger das Fahrzeug zur Reparatur vorbeibringt, meinte der Beklagte zu ihr. Das sei so üblich, wenn ein Kunde ein Fahrzeug zur Reparatur vorbeibringt. Warum der Kunde jedoch nicht gleich das Fahrzeug zur Reparatur dort gelassen habe, wisse sie auch nicht mehr.

[1] Nach Bearbeitervermerk in der Höhe angemessen.

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