Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom April 2019

Bei den nachfolgenden Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom April 2019 im zweiten Staatsexamen in Rheinland-Pfalz . Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsfach:  Zivilrecht

Gedächnisprotokoll:

Kläger vermietet seit 2013 Geschäftsräume an die Beklagte (GmbH), für etwa 500,- € im Monat (krumme Summe).
Diese prägt kommerziell KfZ-Kennzeichen. Die Räume sind sehr gut gelegen, direkt neben der KfZ-Zulassungsstelle in Halle, weshalb die Kunden zur Beklagten hingehen, ohne ggf. Marktpreise von Kennzeichen zu prüfen, weil sie besonders schnell Kennzeichen haben wollen.
Der alte Mietvertrag enthielt ein Sonderkündigungsrecht der Beklagten für den Fall, dass die Zulassungsstelle den Standort wechseln sollte.
2014 verklagt ein Konkurrent den (hiesigen) Kläger aufgrund der BGH-Rspr zu Gewerberäumen in branchenspezifischen, marktbeherrschenden Stellungen. Dementsprechend muss der Mietvertrag aufgehoben und öffentlich ausgeschrieben werden und darf zudem nur bis maximal 5 Jahre laufen.
Die Beklagte gewinnt die Ausschreibung und schließt mit dem Kläger einen neuen Mietvertrag ab. Miete sind 1.950,- € + 170,- € Nebenkosten. Befristet bis 31.12.2020.
2017 rechnet der Kläger die Nebenkosten zum ersten Mal seit 2013 anders aus und verlangt von der Beklagten 100,- € mehr als in den Vorjahren. Grund ist, dass er dieses Mal die Grundsteuer nicht anteilig auf die Wohnfläche gerechnet hat, sondern mit einbezog, dass alle anderen Mietparteien Wohnungsmieter sind und darauf weniger Grundsteuer als auf Gewerbeflächen anfällt. Bisher hätten die anderen fünf Mietparteien etwa 20,- € monatlich mehr gezahlt, ab jetzt berechnet er eben für Wohnfläche einen geringeren Quadratmeterpreis. Die 100,- € extra hat die Beklagte nicht gezahlt.
Zum 31.10.2018 ändert die Zulassungsstelle den Standort, ab jetzt 7 km von den Räumen entfernt und damit nicht mehr lukrativ für die Beklagte. Die Beklagte hat am 15.06.2018(?) eine Kündigung zum 31.10. abgeschickt. Kurz danach hat der Rechtsanwalt der Beklagten noch nachgeschoben und sich darauf berufen, dass der Quadratmeterpreis der Miete gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete deutlich höher liegt (je nach Rechenart das 5 bis 10-zehnfache). Dieser Rechtsanwalt hat keine Prozessvollmacht beim Kläger vorgelegt.
Am 31.10. werden die Räume übergeben, der Kläger trägt jedoch vor, dass er die Kündigung nicht anerkennt und die Übergabe keine Bedeutung hätte. Er mahnt dann die Novembermiete und die Nebenkosten an.
Kläger reicht Klage zum LG ein und verlangt: 2.250,- € zzgl. Zinsen (Novembermiete + NK für 2017) + Feststellung, dass das Mietverhältnis unverändert fortbesteht. Als Prozessbevollmächtigten benennt er den Anwalt, der zur der Kündigung geschrieben hat.
Zustellung erfolgt, Verteidigungsanzeige bleibt aus, VU ergeht am 19.12.2018. Am 09.01.2019 legt eine Anwältin für die Beklagte Einspruch ein. Der vorherige Anwalt hätte keine Prozessvollmacht vorgelegt und sei seit Oktober nicht mehr Anwalt der Beklagten aufgrund eines Zerwürfnisses. Die Beklagte hätte daher die Klage und das VU erst am 06.01. erhalten.
Beklagte trägt vor:
Das Geschäft sei jetzt nicht mehr sinnvoll nutzbar. Sie stellt ausschließlich Kennzeichen her und keine sonstigen Schilder, kann also ihr Geschäft nicht umstellen. Der Mietvertrag sieht auch unter Vertragsstrafe vor, dass nur ein Prägegewerbe betrieben werden darf. Jedenfalls müsse bei erweiterter Vertragsauslegung darauf abgestellt werden, dass das Sonderkündigungsrecht wie im Vorvertrag auch im Folgevertrag zu sehen sei. Die Nebenkostenabrechnung dürfe der Kläger nicht einfach so abändern, ohne Zustimmung der Beklagten, selbst wenn dies für die Wohnparteien ein Vorteil sei, da er in den 4 Jahren vorher immer so abgerechnet hätte.