Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Oktober 2018

Bei den nachfolgenden Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Oktober 2018 im zweiten Staatsexamen in Rheinland-Pfalz. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsfach:  Öffentliches Recht

Gedächtnisprotokoll:
Die Klausur war aus anwaltlicher Sicht zu begutachten, Handlungsvorschläge, Ausarbeitung der Schriftsätze etc. Ihr lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Mandantin wollte sich gegen eine tierschutzrechtliche Anordnung bezüglich ihrer Hundehaltung wenden. Sie ist ist Geschäftsführerin einer Firma. Zur Bewachung des Betriebsgeländes der Firma hielt sie zwei Schäferhunde auf dem Gelände. Wegen Anwohnerbeschwerden wurde die Hundehaltung von einem Vertreter des Ordnungsamtes der Stadt kontrolliert. Sie trafen dabei einen Mitarbeiter der Mandantin an. Dieser rief während der Kontrolle telefonisch seinen unmittelbaren Vorgesetzten hinzu. Bei diesem handelt es sich um den getrennt lebenden Ehemann der Mandantin, der in ihren Unternehmen angestellt ist. Mit einem an die Mandantin gerichteten Bescheid traf die Stadt(gegnerische Partei)mehrere tierschutzrechtliche Anordnungen:
– Den Hunden müsse ab sofort ständig ausreichend Wasser zur Verfügung gestellt werden (ad libitum) (Ziffer 1).
– Die Hunde müssten ab sofort mit artgemäßem Hundefutter in ausreichender Menge und Qualität gefüttert werden (Ziffer 2).
– Ferner dürften die Hunde nur noch bis Ablauf einer Frist in dem zu kleinen Zwinger von 8 qm gehalten werden, ab dem (Datum X) müsse der Zwinger auf mindestens 12 qm vergrößert worden sein (Ziffer 3).
– Die vorhandene Schutzhütte im Zwinger – einschließlich des Bodens der Hütte – müsse sofort, spätestens bis zum 15.06.2016, isoliert werden (Ziffer 4).
– Es müsse ferner ein witterungsgeschützter, schattiger Liegeplatz mit wärmegedämmtem Boden außerhalb der Hütte mit einem Mindestmaß von 1,60 m x 1 m sofort, spätestens bis zum (Datum X) angebracht werden (Ziffer 5).
– Die sofortige Vollziehung der Anordnungen werde angeordnet (Ziffer 6).
– Für den Fall des Nichtbeachtens der Anordnungen zu Nr. 1-5 werde ein Zwangsgeld in Höhe von je 50 Euro angedroht (Ziffer 7).
– Die Antragsteller hätten auch die Kosten des Verfahrens in Höhe von 127,88 Euro zu tragen (Ziffer 8).
Zur Begründung hieß es, die Mandantin sei als Tierhalterin für eine tierartgemäße und verhaltensgerechte Unterbringung, Pflege und Ernährung verantwortlich. Die Haltungsumstände widersprächen dem Tierschutzrecht.
Bei der Kontrolle sei festgestellt worden, dass den Schäferhunden, die sich in einem rund 8 qm (ca. 2,80 m x 2,80 m) großen Zwinger befunden hätten, kein Wasser zur Verfügung gestanden habe. Ein kleiner Metallhundenapf mit ca. 500 ml Fassungsvermögen sei leer gewesen. Als der Mitarbeiter Herr X. den Tieren auf Anordnung in einer größeren Plastikschale Wasser gebracht habe, hätten die Tiere es gierig aufgenommen. Dieses Verhalten deute darauf hin, dass ihnen seit mehreren Stunden kein Wasser zur Verfügung gestanden habe. In dem Zwinger seien zwei Fressnäpfe vorhanden gewesen. Der eine sei mit aufgeweichten Brotresten angefüllt gewesen. In dem zweiten hätten sich zusätzlich gekochte Spaghetti und Kartoffeln befunden. Dieses Futter sei für Hunde nicht artgerecht. Bei Zwingerhaltung müsse einem Hund mit einer Widerristhöhe von 50-60 cm ferner eine uneingeschränkt benutzbare Bodenfläche von mindestens 8 qm zur Verfügung stehen, zwei Hunden mindestens 12 qm. Im Freien gehaltenen Hunden müssten eine wärmegedämmte Schutzhütte und ein separater wärmegedämmter Liegebereich zur Verfügung stehen. In dem nicht überdachten Zwinger habe sich eine Schutzhütte aus Holz mit einem Holzboden im Inneren befunden. Eine Wärmedämmung weise die Hundehütte nicht auf. Sie sei aus nicht isolierten Holzlatten hergestellt. Außerhalb der Schutzhütte sei kein wärmegedämmter Liegebereich vorhanden.
Die Anordnungen entsprächen, so der Beklagte, pflichtgemäßem Ermessen. Sie stellten eine tierartgerechte und leidensfreie Hundehaltung sicher. Das Privatinteresse der Mandantin die Hunde wie bisher zu halten, müsse zurückstehen, weil existenzielle Grundbedürfnisse der Tiere betroffen sein. Die entstehenden finanziellen Aufwendungen und die angeordneten Fristen seien angemessen. Ausreichend Wasser und geeignetes Futter könne sofort zur Verfügung gestellt werden. Für den Bau eines größeren Zwingers, die Isolation der Schutzhütte und das Erstellen des Liegebereichs sei mehr Zeit erforderlich. Rund drei Wochen seien ausreichend.
Die Mandantin trug zu Ziffer 1 der Anordnung vor, Wasser erhielten die Hunde in ausreichender Menge. Auf dem Gelände stünden an drei Stellen Wasserschalen, aus denen sie nach Belieben trinken könnten. Das Wasser werde immer frisch bereitgestellt. Deshalb bestehe für eine tierschutzrechtliche Anordnung kein Anlass. Wenn die Amtstierärztin auf einen einzelnen Metallnapf abstelle, habe sie sich auf dem Betriebsgelände nicht richtig umgesehen. Sie habe auch nicht nach weiteren Wassernäpfen gefragt, so dass es an einer ordnungsgemäßen Anhörung fehle. Darüber hinaus müssten die Hunde nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt und in jeder beliebigen Menge („ad libitum“) Wasser erhalten. Schließlich habe der Mitarbeiter Herr X. den Hunden zum Zeitpunkt der Kontrolle ohnehin gerade neues Wasser zur Verfügung stellen wollen. Ziffer 2 des Bescheids sei zu unbestimmt. Die Tiere würden üblicherweise mit Hundefutter aus dem X. -Markt gefüttert. Als der Amtstierärztin auf ihre Frage nach dem üblichen Futter der Vorrat an Hundefutter gezeigt worden sei, habe sie bemängelt, dass Hundefutter aus einem Discounter keine angemessene hochwertige Ernährung sei. Auch die Schlussfolgerung auf eine Zwingerhaltung (Ziffer 3) sei falsch. Auf dem Betriebsgelände würden sich die Hunde üblicherweise frei bewegen. Deshalb liege keine Zwingerhaltung vor, so dass die dafür geltenden Vorschriften nicht einschlägig seien. Das Metalltor des Geländes sei grundsätzlich geschlossen. Nur wenn ein Transport eintreffe oder abfahre, müsse das Tor geöffnet werden. Während dieser Zeit – üblicherweise ca. 15 Minuten – würden die Hunde vorübergehend in einem aus verschiebbaren Bauzäunen gebildeten Bereich eingesperrt. Diese Praxis werde durch die zu der Gerichtsakte gereichte schriftliche Aussage von Herrn X bestätigt, der auch zu einer eidesstattlichen Versicherung bereit sei. Zum Zeitpunkt der Kontrolle seien die beiden Hunde nur kurzfristig hinter dem Bauzaun weggesperrt worden, weil kurz zuvor ein Lkw-Transport eingetroffen sei. Der umzäunte Bereich umfasse üblicherweise eine Fläche von ca. 14 qm. Eine kurzzeitige Unterbringung sei auch auf einer Fläche von 8 qm zulässig. In dem von den Bauzäunen gebildeten Bereich befänden sich zwei Schutzhütten (Ziffer 4) mit einer Wärmedämmung aus Styropor. Die Unterbodenplatte liege nicht unmittelbar auf dem Asphalt auf, sondern sei zum Zweck der Isolierung erhöht. Die Amtstierärztin habe nicht geprüft, ob sich unter dem Holzboden der Hundehütte eine Wärmedämmung befinde. Darüber hinaus genüge der hölzerne Boden. Die Hunde bevorzugten es, in derselben Hütte zu liegen. Sie verfügten ferner außerhalb der Hütte und des eingezäunten Bereichs über einen wärmegedämmten Liegeplatz (Ziffer 5). Danach sei bei der Kontrolle nicht gefragt worden, weshalb es insoweit an einer Anhörung fehle. Im Rahmen der Zwangsgeldandrohung fehle eine Frist zur Befolgung der Anordnungen.
Ferner habe die Amtstierärztin das Hundefutter aus einem Discounter nicht als unangemessene Ernährung bezeichnet, sondern darauf hingewiesen, dass Brotreste, Nudeln und Kartoffeln keine artgerechte Ernährung für Carnivoren (Fleischfresser) seien. Als der Mitarbeiter das gelagerte Hundefutter eines Discounters gezeigt habe, sei er darauf hingewiesen worden, dass den Tieren dieses Futter auch tatsächlich regelmäßig verabreicht werden müsse und nicht aus Kostengründen Essensreste verfüttert werden dürften. Die Hundehaltung in einem aus Bauzäunen zusammengestellten Bereich sei eine Zwingerhaltung. Die Hunde würden nicht nur bei Ankunft von LKWs, wenn das Tor geöffnet werden müsse, in den Zwinger gebracht. Vielmehr habe der Mitarbeiter der Mandantin mitgeteilt, dass die Hunde während der üblichen Geschäftszeiten im Zwinger gehalten würden und lediglich nachts Freilauf auf dem Betriebsgelände erhielten. Dies werde durch die zur Gerichtsakte gereichten dienstlichen Erklärungen der Kontrolleure, Herrn Y und Frau Dr. Y, bestätigt. Es erscheine außerdem nicht praktikabel, die Hunde erst dann einzufangen, wenn ein Transport eintreffe. Weiterhin habe eine telefonische Nachfrage bei der an das Betriebsgelände der Mandantin angrenzenden Firma Y ausweislich eines Aktenvermerks der Amtstierärztin ergeben, dass das Metalltor während der Geschäftszeiten (7:00 bis 13:30 Uhr) ständig offen stehe. Das Tor sei zudem so schwer, dass es nur von zwei Personen bewegt werden könne. Auch eine Nachfrage bei der Polizeiinspektion habe ergeben, dass das Tor bei diversen Ermittlungen jeweils offen vorgefunden worden sei. Schließlich hätten die Amtstierärztin und ein Kollege bei insgesamt drei weiteren Überprüfungen ein offenes Tor festgestellt. Bei einer Kontrolle sei außerhalb der Hütte kein wärmegedämmter, schattiger Liegeplatz vorhanden gewesen. Selbst wenn die Hunde, wie die Mandantin behaupte, einen entsprechenden Liegeplatz außerhalb des Zwingers hätten, würde dieser nicht den tierschutzrechtlichen Anforderungen genügen. Denn die Hunde müssten frei wählen können, ob sie die Hütte oder den Liegeplatz nutzten. Eine weitergehende Kontrolle sei nicht möglich gewesen, da der Ehemann der Mandantin die beiden Kontrolleure von dem Grundstück verwiesen habe.