Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
6,0 |
Endnote |
8,0 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Staatsanwaltschaft
Paragraphen: §242 StGB
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, verfolgt Zwischenthemen
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer legte zu Beginn einen ausgedruckten Fall vor. Dieser wurde zunächst von ihm durchgesprochen (nicht wörtlich vorgelesen, was etwas stört). Der Fall wurde am Ende wieder eingesammelt, deshalb im Folgenden eine Beschreibung anhand von Notizen und meinem Gedächtnis. Beschuldigter B ruft den Rechtsanwalt an. Dessen Freund C hat ihm von einem geplanten (schweren) Raub berichtet, der im Einzelnen (Messer, Nehmen etc.) genauer beschrieben ist. B versucht zwar, den C von seinem Plan abzubringen, gibt ihm aber dennoch eine Sturmmaske mit, damit er zumindest nicht erkannt werde. Später kommt C zu B in die Wohnung. C hat in der Zwischenzeit den Raub begangen. Auf der Flucht habe C eine Person angefahren. C bittet, der B möge den C verstecken. Nur zwei Stunden später, um 23:00, wird die Wohnung des B von Staatsanwalt und Polizei durchsucht. Der Staatsanwalt hat nicht versucht, den Richter anzurufen da, um diese Uhrzeit ohnehin niemand mehr zu erreichen sei. Noch vor ansonsten sofort erfolgter, ordnungsgemäßer Belehrung äußert B aufgeregt “Ich habe ihm doch nur die Maske gegeben.” C und B werden verhaftet. B wird gezwungen, seinen Finger auf den Abdruckscanner seines Mobiltelefons zu legen, wodurch weitere inkriminierende Chats mit C sichergestellt werden, Können. Es wird Haftbefehl für B beantragt, eine Vorführung steht aus. B hat schon vor diesen Ereignissen Vorbereitungen getroffen, das Land in Richtung Thailand zu verlassen, hat keine nennenswerten Vermögenswerte mehr in Deutschland und ist im Begriff seinen Wohnsitz in Deutschland aufzulösen. Gefragt wird zunächst zum Vorgehen des Rechtsanwalts nach dem Anruf. Akteneinsicht nach § 147 StPO und Verteidigungsanzeige. § 147 StPO wird tiefer besprochen mit einem Beispiel bei dem Rechtsanwalt nicht die gesamte Akte ausgehändigt wird, sondern lediglich einzelne, wesentliche Bestandteile. Anschließend wird das Vorgehen und der Zweck der Vorführung gem. § 115 StPO diskutiert. Der Prüfer will den Ablauf und Hintergrund der einzelnen Schritte hören, daneben ist er, wie bereits in anderen Protokollen erwähnt, an Schlagworten und tauglichen Definitionen interessiert. Die Prüfung geht weiter mit der bekannten Frage, was ein Verteidiger, denn ist bzw. was dessen Rolle ist und wer Verteidiger sein kann. § 138 II 1 StPO sollte man in diesem Fall parat haben. Vorsicht, die Vorschrift scheint manchmal erstaunlich schwer auffindbar zu sein, auch wenn man ihren Inhalt kennt. Anschließend wurden Untersuchungshaft, Haftgründe, hierfür erforderlicher Verdachtsgrad und Verhältnismäßigkeit diskutiert, daneben haftgrundbezogene Beschränkungen während der Untersuchungshaft gem. § 119 StPO und Rechtsmittel sowohl gegen die U-Haft wie auch gegen haftgrundbezogene Beschränkungen (für letzteres war § 119 StPO i. W. lediglich zu lesen). Materiell wurden dann i. W. die Straftatbestände des Raubes und der Strafvereitelung geprüft. In Bezug auf einen möglichen Hausfriedensbruch i.R.d. der Handlung, durch die der Raub begangen wurde, werden Einstellung und Beschränkung der Verfolgung gem. §§ 154 bzw. 154a StPO diskutiert. Hier § 154a StPO! Bei B wird im Ergebnis Beihilfe zu einem schweren Raub und versuchte Strafvereitelung angenommen (letzteres zumindest im Tatbestand, ob § 258 V StGB greifen soll, wird in der weiteren Diskussion nicht mehr ganz klar). Im Rahmen der versuchten Strafvereitelung wird kurz der Rücktritt aufgeworfen (vom Kandidaten selbst), der Prüfer nimmt dies zum Anlass nach den möglichen Versuchsstadien zu fragen: fehlgeschlagen/beendet/unbeendet. Hier ist der Versuch natürlich fehlgeschlagen, damit ist ein Rücktritt ausgeschlossen. Der Prüfer präsentierte daraufhin eine Abwandlung: C ist jetzt der Halbbruder von B, deren Mutter informiert sie aber erst nach der Tat, die beiden wissen vorher nichts davon. Zunächst wird daraufhin § 258 VI StGB diskutiert und, soweit ich mich erinnern kann, im Ergebnis abgelehnt. Es gibt hierzu BGH-Rspr.; es kam jedoch (zumindest in diesem Fall) wohl nicht darauf an, diese auswendig zu kennen, sondern Argumente zu benennen. Sodann wurde erst § 258 V StGB diskutiert und im Ergebnis als gegeben angenommen. Im Anschluss folgten noch Beweisverwertungsfragen zur Spontanäußerung (zur Maske; an sich verwertbar), Daten auf dem Mobiltelefon (an sich verwertbar, vgl. BGH, 13.03.2025 – 2 StR 232/24), Wohnungsdurchsuchung allgemein (verwertbar, Gefahr im Verzug gegeben, Richtervorbehalt nicht willkürlich umgangen). Das wars. Viel Glück!
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern vom Mai 2025. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.