Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Saarland vom Dezember 2018

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Saarland im Dezember 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2
Vorpunkte 4,75 5,58
Zivilrecht 7 10
Strafrecht 6 10
Öffentliches Recht 6 10
Endpunkte 5,2 6,88
Endnote 5,2 6,88

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Eingriffe in den Bahnverkehr; Nötigung; Probleme bei Rechtfertigungsgründen und ‚Schuldfähigkeit; Festnahmerecht; Einstellungsgründe; Durchsuchungsbeschluss

Paragraphen: §315 StGB, §32 StGB, §127 StPO, §240 StGB, §153 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Wir begannen mit der Strafrechtsprüfung. Der Prüfer erzählte folgenden Fall:
Der J (7 Jahre alt) steht mit seiner Schwester S und deren Freundin F (beide 14 Jahre) am Bahnsteig. S und F sagten zu J: „Ich wette, dass du dich nicht traust, die Parfümflasche auf den nächsten einfahrenden Zug zu schmeißen!“ Die Kinder hatten nicht vor in den Zug einzusteigen. J lässt sich auf die Mutprobe ein und wirft die kleine Parfümflasche auf die Windschutzscheibe des einfahrenden Zuges der Deutschen Bahn. Ein Schaden ist nicht entstanden. Als der Zug hält, steigt der Zugführer (Z) aus, packt den J an der Jacke und zieht ihn mit in den Zug. Über Funk informiert Z die Polizei, sodass diese den J an der nächsten Station in Empfang nehmen können. Prüfen Sie die Strafbarkeit der Beteiligten.
Wir begannen mit der Strafbarkeit des J und prüften § 315 I Nr. 4 StGB. Eine lange Diskussion erfolgte darin, ob nun eine abstrakte oder konkrete Gefahr vorliegt. Hier wollte der Prüfer Definitionen und Argumente hören. Offensichtlich mangelte es aber an der Schuldfähigkeit des J, da dieser erst 7 Jahre alt war.
Anschließend folgte die Prüfung des Z. Eine Körperverletzung an J haben wir zügig abgelehnt und kamen zu § 239 I und § 240 I StGB. Der objektive Tatbestand wurde ohne richtige Prüfung schnell bejaht, da der Prüfer sofort zu den wesentlichen Problemen des Falles kommen wollte. Als Rechtfertigungsgrund wurde § 32 StGB geprüft, aber abgelehnt. Der Prüfer fragte, wie denn dem Z noch zu helfen sei, damit dieser sich nicht strafbar macht. Er wollte dabei auf das Festnahmerecht nach § 127 StPO hinaus. Problematisch ist, ob vom Wortlaut her eine „Tat“ vorliegt. Wir diskutierten, ob Z hätte erkennen können, dass J schuldunfähig war und was der Tatbegriff ist. Hierbei ging es dem Prüfer weder um richtig noch falsch, sondern um gute Argumente. (Dies war ein Fall aus seiner anwaltlichen Tätigkeit)
In gebotener Kürze kamen wir noch auf die Strafbarkeit der S und F zu sprechen, welche sich wegen Anstiftung zu § 315 I StGB strafbar gemacht haben könnten. Da J den Tatbestand des Delikts verwirklicht hatte, lag eine Anstiftung vor. Es kommt dabei nicht darauf an, dass J schuldunfähig war.
Im Anschluss an den Fall folgte der StPO-Teil. Der Prüfer fragte, was der Staatsanwalt tun kann, wenn er die Bestrafung des Z verhindern möchte (Die Rechtsprechung hat nämlich das Festnahmerecht des Z im oben erläuterten Fall abgelehnt, sodass sich Z strafbar gemacht hat). In Betracht kommt eine Einstellung des Verfahrens aus Opportunitätsgründen, § 153 StPO. Weiter wurde diskutiert, ob überhaupt ein öffentliches Interesse vorgelegen hat, denn für die Deutsche Bahn liegt sonst ein potenzieller Imageschaden vor. Andererseits war ein Kind beteiligt und es darf zu keiner Nachahmung von anderen Kindern kommen.
Zuletzt wurde uns ein Blatt ausgeteilt von einem Durchsuchungsbeschluss. Hier ging es um eine Wohnungsdurchsuchung wegen Verstoß gegen das BtMG. Der Prüfer fragte, was uns an diesem Beschluss auffällt. Formal war der Beschluss vom 15.6.18 (unsere Prüfung war am 13.12.18), sodass es um die Frage ging, wie lange so ein Beschluss gültig ist. Die Antwort lautet 6 Monate. Weiterhin gab es keine richtige Begründung, sodass wir Argumente hervorbringen sollten, ob dies für einen wirksamen Beschluss ausreicht. Im Ergebnis werden allerdings an die Begründung keine hohen Anforderungen gestellt.