Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
10,0 |
Endnote |
12,0 |
Endnote 1. Examen |
8,0 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Befangene StA – 28 StGB – Untersuchungshaft
Paragraphen: §28 StBG, §153 StGB, §153 StPO,
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hält Reihenfolge ein, Fragestellung klar,
Prüfungsgespräch:
Bereits aus den bisherigen Protokollen ließ sich erahnen, dass der Prüfer seine mündlichen Prüfungen in Strafrecht mit einer Mischung aus Spontaneität, Aktualitätsbezug und einem feinen Gespür für dogmatisch interessante Konstellationen führt. Diese Einschätzung hat sich in unserer Prüfung vollumfänglich bestätigt. Es zeigte sich, dass er teils auf aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) Bezug nimmt, die er zum Teil selbst in seinen neueren Aufsätzen bespricht, und teils spontane Fragen oder Fallgestaltungen einbringt, die eher der juristischen Reflexion und Diskussion dienen als der schematischen Abarbeitung. Aus diesem Grund kann ich für die Vorbereitung besonders empfehlen, sich mit seinen veröffentlichten Beiträgen auseinanderzusetzen. Wenn ihr Aufsätze von ihm findet – lest sie gründlich! Sie spiegeln nicht nur seinen Prüfungsstil, sondern auch seine Schwerpunkte wider. Darüber hinaus ist es aber ebenso wichtig, die nötige Ruhe mitzubringen und offen auf die Gesprächsdynamik einzugehen. Wer sich in der Prüfung entspannt, aufmerksam zuhört und überlegt reagiert, hat gute Chancen, einen souveränen Eindruck zu hinterlassen. Einstieg: Der Sitzungsvertreter und sein „Auftrag“ Die Prüfung begann eher locker mit der Frage, was ein Sitzungsvertreter im Strafprozess eigentlich so macht. Diese Frage war weniger auf eine dogmatisch exakte Darstellung gerichtet, sondern diente offenbar eher dem Warmwerden. Ich hatte das Gefühl, dass der Prüfer hier ein wenig die Nervosität nehmen wollte – mit einer Frage, die jeder intuitiv beantworten kann, auch ohne tiefere Detailkenntnis. Gleichwohl lohnt sich ein kurzer Blick in die §§ 141 ff. GVG und § 152 GVG zur Funktion der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren. Opportunitätseinstellungen und das Spannungsfeld zur richterlichen Unabhängigkeit Unmittelbar danach wurde es ernster: Der Prüfer konfrontierte uns mit einem Fall aus dem Gerichtssaal. Wir sollten uns in die Rolle einer Staatsanwältin versetzen. Ein Richter spricht uns während der Verhandlung an und sagt: „Stimmen Sie einer Einstellung nach § 153 StPO zu – andernfalls läuft das hier auf einen Freispruch hinaus.“ Unsere Reaktion? Die richtige Antwort bestand darin, auf dem Freispruch zu bestehen, sofern keine Voraussetzungen für eine Einstellung bestehen. Dieser steht dem Angeklagten zu, wenn die Beweise nicht für eine Verurteilung ausreichen. Eine Einstellung darf nicht als „Ersatzstrafe“ oder als Druckmittel gegen die Staatsanwaltschaft verwendet werden. In der Prüfung kam es dem Prüfer sichtlich darauf an, dass wir den Grundsatz des fairen Verfahrens im Blick behalten – ebenso wie die Unabhängigkeit der Richter*innen und die Rolle der Staatsanwaltschaft als „objektivste Behörde der Welt“. Im Anschluss daran wurde die Unterscheidung zwischen einer Einstellung nach § 153 StPO und einer solchen nach § 153a StPO thematisiert. Wir sollten die jeweiligen Vorzüge benennen und erklären, wann welche Variante vorzugswürdig ist. Die wesentlichen Punkte lauteten: Die Einstellung nach § 153 StPO erfolgt ohne Auflagen und kann daher leichter, aber auch „kostenlos“ erlangt werden. § 153a StPO hingegen eröffnet die Möglichkeit, dem Beschuldigten bestimmte Auflagen oder Weisungen zu erteilen (z. B. Geldzahlung an eine gemeinnützige Einrichtung), und führt im Erfolgsfall zum Strafklageverbrauch (§ 153a I S. 5 StPO). In der praktischen Prüfungssituation kann § 153a StPO daher ein gutes Mittel sein, um ein Verfahren unter Berücksichtigung aller Interessen einvernehmlich zu beenden – ohne Schuldspruch, aber auch nicht folgenlos. Untersuchungshaft – ein prüfungsrelevantes Minenfeld Es folgte ein intensiver Abschnitt zur Untersuchungshaft – nicht unbedingt in klarer Struktur, aber mit vielen spannenden Einzelfragen. Der Prüfer sprang hier zwischen verschiedenen Aspekten des Themas. Konkrete Fragen waren unter anderem: Wann darf Untersuchungshaft angeordnet werden? Welche Voraussetzungen gelten nach § 112 StPO? Welche Bedeutung kommt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu (§ 112 I 2 StPO)? Was passiert, wenn man eine Person zu spät einem Haftrichter vorführt? Besonders prägnant war folgende Frage: „Was machen Sie, wenn Sie um 23:59 Uhr jemanden in Untersuchungshaft nehmen wollen?“ Richtige Antwort: Eine Minute warten! Denn dann beginnt der Fristlauf zur Vorführung nach § 128 StPO erst um 00:00 Uhr, wodurch man mehr Zeit gewinnt. Solche praxisnahen Überlegungen sollte man im Hinterkopf behalten. Mein Eindruck war, dass der Prüfer hier nicht unbedingt ein vollständiges Gutachten hören wollte, sondern sehen wollte, ob wir die systematischen Grundlinien der Untersuchungshaft kennen, insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung der Grundrechte, die Praktikabilität und die Anforderungen an Verhältnismäßigkeit. Aktuelle Rechtsprechung: Befangenheit der Staatsanwaltschaft besprochen wurde auch eine aktuelle Entscheidung des BGH zur Frage der Befangenheit auf Seiten der Staatsanwaltschaft. Ohne allzu tief in die Details einzutauchen, thematisierte der Prüfer, ob und unter welchen Umständen auch Staatsanwältinnen und Staatsanwälte als befangen abgelehnt werden könnten. Zwar gibt es im StPO keine ausdrückliche Regelung wie bei Richtern (§ 24 StPO), aber eine übergreifende Diskussion über den Einfluss der Staatsanwaltschaft auf das Verfahren wurde geführt. Das Signal war klar: Aktuelle Entscheidungen sollte man wenigstens überblicksweise kennen – und bereit sein, sie juristisch einzuordnen. Klassiker mit Augenzwinkern: Error in objecto Dann wurde es unerwartet humorvoll: Der Prüfer trug einen klassischen Fall aus dem dritten Semester vor – ein sogenannter „Error in objecto“-Fall. A stiftet B dazu an, eine bestimmte Garage in Brand zu setzen. Diese gehört einem Dritten, der A beleidigt hat. B verwechselt jedoch die Garage und zündet eine andere an. Die Frage: Strafbarkeit des A? Hier ging es nicht um eine abschließende Lösung, sondern um die juristische Auseinandersetzung mit dem Irrtum über das Tatobjekt. Liegt ein beachtlicher oder unbeachtlicher Irrtum vor? Welche dogmatischen Folgen ergeben sich? Muss sich der Anstifter den Irrtum des Tatmittlers zurechnen lassen? Es genügte hier, erste Gedanken zu entwickeln und mit Begriffen wie Tatentschluss, Irrtumsdogmatik oder aberratio ictus zu arbeiten. Der Prüfer honorierte jede ernsthafte Auseinandersetzung, ohne auf einem bestimmten Ergebnis zu beharren. § 153 StGB und § 28 StGB – Persönliches oder tatbezogenes Merkmal? Ein sehr interessanter Prüfungspunkt war die Frage, ob das Merkmal „Zeuge“ im Sinne des § 153 StGB ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 StGB darstellt. Auch hier bestand keine Erwartung an auswendig gelerntes Wissen, sondern an die Fähigkeit zur Argumentation. Ich vertrat die Ansicht, dass es sich nicht um ein täterbezogenes Merkmal handelt, sondern um ein rein tatbezogenes – da die Eigenschaft „Zeuge“ nicht dauerhaft in der Person liegt, sondern allein durch die konkreten Umstände der Aussage entsteht (wer wann was gesehen hat). Daraus folgte für mich, dass § 28 StGB keine Anwendung findet. Diese Argumentation wurde vom Prüfer mit Interesse aufgenommen und als gut vertretbar anerkannt. Ermittlungsmaßnahmen und Alternativen zur U-Haft Im letzten Prüfungskomplex ging es nochmals um ein praxisnahes Thema: Wie lässt sich verhindern, dass gegen eine Person Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr angeordnet werden muss? Hier war Kreativität gefragt. Ich schlug vor, eine frühzeitige richterliche Vernehmung des Zeugen B durchzuführen, um etwaige Beeinflussungsgefahren durch den Beschuldigten A zu neutralisieren. Der Prüfer lobte diesen Vorschlag als praxisnah und rechtlich tragfähig. Insgesamt wurde deutlich, dass er bei solchen Fragen besonders auf rechtsstaatliche Sensibilität achtet: Zwangsmaßnahmen sollen nie zur bequemen „Standardlösung“ verkommen, sondern müssen stets kritisch hinterfragt und durch mildere Mittel ersetzt werden, wo möglich. Abschließende Eindrücke – ein prüferischer Spagat zwischen Anspruch und Wohlwollen Zum Schluss bleibt mir vor allem eines zu sagen: Vor einer Prüfung bei diesem Prüfer muss man keine Angst haben. Er ist ein Prüfer, der seinen Prüflingen freundlich, aufmerksam und mit echtem Interesse begegnet. Ich hatte das Gefühl, dass er nicht nach Fehlern sucht, sondern nach Gelegenheiten, Stärken zu erkennen. Wenn er merkt, dass man sich verrennt oder in eine argumentatorische Sackgasse gerät, versucht er, die Situation zu entspannen und auf neue Wege zu lenken. Besonders positiv fiel mir auf, dass der Prüfer großen Wert darauflegt, dass man im Prüfungsgespräch selbst denkt. Es ging ihm nicht darum, die perfekte Lösung zu präsentieren, sondern darum, strukturiert zu argumentieren, juristische Überlegungen plausibel zu begründen und zu zeigen, dass man das materielle Strafrecht und die Strafprozessordnung verstanden hat. Wer dies leisten kann – und sei es auch unter Nervosität – dem begegnet der Prüfer mit Respekt und Wohlwollen. Er betonte mehrfach, dass es ihm nicht darum gehe, Studierende zu überfordern oder bloßzustellen. Im Gegenteil: Er möchte sehen, dass wir uns mit dem Strafrecht auseinandergesetzt haben, die praktischen und dogmatischen Fragen ernst nehmen und bereit sind, in der Prüfungssituation mitzudenken. Wer das schafft, wird eine faire, anspruchsvolle, aber sehr humane Prüfung erleben – und mit dem Gefühl herausgehen, dass hier wirklich das juristische Denken geprüft wurde, nicht das bloße Reproduzieren von Schemata. Allen künftigen Prüflingen kann ich daher nur wünschen: Geht mit Offenheit, Neugier und einem gewissen Spaß an der Diskussion in die Prüfung – es lohnt sich. Weitere Fragen zur Opportunität und deren Grenzen, Nachdem die grundlegenden Unterschiede zwischen § 153 und § 153a StPO abgefragt worden waren, wollte der Prüfer außerdem wissen, ob und wie sich eine Einstellung nach § 153a StPO im Bundeszentralregister auswirkt. Hier kam es darauf an zu erkennen, dass eine solche Einstellung zwar grundsätzlich nicht als „Verurteilung“ gilt, aber unter Umständen im Register auftaucht (§ 153a Abs. 1 Satz 5 StPO i.V.m. § 32 Abs. 2 BZRG). Er wies darauf hin, dass dies etwa für Berufsgruppen mit erhöhten Anforderungen an ihre Integrität (z.B. Lehrer, Beamte, Juristen) relevant sein kann. Ein vertieftes Verständnis für die praktischen Folgen einer Opportunitätseinstellung wurde damit deutlich. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ und der Sitzungsvertreter anschließend entwickelte der Prüfer aus der anfänglichen scherzhaften Frage nach der Rolle des Sitzungsvertreters noch eine recht bedeutsame Diskussion. Es ging um das Verhalten des Sitzungsvertreters in einem Fall, in dem die Beweislage unsicher ist. Sinngemäß fragte er: „Was machen Sie, wenn Sie innerlich eigentlich vom Freispruch überzeugt sind, aber Ihr Chef bei der Staatsanwaltschaft erwartet, dass Sie Berufung einlegen?“ — Dies zielte auf das Verhältnis von Hierarchie und Überzeugung im staatsanwaltlichen Dienst. Er wollte hören, dass sich die Staatsanwaltschaft bei jeder Entscheidung, insbesondere bei einer Berufung, an den Grundsatz der Objektivität und an das Legalitätsprinzip zu halten hat. Wenn ein Freispruch aus Sicht der Sitzungsvertretung gerechtfertigt erscheint, ist es nicht zulässig, allein auf „Anweisung von oben“ Rechtsmittel einzulegen. Diese Konstellation bot einen Anlass zur Diskussion über dienstrechtliche Loyalität und individuelle Berufsethik – eine Thematik, die über das reine Reproduzieren von Normen hinausgeht. Klassiker: Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft Ein weiteres Herzstück der Prüfung war das Thema Untersuchungshaft. Die Fragen bewegten sich dabei zwischen konkreten Vorschriften und praktischer Erfahrung. Eine Teilnehmerin hatte etwa § 112 StPO falsch zitiert, woraufhin der Prüfer die Gelegenheit nutzte, um auf die Notwendigkeit der sorgfältigen Gesetzeslektüre hinzuweisen. Besonders wichtig war ihm das Verhältnis von Verhältnismäßigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 2 StPO) zur Dauer der U-Haft. In einem Beispiel stellte er einen 17-jährigen Ersttäter vor, der eine Tüte Chips gestohlen haben soll. Er fragte sinngemäß: „Wäre es gerechtfertigt, diesen jungen Mann drei Monate in U-Haft zu nehmen?“ — Die Antwort sollte natürlich ein klares Nein sein, mit Hinweis auf das Missverhältnis von Tat und Maßnahme. Der Prüfer legte großen Wert auf solche wertenden Überlegungen. Ihm ging es nicht nur um Paragraphenkenntnis, sondern darum, ob man als Jurist fähig ist, das Gewicht einer Maßnahme gegenüber dem Anlass abzuwägen. Exkurs: § 126a StPO – Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus In einem kurzen Exkurs fragte der Prüfer dann auch nach der Unterbringung nach § 126a StPO. Der Fall: Eine Beschuldigte, die offenbar an einer paranoiden Schizophrenie leidet, soll mehrfach Passanten mit einem Messer bedroht haben. Es ging darum, wie man in einem solchen Fall reagiert und welche Alternativen zur regulären Untersuchungshaft bestehen. Wer hier § 126a StPO benennen konnte und wusste, dass es sich um eine besondere Sicherungsmaßnahme zur Gefahrenabwehr handelt, konnte punkten. Auch § 63 StGB wurde angesprochen, wobei hier klar werden sollte, dass dieser erst im Rahmen der Hauptverhandlung relevant wird, nicht jedoch im Ermittlungsverfahren. Vertiefung: Irrtümer im Strafrecht – Error in Objecto vs. Aberratio Ictus Ein weiterer Themenblock betraf typische Irrtumsprobleme. Wie bereits erwähnt, ging es in einem Beispiel um den sogenannten „error in objecto“. A stiftet B dazu an, eine bestimmte Garage abzufackeln. B verwechselt jedoch das Zielobjekt und steckt eine andere Garage in Brand. In der Diskussion ging es darum, ob A sich wegen Anstiftung zu einer vorsätzlichen Brandstiftung strafbar gemacht hat, obwohl das konkret abgebrannte Objekt nicht dem ursprünglich avisierten Opfer gehörte. Der Prüfer fragte hier nach den unterschiedlichen Theorien (konkrete vs. generelle Anstiftung) und nach den Argumenten für und gegen die Zurechnung der Tat. Auch wenn er betonte, dass die Prüfung keine vertieften Kenntnisse aus dem AT I erfordere, war hier das Argumentationsvermögen entscheidend. StPO-Praxis: Durchsuchung, Beschlagnahme, Belehrungspflichten In einem weiteren Prüfungsteil wandte sich der Prüfer den praktischen Ermittlungsmaßnahmen zu. Konkret wollte er wissen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Wohnungsdurchsuchung zulässig ist (§§ 102 ff. StPO). Er stellte eine Szene nach: „Sie sind am Tatort. Ein Zeuge sagt Ihnen, der Verdächtige wohnt gleich da hinten in der blauen Tür. Was machen Sie?“ — Wer hier § 105 StPO kannte und wusste, dass ein richterlicher Beschluss notwendig ist, es jedoch Ausnahmen bei „Gefahr im Verzug“ gibt, lag richtig. Besonderes Augenmerk legte er darauf, ob wir in der Lage waren, eine konkrete Gefahreneinschätzung vorzunehmen. Dabei kam es auf die Fähigkeit an, das Gesetz auf reale Situationen anzuwenden. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit spielte wieder eine Rolle. Befangenheit in der Staatsanwaltschaft – aktuelle BGH-Rechtsprechung Ein echtes Highlight der Prüfung war die Frage nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH zur Befangenheit eines Staatsanwalts. Es ging um die Entscheidung, in der ein Staatsanwalt bei einer Pressekonferenz Vorverurteilungen äußerte. Der Prüfer fragte, ob sich daraus Konsequenzen für das Verfahren ergeben und wie ein entsprechender Befangenheitsantrag zu stellen sei. Hier war § 22 StPO nicht einschlägig – vielmehr war zu prüfen, ob § 24 StPO übertragbar ist. Ein anspruchsvoller Teil der Prüfung, der aber hervorragend zeigte, wie sehr der Prüfer aktuelle Entwicklungen im Blick hat und erwartet, dass sich seine Prüflinge auch mit neueren Entscheidungen auseinandersetzen. Spontane Fallgestaltung: Zeugeneigenschaft und § 28 StGB Ein besonders spannender Abschnitt war die Frage, ob das Tatbestandsmerkmal „Zeuge“ im Rahmen von § 153 StGB als besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB zu qualifizieren sei. Wer hier argumentativ differenzieren konnte – etwa dahingehend, dass der Begriff „Zeuge“ nicht allein personenbezogen, sondern situationsbezogen sei –, konnte punkten. Es wurde deutlich, dass es dem Prüfer nicht primär um die „richtige“ Lösung ging, sondern darum, ob man sich juristisch klar ausdrücken und seine Überlegungen gut strukturieren kann. Eindruck zur Prüfungsatmosphäre, Was die Stimmung in der Prüfung betrifft, kann ich wirklich nur Positives berichten. Der Prüfer ist ein sehr fairer Prüfer. Er ließ uns ausreden, stellte Rückfragen freundlich, aber präzise und versuchte, in jedem von uns das juristische Potenzial zu entdecken. Wenn jemand ins Stocken kam, half er mit kleinen Denkanstößen weiter. Dabei war sein Humor präsent, ohne dabei die Ernsthaftigkeit der Situation aus den Augen zu verlieren. Auch wenn die Prüfung teilweise sehr dynamisch verlief, hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, absichtlich in die Irre geführt zu werden. Im Gegenteil: Der Prüfer zeigte deutlich, dass er Interesse daran hatte, uns ein faires, aber anspruchsvolles Prüfgespräch zu bieten. Fazit abschließend lässt sich sagen: Die Prüfung bei diesem Prüfer ist herausfordernd, aber durch und durch fair. Man sollte sich nicht davon irritieren lassen, wenn der rote Faden der Prüfung nicht sofort erkennbar ist. Vielmehr geht es darum, flexibel zu reagieren, mitzudenken und keine Angst vor „unfertigen“ Antworten zu haben. Der Prüfer erwartet nicht das perfekte Repetitoriums-Wissen, sondern möchte sehen, ob man in der Lage ist, sich unter Prüfungsbedingungen juristisch sauber zu äußern, mitzudenken und auch mit Unsicherheiten souverän umzugehen. Wer sich mit aktuellen Entwicklungen beschäftigt hat, das StPO-System im Groben überblickt und ein gutes Gespür für praktische Wertungen mitbringt, ist bestens gerüstet. Ich wünsche allen Prüflingen, die noch bei diesem Prüfer prüfen, viel Erfolg – und vor allem: viel Freude an einer der letzten großen juristischen Herausforderungen!
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Sachsen vom Mai 2025. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.