Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW vom Februar 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Februar 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3
Vorpunkte 7,75 5 6
Aktenvortrag 8 6 6
Prüfungsgespräch 14 6 12
Endnote 9,x 5,x 7,x
Endnote (1. Examen) 10,x

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Waffenrecht, Rechtsverordnung, Allgemeinverfügung

Paragraphen: §42 WasserG, §35 VwVG, §14 PolG, §80 VwGO, §68 VwGO

Prüfungsgespräch:  Frage-Antwort-Diskussion, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Nach eben genannter kurzer Einleitung schilderte der Prüfer folgenden Fall:>
Die Polizei verhängte wegen zahlreicher Gewaltdelikte an zwei Ruhrgebietsbahnhöfen ein einwöchiges Waffenverbot. Das Verbot trat am Mittwoch um 14 Uhr in Kraft. Ab sofort sei das Mitführen von gefährlichen Werkzeugen verboten, sagte ein Sprecher der Polizei. Das gelte auch für das kleine Schweizer Taschenmesser. An den Bahnhöfen habe es im vergangenen Halbjahr eine hohe zweistellige Zahl von Delikten gegeben, bei denen Waffen eingesetzt worden seien. Waffenverbotszonen hatte es schon in mehreren NRW-Städten gegeben.
Wir sollten nun die Perspektive eines Rechtsanwalts einnehmen. Unser Mandat hat ein 8 cm langes Springmesser, das er bei sich führen will. Er möchte dieses auch mitnehmen, wenn er seine Verwandten mit der Bahn im Ruhrgebiet besucht, und begehrt diesbezüglich Beratung.
Zunächst suchten wir nach einer Rechtsgrundlage für das Waffenverbot der Polizei.
Hierfür wurde zuerst § 42 WaffG vorgeschlagen. Wichtig war es nun, herauszustellen, dass § 42 Abs. 5 WaffG lediglich zur Schaffung von Rechtsverordnungen ermächtigt und sich allein an die Landesregierungen richtet. Daher sollte nun abgegrenzt werden, ob es sich bei dem Waffenverbot überhaupt um eine Rechtsverordnung handelt. Dies war abzulehnen, da es stattdessen eine Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 S. 2 VwVfG darstellt. Auch wurde das Verbot hier von der Polizei und nicht von der Landesregierung erlassen. Folglich wurde § 42 WaffG als Rechtsgrundlage abgelehnt.
Sodann wurde herausgestellt, dass das Messer des Mandanten grundsätzlich erlaubnisfrei ist. Dies ergab sich aus § 2 WaffG iVm. Anlage 1 WaffG. Gemäß 1.4.1 Anlage 1 WaffG sind nämlich Springmesser erlaubnisfrei, wenn die Klinge seitlich aus dem Griff herausspringt und der aus dem Griff herausragende Teil der Klinge höchstens 8,5 cm lang ist und nicht zweiseitig geschliffen ist. Vorliegend war die Klinge nur 8cm lang.
Als nächstes suchten wir eine weitere Rechtsgrundlage für die Verfügung der Polizei. Hierfür kamen wir auf § 14 BPolG. Anhand dessen prüften wir die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des Waffenverbots. Hierbei kamen wir zu dem Ergebnis, dass das Waffenverbot zu unbestimmt war.
Anschließend prüfte der Prüfer ab, ob wir mit den allgemeinen Rechtsschutzmöglichkeiten vertraut sind, d. h. Widerspruch, Anfechtungsklage und Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die einzelnen Detailfragen hierzu sind mir nicht im Gedächtnis geblieben, waren aber eher allgemeiner Natur, z. B. wann ein Vorverfahren überhaupt erforderlich ist.
Als nächstes stellte der Prüfer das Problem, was denn geschehe, wenn die Polizei ein neues Waffenverbot erlassen würde. Hierzu sagten wir lediglich die Lösung, dass der Mandant das Messer so mitführen könnte, dass es nicht verwendungsbereit ist, zB in einem verschlossenen Behältnis im Rucksack oder ähnliches.
Dann waren die 30 Minuten Prüfungszeit auch schon vorbei.