Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hessen vom Januar 2024

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

7,5

Endnote

9,4

Endnote 1. Examen

8,61

Zur Sache:

Prüfungsthemen: APR, Nachbarschaftsstreit, Beweisverwertungsverbote

Paragraphen: §1004 BGB, §278 ZPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hält Reihenfolge ein

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer knüpfte zu Beginn der Prüfung an die Aufgabenstellung des zuvor gehaltenen (arbeitsrechtlichen) Aktenvortrags an, in dessen Rahmen zu diskutieren war, ob ein zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärter Vergleichsvorschlag vom Mandanten angenommen werden sollte. Für die mündliche Prüfung sollte davon ausgegangen werden, dass die Annahme des Vergleichs zweckmäßig ist. Darauf aufbauend fragte der Prüfer, nach welcher Vorschrift sich das weitere Vorgehen richten würde (§ 278 Abs. 6 ZPO) und wie die Annahmeerklärung zu formulieren wäre. Sodann war zu diskutieren, ob neben der bloßen Annahme auch noch weitere Regelungen in den Vergleich aufgenommen werden sollten (z.B. eine Abgeltungsklausel) und ob die Annahme des Vergleichs zweckmäßiger durch den Mandanten selbst oder durch dessen Anwalt zu erklären ist (u.a. Frage der Kosten). Der Prüfer las anschließend eine Zeitungskurzmeldung vor, wonach ein Landgericht in einem Streit zwischen zwei Nachbarn entschieden habe, dass der eine Nachbar eine Videoüberwachung seines Nachbargrundstücks durch zwei Kameras zu unterlassen habe. Dabei fragte der Prüfer zunächst, wie das Landgericht in diesem Rechtsstreit zuständig sein kann. Hierbei war die erstinstanzliche Zuständigkeit der Gerichte und der Instanzenzug darzustellen. Weiter wurde auf die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts nach § 3 ZPO eingegangen. Letztlich kamen wir zu dem Ergebnis, dass das Landgericht in dem Fall als Berufungsinstanz zuständig war, weil der Zuständigkeitsstreitwert 5.000 Euro nicht überschritten hatte, § 23 Nr. 1 GVG. Der Prüfer fragte zudem nach dem Instanzenzug im Arbeitsrecht und konkret danach, ob auch das Landesarbeitsgericht in erster Instanz zuständig sein kann. Dies ist bei der Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung i.S.v. § 97 Abs. 2 ArbGG der Fall. Da der Prüfer Vorsitzender Richter in dem Verfahren über die Tariffähigkeit der GDL ist, konnte mit einer solchen Frage gerechnet werden. Anschließend widmeten wir uns der materiell-rechtlichen Prüfung des Falles und arbeiteten heraus, dass es sich um einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 analog BGB i. V. m. Art.1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG handelte. Die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen waren dabei zu prüfen. Der Prüfer wollte nun wissen, welche Klagearten es gibt (Leistungs-, Feststellungs- und Gestaltungsklagen) und wünschte eine Abgrenzung der Klagearten zueinander. Auch fragte er nach Beispielen für eine Gestaltungsklage im Allgemeinen (z.B. § 319 Abs. 1 BGB oder § 767 Abs. 1 ZPO) und ob es auch im Arbeitsrecht Gestaltungsklagen gibt. Hier ging es ihm um die Nennung von § 315 Abs. 3 S. 2 BGB. Es war sodann herauszuarbeiten, dass es sich bei der vorliegenden Klage um eine Leistungsklage handelt, die nach § 890 ZPO vollstreckt werden kann. Die Anforderungen an den Tenor einer Unterlassungsklage waren ebenfalls herauszuarbeiten. Im Weiteren fragte der Prüfer, was der Kläger tun könne, wenn der Beklagte bestreitet, dass die Kameras auf das Nachbargrundstück ausgerichtet sind. Es waren zunächst die Strengbeweismittel der ZPO zu benennen und mögliche Beweismittel im konkreten Fall vorzuschlagen (z.B. Zeugen oder Fotos von den Kameras als Augenscheinobjekt). Wir gingen dabei auch der Frage nach, ob ein Fotografieren der Kameras rechtmäßig wäre und/oder ein Beweisverwertungsverbot vorläge. Im Ergebnis bejahten wir die Rechtmäßigkeit des

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Januar 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.