Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Mecklenburg-Vorpommern vom Februar 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Mecklenburg-Vorpommern vom Februar 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 6.58
Aktenvortrag 1
Zivilrecht 6
Strafrecht 6
Öffentliches Recht 9
Endpunkte 7
Endnote 6.7

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Betrug, Unterschied zur Unterschlagung, Raser-Fall des BGH (Abgrenzung Eventualvorsatz von bewusster Fahrlässigkeit)

Paragraphen: §§263 StGB, §246 StGB, §315d StGB, §211 StGB, §222 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Strafrechtsprüfung war nach der Zivilrechtsprüfung die zweite der drei Teilprüfungen.
Der Prüfer bezog sich zunächst auf den Sachverhalt, der im Zivilrechtsteil genutzt worden war. Im Wesentlichen ging es hierbei um folgendes:
A lässt an die GmbH des B 4000 € überweisen unter der Bedingung, dass B das Geld abhebt und an den A bar auszahlt. Die Überweisung erfolgt, aber B erklärt, dass die GmbH in Zahlungsschwierigkeiten stecke und er das Geld nur in Raten zurückzahlen könne. A erstattet Strafanzeige wegen Betrugs und Unterschlagung, das Verfahren wird eingestellt. A stellt daraufhin B auf seiner Facebook-Seite als Betrüger und Dieb dar unter Nennung dessen vollen Namens. A begehrt von B Zahlung der 4000 €. B begehrt wegen des Facebook-Eintrages Unterlassung und 15000 € Entschädigung und erklärt die Aufrechnung hinsichtlich der 4000 €. Wie ist die Rechtslage?
Ausgehend hiervon ließ der Prüfer zunächst untersuchen, ob B sich wegen Betruges strafbar gemacht haben könnte, § 263 Abs. 1 StGB. Er achtete insbesondere auf eine saubere Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale. Alle Prüflinge bejahten die Strafbarkeit. Der Prüfer ließ nicht erkennen, ob er sich der Auffassung anschließt. Allerdings ließ er alles gelten, sofern es vertretbar war und mit Argumenten unterfüttert werden konnte.
Sodann wurde besprochen, ob B sich auch der Unterschlagung schuldig gemacht haben könnte, § 246 Abs. 1 StGB. Dies wurde verneint.
Dann wollte der Prüfer den Unterschied wissen zwischen Betrug und Unterschlagung. Dieser besteht darin, dass bei der Unterschlagung der Täter schon im Besitz der Sache ist, wenn er die Straftat begeht. Ob die Antwort so vollständig korrekt war, ließ der Prüfer nicht ganz durchblicken. Er nahm sie wohlwollend zur Kenntnis.
Dann trug der Prüfer einen eigenen Fall vor.
A und B, 28 und 29 Jahre alt, treffen sich in Berlin zufällig an einer Kreuzung und verabreden sich spontan zu einem Rennen. Sie fahren mit 170 km/h durch die Stadt und überfahren dabei auch acht rote Ampeln. Hierbei geht es A und B nur um das Rennen, ob andere dabei zu Schaden kommen, ist ihnen egal. An der neunten roten Ampel, die sie ebenfalls überfahren, wird die Kreuzung vom Autofahrer C befahren, der gerade Grün hatte. Es kommt zum Unfall zwischen A und C. C verstirbt noch an der Unfallstelle. A ist nicht vorbestraft, B ist wegen mehrerer Verkehrsdelikte einschlägig vorbestraft.
Der Fall war dem Raser-Fall nachgebildet, der gerade vor dem BGH verhandelt worden war und bei dem die Strafbarkeit wegen Mordes durch den BGH verneint worden war.
Er ließ prüfen, ob in seinem Beispielfall Mittäterschaft zwischen A und B aufgrund eines gemeinsamen Tatplans (was letztendlich bejaht wurde), sowie ob eine Strafbarkeit wegen Mordes vorliege, § 211 StGB. Mordmerkmal war das gemeingefährliche Mittel. Besonders lebhaft diskutiert wurde im Rahmen des Vorsatzes, ob die Täter bedingten Vorsatz aufwiesen oder nur bewusste Fahrlässigkeit. Ein Teil der Prüflinge ging von bewusster Fahrlässigkeit aus, ein anderer Teil von Eventualvorsatz. Beides wurde für vertretbar gehalten, sofern man es mit Argumenten unterfüttern konnte. Wichtig, war, dass der Unterschied zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit sauber herausgearbeitet wurde.
Dann wurde kurz die fahrlässige Tötung angerissen, § 222 StGB, sowie der neue § 315d StGB, und das jeweils dazugehörige Strafmaß.
Abschließend wurde die Wirkung des BGH-Urteils auf das Rechtsempfinden der Bevölkerung gemeinsam sehr lebhaft diskutiert und wozu Strafe dienen soll (also die Straftheorien). Hier kam es insbesondere auf die Resozialisierung, die Generalprävention und Strafe als Sühne an.
Sofern etwas nicht klappte, hakte der Prüfer freundlich, aber bestimmt nach. Insgesamt eine sehr angenehme Prüfung mit nachvollziehbarer Bewertung.