Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hamburg vom Dezember 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg vom Dezember 2017. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 5,41
Aktenvortrag 8
Zivilrecht 10
Strafrecht 8
Öffentliches Recht 6
Endpunkte 5,88

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Error in Persona des Vordermanns bei mittelbarer Täterschaft, mutmaßliche/hypothetische Einwilligung, Tatbestandsmäßigkeit von ärztlichen Heileingriffen (und Einwilligungslösung)

Paragraphen: §223 StGB, §630d BGB, §25 StGB, §16 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort,  hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Nachdem der Prüfer während des Vortrags und in den beiden vorangegangenen Prüfungsgesprächen kaum ein Wort gesagt hat und auch weitestgehend den Blickkontakt mit uns gemieden hat, stiegen wir im letzten Gespräch im Strafrecht direkt in zwei Fälle ein, die beide im „Tatort Krankenhaus“ spielen sollten, wie der Prüfer vorab ankündigte.
Im ersten (recht kurzen) Fall, den der Prüfer gut verständlich und in einem angemessenen Tempo vorlas, sodass man die wichtigsten Eckpunkte mitschreiben konnte, ging es um eine medizinisch indizierte Operation anlässlich eines Knochenbruchs. Problematisch war, dass die Patientin zwar in die OP einwilligte, jedoch nicht über die mit der Operation verbundenen Risiken einer Wundinfektion etc. aufgeklärt wurde und sich diese Risiken bis hin zu schweren Folgen nach § 226 StGB auch infolge der OP verwirklichen sollten. Als Einstieg wollte der Prüfer hören, dass hier die §§ 223 ff. StGB einschlägig sind, die wir im Folgenden – allerdings ausschließlich anhand des Grundtatbestands § 223 StGB, denn weiter kamen wir nicht – durchgeprüften. Thematisiert wurden hier insbesondere die Tatbestandsmäßigkeit einer lege artis durchgeführten Operation (in Abgrenzung zur Lösung über die Einwilligung, wobei der Schutz der Patientenautonomie hier das maßgebliche Argument war) sowie eine mögliche Rechtfertigung des Arztes. Nachdem kurz Notstand genannt wurde und für nicht einschlägig befunden wurde, haben wir festgestellt, dass eine Einwilligung wegen fehlender Aufklärung gem. § 630d f. BGB nicht wirksam erteilt wurde – hier wollte der Prüfer noch kurz wissen, wieso die §§ 630a ff. BGB hier im Strafrecht überhaupt herangezogen werden können (Strukturähnlichkeit hins. Pflichtverletzung, Verschulden, Rechtswidrigkeit). Schließlich kamen wir auf die Figuren der mutmaßlichen (hier nicht einschlägig, da die Patienten hätte gefragt werden können) und hypothetischen Einwilligung zu sprechen, wobei länger diskutiert wurde, ob und warum letztere grundsätzlich anzuerkennen wäre und hier einschlägig wäre. Hier kam es dem Prüfer insbesondere auf die Argumente und nicht so sehr das Ergebnis an, an das ich mich auch nicht mehr erinnere, denn damit war dieser Fall auch schon vorbei.
Weiter ging es mit einem Fall der mittelbaren Täterschaft einer Krankenschwester, die eine todkranke Patientin von ihren Schmerzen erlösen will und deswegen ein starkes Schmerzmittel in tödlicher Dosis in eine Spritze mischte, welches der Patientin dann durch eine andere Krankenschwester verabreicht werden sollte. Diese verwechselte jedoch das Zimmer der Patientin und tötete somit eine andere Patientin. Gefragt war, soweit ich mich erinnere, nur nach der Strafbarkeit des Hintermanns – jedenfalls prüften wir nur die. Dabei wurde maßgeblich das Standardproblem des error in persona des Vordermanns im Rahmen der mittelbaren Täterschaft diskutiert, welcher hier wertungsmäßig einer aberratio ictus des Hintermanns entsprach. Hier wollte der Prüfer einige (ziemlich tiefgehende) Argumente für und gegen diese Konstruktion hören. Im Rahmen der Mordmerkmale ging es abschließend dann noch um die Heimtücke, wobei wir die verschiedenen Restriktionsansätze nannten und subsumierten und der Prüfer dann insbesondere zur feindlichen Willensrichtung Argumente hören wollte, weswegen diese hier wohl nicht vorlege. Auf das wohl entscheidende Argument/Kriterium kamen wir auch nach mehrfacher Nachfrage und Hinweis vom Prüfer auf die „Todesengel“-Rechtsprechung nicht wirklich – denn dann war die Prüfung auch schon vorbei.
Viel Erfolg