Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Baden-Württemberg vom Juli 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg vom Juli 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen:  Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 5,75
Aktenvortrag 1
Zivilrecht 4,5
Strafrecht 6
Öffentliches Recht 7,5
Endpunkte 12
Endnote 7,6

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Reform der Strafbarkeit des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Abbrechen von Rettungshandlungen, Rechtfertigender Notstand, Mutmaßliche Einwilligung, Erlaubnistatbestandsirrtum, Raub

Paragraphen:  §113 StGB, §13 StGB, §16 StGB, §34 StGB, §249 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Prüfung begann mit dem Hinweis auf die Reform der Strafbarkeit bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und der damit einhergehenden Frage, ob es denn zutrifft, dass bisweilen Strafbarkeitslücken hinsichtlich derartiger Handlungen bestanden (bspw. Versperren des Weges für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr).
Von dieser Grundfrage ausgehend bildete der Prüfer verschiedene Szenarien und ließ die jeweiligen Strafbar-keiten gem. der alten Gesetzeslage knapp durchprüfen.
Danach bildete er den Kurzfall einer ertrinkenden Person im Bodensee, die von einer vorbeilaufenden, unbekannten Person mit Rettungsring ohne weiteres gerettet werden könnte. Insbesondere ging es um die Abgrenzung zwischen Handlung und Unterlassen. Auch dieser Ausgangsfall wurde in unterschiedlichen Konstellationen vorgelegt. Dies stellte sozusagen das „Aufwärm-Programm“ dar.
Anschließend wurde der eigentliche Fall diktiert, der wie folgt lautet: Der in einem Mehrparteienhaus lebende T vernimmt einen Brand Geruch, sowie aus dem Türschlitz emporsteigenden Qualm.
Dieser kommt aus der Wohnung seiner Nachbarin N. Nachdem jegliche Versuche der Kontaktaufnahme scheitern (Klingeln, Klopfen, Rufen) tritt er die Tür ein und löscht das Feuer.
Hierbei ging es um die Frage der Rechtfertigung. Im Rahmen des § 34 ging es um die Problematik, dass die Interessenabwägung entgegen des Wortlauts jeweils die Rechtsgüter der N (Leben, Körper gegen Eigentum) betrafen. Zudem wollte der Prüfer auf die mutmaßliche Einwilligung raus.
Der Fall wurde dahingehend abgewandelt, dass T einen Feuerlöscher benötigt, welchen aber nur ein anderer Nachbar besitzt. Weil dieser aufgrund Alkoholkonsums die Herausgabe verweigert, stößt ihn T zur Seite, nimmt den Feuerlöscher aus dessen Wohnung und löscht den Brand unter voller Entleerung des Löschers.
Problematisierst sollte die Zueignungsabsicht im Rahmen des Raubs, sowie erneut die Rechtfertigung werden (auch Prüfung des § 32 II Var. 2, § 904 BGB).
Zuletzt wurde der Fall so abgewandelt, dass es in der Wohnung der N überhaupt nicht brannte, sondern diese lediglich am Kochen war. Der Erlaubnistatbestandsirrtum war unter Darlegung des Meinungsstreits durchzu-prüfen.
Geprüft wurden die Kandidaten zunächst nacheinander. Gegen Ende wurde von dieser Reihenfolge teilweise abgewichen, um die Zeitverteilung möglichst ausgeglichen zu gestalten.