Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Baden-Württemberg vom Juni 2025

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

6,86

Endnote

6,86

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Der A betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb 100 Meter weg von dem Rand eines großen Dorfes. Zwischen dem Betrieb und dem Dorf sind lediglich Wiesen und sonst keine Bebauung. Auf dem Betriebsgelände des A befindet sich das Wohnhaus des A und weitere zur Landwirtschaft genutzte Gebäude. Nun errichtet A am Rand des Hofes ein neues Gebäude, dieses hat eine Grundfläche von 120 qm und ist 2,40 m hoch. Das Gebäude möchte A für Ferienwohnungen für Urlaub auf dem Bauernhof nutzen. A hat keine Baugenehmigung für das Gebäude. Nachdem die zuständige Baurechtsbehörde davon erfährt, verfügt sie gegenüber A die Beseitigung des Gebäudes. A wehrt sich mit dem Argument, dass er als Betreiber von Landwirtschaft keine Baugenehmigung brauche. Nach erfolglosem Widerspruch möchte er nun Klage erheben.

Paragraphen: §65 LBO, §35 BauGB, §34 Bau GB, §49 LBO, §350 LBO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein,  lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner

Prüfungsgespräch:

Zunächst wurde die Zulässigkeit der Klage geprüft. Dabei wurde als statthafte Klageart auf die Anfechtungsklage abgestellt. Weitere Probleme im Rahmen der Zulässigkeit ergaben sich nicht. Der Prüfer wollte noch wissen, welche Besonderheit es bezüglich des Widerspruchsverfahrens im Baurecht in Baden-Württemberg seit neustem gibt. Dabei wollte er auf die Abschaffung des Widerspruchverfahrens im Rahmen der beschlossenen LBO-Novellierung hinaus. Diese Frage konnte jedoch keiner der Prüflinge beantworten.
Im Rahmen der Begründetheit begannen wir die Prüfung mit der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage, § 65 Abs. 1 S.1 LBO. Probleme bei der formellen Rechtmäßigkeit gab es nicht. 
Bei der materiellen Rechtmäßigkeit prüften wir die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Abs. 1 S.1 LBO. Dabei stellten wir fest, dass für eine Abbruchsanordnung sowohl formelle als auch materielle Baurechtswidrigkeit der baulichen Anlage gegeben sein muss. Der Prüfer wollte in dem Zusammenhang noch wissen, welche Anforderungen dagegen für die anderen bauaufsichtlichen Verfügungen bestehen. Im Rahmen der formellen Baurechtswidrigkeit prüften wir die Genehmigungspflichtigkeit des Gebäudes, wobei wir auch untersuchten, ob das Gebäude nach § 50 Abs. 1 LBO verfahrensfrei sein könnte. Nach der Bejahung der Genehmigungspflichtigkeit und damit auch formellen Baurechtswidrigkeit prüften wir die materielle Illegalität und im Rahmen dessen die Genehmigungsfähigkeit des Gebäudes. Bei der Frage nach der Genehmigungsfähigkeit prüften wir die §§ 29 ff. BauGB. Der Prüfer wollte zunächst die einzelnen Gebietstypen wissen. Daraufhin wurde problematisiert, ob sich der Bauernhof im Innen- oder Außenbereich befindet. In dem Zusammenhang wollte der Prüfer wissen, wo genau der im Zusammenhang bebaute Ortsteil endet und was unter einer Splittersiedlung verstanden wird. Schließlich kamen wir zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Bereich um einen Außenbereich handelt. Infolgedessen wurde geprüft, ob es sich bei dem Vorhaben um ein privilegiertes oder nicht-privilegiertes Vorhaben handelt. Es wurde diskutiert, ob die Ferienwohnung unter § 35 I Nr.1 fällt und damit privilegiert wäre. Wir lehnten dies im Ergebnis ab. Dann kamen wir zu der Einschränkung in § 35 II, III (kein Entgegenstehen öffentlicher Belange). 
Nachdem wir auch die materielle Baurechtswidrigkeit bejaht hatten, prüften wir noch das Ermessen und die Verhältnismäßigkeit. Dann war die Prüfung beendet.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg vom Juni 2025. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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