Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Bayern vom Juli 2023

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

8,49

Gesamtnote 1. Examen

10,10

Zur Sache:

Prüfungsstoff:  protokollfest

Prüfungsthemen: Diebstahl, Besonders schwerer Fall des Diebstahls, Diebstahl mit Waffen und Bandendiebstahl, schwerer Bandendiebstahl, Mittäterschaft

Paragraphen: §242 StGB, §243 StGB, §244 StGB, §244a StGB, §25 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hält Reihenfolge ein, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Zu Beginn hat uns die Prüferin folgenden Fall dargestellt. Hier empfiehlt es sich Notizen zu machen, da doch einige Details vorgetragen und später im Verlauf der Prüfung auch relevant wurden. A ist Mitglied einer Diebesbande, hat sich jedoch dazu entschieden, allein in ein Elektrogeschäft einzusteigen. Dazu hat er mit einem Vorschlaghammer, den er extra mitgebracht und später zurückgelassen hatte, die Tür des Hintereingangs zerstört und das Geschäft betreten. Von dort hat 20 Kisten mit PCs zu seinem PKW getragen, der rund 50 Meter entfernt geparkt war. Als er wegfahren will, springt der Motor seines Autos nicht an und er ruft seinen Bandenkollegen B an, dass dieser ihn abholen kommt. Dieser antwortet am Telefon, dass er ihn abholen komme und gleich einen Transporter nehme, um gleich noch mehr Beute einladen zu können. Andere Bandenmitglieder sollen von der Aktion nichts erfahren. A ist damit einverstanden und holt zehn weitere Kisten mit Computern aus dem Elektrogeschäft. Schließlich erscheint B mit einem Transporter, wobei eine Pistole auf dem Beifahrersitz liegt. Die beiden räumen die 30 Kisten in den Transporter und fahren zunächst zur Wohnung des A, wo sie die Kisten in die Wohnräume und dann in den Keller tragen. Zu diesem Zeitpunkt sieht A dann auch die Pistole des B im Auto liegen. Nach getaner Arbeit überlässt der A dem B zehn Kisten mit PCs als Dankeschön für die schnelle Hilfe. Zunächst galt es mit der Prüfung des A zu beginnen. Die erste Kandidatin hat mit der Prüfung des Grundtatbestands des § 242 StGB begonnen. Hier wollte die Prüferin auf die wichtigsten Punkte im objektiven Tatbestand hinaus, also beispielsweise die Definition des Gewahrsams, nicht jedoch eine Diskussion, ob es sich bei den PCs um fremde Sachen handelt. Die Prüferin wollte schon hier aber in die Details, beispielsweise ob und wann sich der Gewahrsamsbruch des Ladeninhabers realisiert. Hier galt es die Schlüsselworte „soziale Üblichkeit“ zu erwähnen und zu diskutieren, ob der Gewahrsam der sperrigen Kisten bereits mit dem Verladen in As Auto gebrochen ist. Dem ist wohl zuzustimmen. An dieser Stelle galt es die verschiedenen Phasen der Vollendigung und Beendigung anhand des konkreten Falles darzulegen. Außerdem galt es darzustellen, dass Diebstahl kein heimliches Delikt ist, also ein Beobachten des A durch den Ladeninhaber keine andere Bewertung nach sich zieht. An dieser Stelle wurde auch erörtert, wie es sich mit einem Ladendetektiv darstellen würde. Im subjektiven Tatbestand galt es v.a. auf die Zueignungsabsicht einzugehen. Der § 242 StGB ist also zu bejahen. Im Folgenden galt es auf § 243 und § 244 StGB einzugehen. § 243 StGB stellen Regelbeispiele dar, die Auswirkung auf die Strafzumessung haben, wobei § 244 StGB einen echten Qualifikationstatbestand darstellt. § 243 StGB wurde recht kurz abgehandelt, so reichte es der Prüferin, dass § 243 I 1 Nr. 1 und Nr. 2 kurz erläutert wurden. § 244 StGB wurde viel detaillierter geprüft. Zunächst galt es also § 244 I Nr. 1 a) StGB zu diskutieren. Der Hammer stellt keine Waffe im technischen Sinne dar, möglicherweise aber ein anderes gefährliches Werkzeug. Hier war es wichtig auf die Details einzugehen, bspw. dass für ein bei sich führen eine gewisse Nahsphäre des Werkzeugs zum Täter erforderlich ist, der Hammer war vorliegend von A mitgebracht worden und lag nicht nur im Auto. Alsdann galt es § 244 I Nr. 1 b) StGB zu erläutern und darzustellen, dass lit. b) überdies fordert, dass das Werkzeug bei sich geführt werden muss, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern. Ein Prüfling hat hier etwas unsauber gearbeitet und die Prüferin wollte dies dann nochmals genau erläutert bekommen. Natürlich kam das Gespräch auch auf § 244 I Nr. 2 StGB zu sprechen. Dessen Probleme wurden aber im Rahmen des schwereren § 244a StGB, dem schweren Bandendiebstahl, abgehandelt. Es galt also die Bande zu definieren. Hier war die Tat As Idee und der Rest der Bande sollte nichts mitbekommen. Hier sind die Voraussetzungen des § 243 I 2 oder § 244 I Nr. 1 oder 3 StGB erfüllt, Kernfrage war also das Mitwirken eines anderen Bandenmitglieds. Ist der Beitrag des B zur Beendigung bereits zu spät? Hier wurde, wie schon an anderen Stellen, argumentiert, ohne dass ein richtig oder falsch gab. Schließlich wollte die Prüferin noch wissen, wie die Zusage am Telefon einzuordnen ist. Hier galt es also die Mittäterschaft, § 25 I StGB näher darzustellen und die verschiedenen Theorien der Tatherrschaft darzustellen. An dieser Stelle waren alle Prüflinge zu ungenau, sie wollte wirklich Details z.B. hinsichtlich der engen oder weiten Tatherrschaftslehre wissen. Kurz kam das Gespräch noch auf eine Beihilfe. Anschließend wollte die Prüferin noch weitere mögliche Tatbestände genannt bekommen, etwa § 303 oder § 123. StPO wurde nicht abgefragt. Es tut mir leid, wenn ich möglicherweise nicht alle Details genannt habe, denn oftmals verlief die Prüfung ziemlich schnell und es kam durchaus vor, dass andere Prüflinge oder die Prüferin andere Ansichten hatten. Die Zeit vergeht aber sehr schnell. Ich würde empfehlen, Raub und Diebstahl genauer anzuschauen und auch hinsichtlich der Details bei den Qualifikationen sicher zu sein. Viel Erfolg!

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern vom Juli 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.