Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Berlin vom Juni 2020

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im Juni 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 7,00 4,0 4,0 6,5 6,5
Aktenvortrag 11 11 10 11 10
Zivilrecht 10 10 10 10 10
Strafrecht 14 11 10 11 10
Öffentliches Recht 11 9 9 9 9
Endpunkte 8,76 7,0 7,0 7,0 7,0
Endnote 8,76 7,0 7,0 7,0 7,0

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Mord, Straßenverkehrsdelikte, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

Paragraphen: §211 StGB, §315b StGB, §315c StGB, §113 StGB, §114 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort

Prüfungsgespräch:

Aufgrund der aktuellen Covid19-Situation wurden wir jeweils nur zu zweit geprüft. Dementsprechend dauerte das Prüfungsgespräch auch nur 20 Minuten.
Unsere Gruppe hatten den Vortrag im Strafrecht aus staatlicher Sicht gewählt und so führte der Prüfer auch das Vertiefungsgespräch im Strafrecht.
Konkrete Fragen zum Vortrag stelle er nicht. Er ging auf den prozessualen und materiellen Strafbegriff ein und wollte beides jeweils erklärt haben. Er wollte wissen welcher Begriff bei einer Anklageschrift zu Grunde gelegt wird.
Er wollte auch wissen, wie man eine Strafe bildet, wenn mehrere materiell-rechte Taten in Betracht kommen. Hier wollte er § 54 StGB hören, außerdem ist er auf die nachträgliche Gesamtstrafen Bildung eingegangen.
Er wollte den Unterschied bzw. die besonderen Anforderungen von Abs. 3 des § 112 StPO im Vergleich zu Abs. 2 hören.
Im Prüfungsgespräch schilderte er uns zu Beginn einen Fall, zu dem wir uns Notizen machen sollten und den er im weiteren Verlauf der Prüfung immer weiter entwickeln wollte.
Ehemann E lebt getrennt von seiner Frau F. Die beiden streiten vor dem Familiengericht um das Sorgerecht der gemeinsamen Tochter. Eines Tages lauert der E in der ehemals gemeinsam bewohnten Wohnung der F auf. Er versteckt sich dort mit einem Küchenmesser. Als die F nach Hause kommt, schleicht er sich von hinten an. F dreht sich um, als E unmittelbar hinter ihr steht, sieht E, in diesem Moment sticht E zu. Er versetzt der F 15 Messerstiche, an denen die F stirbt, wobei nicht geklärt werden kann, welcher Stich die Tötung herbeiführte. Später findet die Mutter des E die Leiche der F, ruft bei der Polizei an und sagt „Ich glaube, mein Sohn war es.“ Daraufhin stellt der Polizeibeamte weitere Nachfragen zum Tathergang.
Wir sollten sogleich mit der materiell-rechtlichen Prüfung beginnen, wobei dem ersten Kandidaten freigestellt wurde mit welchem Delikt er beginnt. Er begann mit § 211 StGB und der Prüfer wollte wissen welche Mordmerkmale in Betracht kommen. Und bei den einschlägigen Mordmerkmalen wollte er die Definitionen hören und geprüft haben, ob das jeweilige Merkmal vorliegt.
Bei dem Telefonat der Mutter mit der Polizei wollte er auf die Verwertbarkeitsprobleme eingehen und im speziellen sollte man erkennen, dass man das Telefonat in die verwertbare Spontanäußerung und die unverwertbare Aussage einteilen muss.
Der Fall ging weiter:
Der E verschwand in seinem Pkw vom Tatort und wurde hierbei von der Polizei verfolgt. Er fährt in eine Sackgasse und wendet, ein Polizist stellt sich in die Straße und gebietet dem E anzuhalten. E fährt mit 40 km/h auf den Polizisten zu, der sich nur mit einem Sprung zur Seite retten kann.
Hier wollte der Prüfer, dass mit der Prüfung des versuchten Mordes begonnen wird. Insbesondere ging es ihm um die Feststellung des Tötungsvorsatzes. Nachdem wir diesen ablehnten, gingen wir zur Prüfung der Straßenverkehrsdelikte über. Es ging um die Abgrenzung von § 315c und § 315b StGB. Er ging bei § 315b III iVm § 315 III StGB im speziellen auf die Verdeckungsabsicht und die Absicht einen Unglücksfall herbeizuführen ein. Wir beendeten die Prüfung mit den § 113 StGB und § 114 StGB. Wir sprachen hier auch noch die Möglichkeit eines besonderen schweren Falles an, soweit man den PKW als gefährliches Werkzeug ansehen möchte. Der Prüfer wollte auch wissen, ob wir den § 114 StGB schon woanders her kennen und ob die dortige Regelung schon einmal anderweitig im StGB zu finden war.
Dann war die Prüfung auch schon vorbei.