Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Berlin vom März 2024

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

8,25

Endnote

10,04

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Mord, versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung, Mordmerkmale, absolute und relative Revisionsgründe, Instanzenzüge und Besetzung der Gerichte, Maßregeln

Paragraphen: §211 StGB, §223 StGB, §28 StGB, §57a StGB, §338 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, lässt Meldungen zu, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer ist bekannt für seine Aktualität. Im Vorgespräch riet er uns schon LTO-Online zu abonnieren und uns gezielt auf dem Laufenden zu halten. Er kam auf den Mord bzw. versuchten Mord und die Vergewaltigung am Schloss Neuschwanstein zu sprechen. Der Täter, ein Amerikaner, hatte zwei junge Frauen (auch Amerikanerinnen), über das Internet kennengelernt und sie am Schloss Neuschwanstein auf einen einsamen Pfad gelockt. Dann hatte er eine der Frauen in eine Schlucht in die Tiefe gestürzt, welche den Stürz überlebte. Die andere Frau hatte er dann zunächst vergewaltigt und danach auch in die 50m tiefe Schlucht gestürzt. Diese Frau starb dabei. Er stellte dann einige Fragen. Wie kann es sein, dass ein Amerikaner hier in Deutschland der Prozess gemacht wird? Es ging um den Ort der Tat in § 9 StGB und die Geltung für Inlandstaten gem. § 3 StGB. Er fragte dann welche Taten wir als Staatsanwalt anklagen würden. Wir kamen auf Mord § 211 StGB bezüglich der getöteten Frau und versuchter Mord §§ 211, 22, 23 I StGB, sowie vollendete gefährliche Körperverletzung §§ 223, 224 und schwere Körperverletzung § 226 bzgl. der Überlebenden. Der versuchte Mord wurde durchgeprüft inklusive der Mordmerkmale Heimtücke und Ermöglichung einer anderen Straftat, der Vergewaltigung. Dabei kam es ihm hinsichtlich der Heimtücke auf die genauen Definitionen von Arglosigkeit, Wehrlosigkeit und feindlicher Wellenrichtung an. Auch wurde der Streit zum verwerflichen Vertrauensbruch angesprochen. Er fragte außerdem nach dem Verhältnis von Mord und Totschlag, den Streit und die Argumente von Rechtsprechung und Literatur und wann es darauf genau ankommt. Wir diskutierten dann über § 28 I StGB und § 28 II StGB. Weiter wollte er Argumente hören, die man als Strafverteidiger des Angeklagten vorbringen könnte. Er wollte hier hören der Angeklagte könnte nicht planmäßig gehandelt haben, sondern spontan und daher keine Arglosigkeit ausgenutzt haben. Beim Vorsatz bzw. dem Tatentschluss fragte der Prüfer nach den verschiedenen Vorsatzformen. Bei der Abgrenzung von dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit wollte er wieder die genauen Definitionen hören und bezüglich des dolus eventualis kamen wir auf die Billigungstheorie und die Möglichkeitstheorie zu sprechen. Es kam ihm darauf an den Unterschied zwischen den Theorien zu hören, also bei der Billigungstheorie ein kognitives und voluntatives Element vorliegen muss und bei der Möglichkeitstheorie ein kognitives Element ausreicht. Das unmittelbare Ansetzen lag unproblematisch vor durch das Runterstoßen. Auch hier wollte der Prüfer wieder eine Definition hören. Dann prüften wir noch kurz die vollendete gefährliche Körperverletzung und der Prüfer fragte nach den Konkurrenzen. Einige Prüflinge ließen die KV hinter dem versuchten Mord zurücktreten, weshalb der Prüfer weitere Prüflinge nach ihrer Meinung fragte. Ich antwortete schließlich, dass die Delikte nebeneinander stehenbleiben, da das besondere Unrecht der vollendeten Körperverletzung neben dem Versuch des Mordes stehen bleibt. Das wollte er hören. Wir gingen über zur Prüfung des Mordes an der anderen Frau und der Prüfer fragte noch, ob wir wissen, wo die Vergewaltigung geregelt ist. Er betonte auch, dass es nicht schlimm sei, wenn wir es nicht wüssten, aber eine Kollegin sagte direkt § 177 StGB. Weiterhin fragte der Prüfer nach dem Strafmaß bei Mord. Lebenslange Freiheitsstrafe und was evtl. möglich ist. Ich kam auf § 57a StGB, die Aussetzung des Strafarrests bei lebenslanger Freiheitsstrafe. Dabei kam es ihm darauf an, dass es nach § 57a I Nr. 2 StGB nicht möglich ist, wenn die besondere Schwere der Schuld feststeht. Er wollte wissen, ob ich das hier bejahen würde. Ich bejahte es aufgrund der Doppeltat des Mordes und versuchten Mordes sowie der Vergewaltigung. Das kam bei ihm gut an. Ein anderer Prüfling wurde dann noch gefragt, wo die Taten anzuklagen seien, also bei welchem Gericht. Richtige Antwort war das Schwurgericht gem. § 74 II StPO. Er wollte noch die Besetzung hören, 2 Schöffen und 3 Berufsrichter. Und welche Rechtsmittel möglich seien. Hier die Revision zum BGH. Auch fragte er nach den Rechtsmitteln, welche nach der 1. Instanz vom Amtsgericht möglich sind. Berufung zum Landgericht zur kleinen Strafkammer und dann noch Revision zum OLG. Wichtig war ihm außerdem die Unterscheidung zwischen Revision als Überprüfung von Rechtsfehlern und Berufung als neue Tatsacheninstanz. Im weiteren Verlauf kamen wir noch auf absolute und relative Revisionsgründe zu sprechen gem. §§ 337, 338 StPO. Dabei war ihm wichtig, dass die relativen Revisionsgründe gem. § 337 StPO auf einer Verletzung des Gesetzes beruhen, während die absoluten Revisionsgründe aus § 338 StPO in der Norm genau benannt sind und auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen sind. Zum Schluss ging es noch kurz Maßregeln der Sicherung und Besserung gem. §§ 61 ff StGB. Er wollte darauf hinaus, dass eine Strafe immer die Schuld des Täters voraussetzt, während die Maßregeln gerade keine Schuld des Täters voraussetzen, da diese gem. § 20 StGB entfällt. Dann war die Prüfung auch schon vorbei.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin vom März 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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