Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Brandenburg vom Dezember 2020

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Brandenburg im Dezember 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 10,71
Aktenvortrag 8
Zivilrecht 14
Strafrecht 14
Öffentliches Recht 14
Endpunkte 11,14
Endnote 11,14

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Strafrechtlicher Fall mit insb. Totschlag und Mord, Körperverletzungsdelikten und Straßenverkehrsdelikten

Paragraphen: §212 StGB, §211 StGB, §226 StGB, §315c StGB, §316 StGB

Prüfungsgespräch: hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, hart am Fall, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Zu Beginn der Prüfung teilte uns der Prüfer einen Auszug aus einer Akte aus, den wir im Folgenden lesen sollten (dazu bekamen wir kurz Zeit und sollten ihm Bescheid geben, sobald wir den Fall gelesen hatten). Bezüglich der Einzelheiten des Falles bin ich mir leider nicht mehr 100% sicher, aber grob ging es darum, dass der Angeklagte X alkoholisiert auf einer Landstraße unterwegs war und mit Tötungsvorsatz auf ein anderes Auto auffuhr, um den Fahrer des Autos (B) zu töten. Der Fahrer (B) bemerkte erst kurz vor dem Aufprall, dass der X versuchte, auf sein Auto aufzufahren. Der B verstarb allerdings nicht, sondern konnte gerettet werden. Zusätzlich fand sich in der Akte noch ein Hinweis darauf, dass es beim Unfallopfer zu schweren und langfristigen Folgen kam (leider bin ich mir nicht mehr ganz sicher, was genau in dem Auszug stand, aber jedenfalls war deutlich erkennbar, dass man § 226 StGB prüfen sollte). Ich begann die Prüfung mit dem versuchten Mord nach §§ 211, 22, 23 I StGB. Nach einer kurzen – hier unproblematischen – Vorprüfung kam ich zum Tatentschluss. Dass der X Tötungsvorsatz hatte, war aus dem Aktenauszug relativ deutlich auszulesen, sodass ich den Vorsatz insoweit relativ knapp bejahte. Dann ging ich auf die Mordmerkmale ein. Da der Prüfer mir das Wort mit der Aufforderung gegeben hatte, erst einmal „los zu prüfen“, brachte ich für alle nicht vollkommen fernliegenden Prüfungspunkte auch immer kurz die entsprechende Definition. Im Rahmen der Mordmerkmale begann ich mit der Prüfung der Heimtücke, die ich nach kurzer Subsumtion bejahte. Darauffolgend prüfte ich die Variante „mit gemeingefährlichen Mitteln“, die ich ebenfalls bejahte. Dann gab der Prüfer das Wort an meinen Mitprüfling weiter, der die niedrigen Beweggründe prüfte (ob wir diese i.E. bejaht hatten, weiß ich gar nicht mehr genau). Jedenfalls stellte der Prüfer sodann die Frage, wieso man überhaupt immer nach der Bejahung eines Mordmerkmales noch weiter prüfen würde, ob nach andere Mordmerkmale einschlägig seien, da ja nach § 211 I StGB bereits bei Bejahung eines Mordmerkmals eine lebenslange Freiheitsstrafe besteht. Nach etwas Suchen und Hilfestellung vom Prüfer kamen wir insoweit auf § 57a I Nr. 2 StGB (die Verwirklichung einer Reihe von Mordmerkmalen kann dazu führen, dass die besondere Schwere der Schuld festgestellt wird und das kann u.U. einer Aussetzung des Strafrestes entgegenstehen). Soweit ich mich richtig erinnere, habe ich danach die §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2, Nr. 3 und Nr. 5 StGB geprüft, die ebenfalls relativ unproblematisch zu bejahen waren. Danach prüft ein Mitprüfling den § 226 StGB. Danach schließlich kamen wir noch zu den Verkehrsdelikten. Einer der anderen Mitprüflinge begann zunächst mit § 315c I Nr. 1a) StGB, der an sich auch durchging. Nach einem Hinweis durch den Prüfer stellten wir allerdings fest, dass das Tatbestandsmerkmal „dadurch“ in § 315c I Nr. 1a) hier problematisch war, weil die konkrete Gefährdung des B nicht auf die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des X zurückzuführen war, da ja der X vielmehr vorsätzlich (und sogar mit dolus directus 1. Grades) handelte. Mit dieser Begründung lehnten wir § 315c I Nr. 1a) schließlich ab und kamen zu § 315b I Nr. 3 StGB und dem klassischen Problem des pervertierten Inneneingriffs. Diesen bejahte ich nach kurzer Herleitung und sprach dann noch kurz die Qualifikation des § 315b III i.V.m. § 315 III StGB an, die ebenfalls zu bejahen war. In dem uns vorgelegten Aktenauszug gab es auch einen zweiten Tatkomplex, auf den wir allerdings aus Zeitgründen kaum eingingen. Zu prüfende Delikte wären u.a. §§ 142, 222 und §§ 212, 13 I StGB gewesen (insoweit ist meine Erinnerung ehrlicherweise allerdings auch etwas verschwommen). Zum Ende der Prüfung stellte der Prüfer schließlich noch ein paar StPO-Fragen, bei denen er jedoch entweder großzügig Hilfe gab oder die bereits mit Basiswissen/mit Lektüre des Gesetzes beantwortet werden konnten.