Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hessen Juni 2015

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Orginal-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen vom Juni 2015. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 6,9 5,3 7,3 6,3 6,4
Zivilrecht 7 7 9 8 9
Strafrecht 8 7 7 7 7
Öffentliches Recht 8 8 9 9 8
Endpunkte 7,67 7,33 8,33 8,33 8
Endnote 7,16 5,97 7,64 6,93 6,93

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Unmittelbare Ansetzen beim versuchten Mord, Körperveretzungsdelikte, Error in persona – aberatio ictus, Lebenslange Freiheitsstrafe, Unterschied: Echte und unechte Unterlassungsdelikte

Paragraphen: §211 StGB, §212 StGB, §223 StGB, §224 StGB, §323c StGB

Prüfungsgespräch: Diskussion

 

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte uns einen kurzen Fall. A und B streiten sich. Der Streit artet derart aus, dass A dem B droht erschießen zu wollen.

Am nächsten Tag klopft A bewaffnet an die Tür des B. C öffnet, was A auch erkennt. A schießt und verletzt den C.

Strafbarkeit gegenüber C.

Es kam daher zur Prüfung der §§ 211, 212, 22, 23 sowie §§ 223, 224 I Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5.

Im Rahmen der Mord- Prüfung sollte kurz auf das Merkmal „Hinterlistig“ eingegangen werden. Ihr wurde unter anderem auf die Problematik hingewiesen, dass die Mordmerkmale zu unbestimmt sind, und daher aktuelle Reformbestrebungen bestehen.

Eine Hinterlistigkeit wurde vorliegend jedoch abgelehnt. Hauptpunkt war es zu problematisieren, ob A mit Vorsatz in Bezug auf C handelte. Diesbezüglich wurde vorerst auf den error in persona und den aberatio ictus eingegangen. Beide wurden abgelehnt, denn A erkannte den C und setzte daher in vollem Bewusstsein an. Im Rahmen dieser Prüfung fiel jedoch auf, dass der Sachverhalt eher unvollständig war, und man ihn sich in seiner Prüfung eher zurecht biegen musste.

Im weiteren Verlauf wurde auf die unterschiedlichen Vorsatz- Arten eingegangen. Letztlich wurde davon ausgegangen, dass gerade kein error in persona bzw. abberatio ictus vorlag, sondern A mit mindestens dolus eventualis handelte.

Darauf folgend wurde der Tatbestand der §§ 223, 224 einmal durchgeprüft.

Im weiteren Verlauf sollte geprüft werden, ob ein versuchter Mord gegenüber B vorlag. Hier sollte vor allem problematisiert werden, ob das Klopfen an die Tür bereits als unmittelbare Ansetzten zu werten ist. Aufgrund des nur vagen Sachverhaltes taten wir uns schwer, eine Aussage zu treffen. Der Prüfer wollte den Sachverhalt jedoch nicht weiter präzisieren, und meinte wir müssen damit arbeiten, was wir haben.

Nach längerer Diskussion wurde ein unmittelbare Ansetzten abgelehnt. Zwar könnte man es gegebenenfalls vertreten, dass eine Person, welche mit einer Waffe vor der Wohnungstür einer Person steht, welche er umbringen will, durch das Klopfen bereits unmittelbar ansetzt, jedoch stellt sich hier das Problem, dass ein solches Ansetzten definitiv nicht vorliegen würde, wenn die Person nicht aufmacht. Demnach könne man auch in dem Fall, dass die Person die Tür öffnet, nicht durch das bloße Klopfen ein unmittelbares Ansetzten annehmen.

Diese Prüfung zog sich vor allem aufgrund des nur vagen Sachverhaltes sehr in die Länge.

Daran knüpfte sich die Frage an, ob eine „lebenslängliche“ Freiheitsstrafe tatsächlich bedeutete, dass man sein ganzes Leben im Gefängnis verbringen müsste. Es wurde angeführt, dass eine lebenslängliche Freiheitsstrafe maximal 15 Jahre betragen würde. Hier wurden vorerst mehrere mögliche §§ des StGB angeführt. Letztlich normierte jedoch keine dieser Normen eine Beschränkung auf 15 Jahre. Es wurde daher weiter angeführt, dass der BGH in Bezug auf Art. 1 Abs. 1 GG ausgeführt hatte, dass eine Freiheitsstrafe maximal 15 Jahre betragen darf. Weiter sollte auf die „Schwere der Schuld“ eingegangen werden. Hier wurde gesagt, dass diese z.B. erkannt wird, sobald 2 Mordmerkmale zusammen verwirklicht wurden, und bedeutet, dass eine Entlassung vor Ablauf der 15 Jahre nicht möglich sein soll.

Nun wurde ein weiterer Fall geschildert. A arbeitet mit seinem Vorarbeiter (eine Art Chef) sowie 2 weiteren Arbeitern zusammen.

Diese 2 weiteren Personen mobben den A während der Arbeit mehrfach. Irgendwann kommt es soweit, dass diese 2 Arbeiter mit dem Knüppel auf A losgehen, während der Vorarbeiter daneben steht, und nicht eingreift.

Es wurde zuerst auf den Unterschied zwischen echten und unechten Unterlassungsdelikten eingegangen. Bei echten Unterlassungsdelikten ergibt sich die Strafbarkeit aus Begehen des Tatbestandes (welcher eine bestimmte Handlung verlangt), bei einem unechten Unterlassungsdelikt wird eine Garantenpflicht nicht wahrgenommen.

Da die Zeit bereits sehr vorangeschritten war, reduzierte sich die Prüfung auf die Frage, ob der Vorarbeiter eine Garantenpflicht für seinen Untergebenen hat. Eine solche aus Ingerenz herzuleiten, wurde mangels entsprechendem Vorverhalten letztlich abgelehnt. Es wurde länger geprüft, ob eine solche Garantenpflicht aus dem Arbeitsvertrag heraus resultiert. Hier könnten unterschiedliche Meinungen vertreten werden, letztlich wollte der Prüfer eine solche jedoch verneint wissen.

Nun wurde eine Garantenpflicht aus einer Art sozialen Nähe Verhältnis heraus abgeleitet. Dies wurde aufgrund der Zeit jedoch nicht näher ausgeführt.

Die Prüfung verlief recht angenehm. Im Gegensatz zu den Sachverhalten in der Universität, sollte man sich als Prüfling jedoch darauf einstellen, dass die Sachverhalte eher unvollständig sind. Der Prüfer möchte dadurch einen gewissen Praxisbezug herstellen. Die Notengebung war wohl fair, jedoch nicht sonderlich großzügig.

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