Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hessen vom April 2025

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

6,2

Endnote

7,0

Zur Sache:

Prüfungsthemen: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Werkvertragsrecht

Paragraphen: §631 BGB, §633 BGB, §634 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

A bestellt bei B einen Metallrahmen, den er benötigt, um eine tragende Wand in seinem Haus abzustützen. Der Rahmen wird geliefert und zunächst eingebaut. Kurze Zeit später wird bekannt, dass Metallrahmen aus derselben Produktionscharge wie der von A gelieferte in mehreren Fällen Produktionsmängel aufgewiesen haben. Zwar zeigt der bei A eingebaute Rahmen zum Zeitpunkt der Entdeckung keine sichtbaren Mängel, doch A befürchtet, dass auch sein Rahmen betroffen sein könnte und seine Tragfähigkeit gefährdet ist. Er wendet sich deshalb an B und verlangt entweder die Lieferung eines neuen Rahmens oder die Rückabwicklung des Kaufvertrags. I. Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts Zunächst ist zu klären, ob Werkvertragsrecht anwendbar ist. Wenn der Metallrahmen nicht nur geliefert, sondern auch zur Abstützung einer Wand eingebaut wird und damit Teil eines Bauwerks ist oder eine Bauleistung darstellt, liegt ein Werkvertrag (§ 631 BGB) vor. Der Erfolg besteht hier nicht nur in der bloßen Lieferung, sondern in der funktionsfähigen, sicheren Herstellung eines Bauzustands (Stichwort: „Erfolg geschuldet“). Deshalb ist Werkvertragsrecht einschlägig. II. Anspruch auf Nacherfüllung gem. §§ 634 Nr. 1, 635 BGB A könnte einen Anspruch auf Nachbesserung oder Neulieferung (ggf. Austausch) des Metallrahmens haben. 1. Werkvertrag (§ 631 BGB) Ein wirksamer Werkvertrag zwischen A und B liegt vor. B schuldete die Lieferung eines Metallrahmens zur Abstützung einer tragenden Wand – ein konkreter werkvertraglicher Erfolg. 2. Mangel (§ 633 BGB) Nach § 633 Abs. 1 BGB ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet. Hier wurde kein konkreter Defekt festgestellt, aber: Die Charge, aus der der Rahmen stammt, weist nachgewiesen eine signifikante Fehleranfälligkeit auf. Diese Unsicherheit über die Tragfähigkeit betrifft die Tauglichkeit für den vorgesehenen Zweck, nämlich die sichere Abstützung einer tragenden Wand. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH zur Mangelanfälligkeit (Serienfehler) liegt ein Mangel i.S.d. § 633 Abs. 2 BGB vor. Entscheidend ist, dass das Werk nicht die Sicherheit vermittelt, die ein Bauherr bei der Verwendung eines tragenden Bauteils erwarten darf.
Also: Der Metallrahmen ist mangelhaft, da seine Eignung für den vorgesehenen Zweck zweifelhaft ist. 3. Mangel bei Abnahme Die Fehleranfälligkeit bestand bereits bei der Lieferung. Eine spätere Entdeckung ändert daran nichts. Ein Mangel bei Abnahme liegt vor. 4. Kein Ausschluss Ein Ausschluss der Mängelrechte (§ 640 Abs. 3 BGB) liegt nicht vor – insbesondere hat A den Mangel nicht gekannt oder genehmigt. 5. Rechtsfolge: Nacherfüllung (§ 635 BGB) A kann verlangen, dass B das Werk nachbessert – entweder durch Austausch des Rahmens oder, falls technisch geboten, durch Rückbau und Neueinbau eines mangelfreien Teils. III. Rücktritt vom Vertrag (§ 634 Nr. 3, § 636, § 323 BGB) Falls B die Nacherfüllung verweigert oder eine angemessene Frist erfolglos verstreicht, kann A auch vom Vertrag zurücktreten (§§ 634 Nr. 3, 636, 323 BGB). Eine Fristsetzung könnte ggf. entbehrlich sein, wenn der Mangel gravierend ist und A eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). IV. Minderung (§ 634 Nr. 3, § 638 BGB) Alternativ zum Rücktritt kann A den Werklohn mindern, falls er das Werk behält. Die Höhe der Minderung richtet sich nach dem Verhältnis zwischen mangelfreiem und mangelhaftem Werk (§ 638 Abs. 3 BGB). V. Schadensersatz (§ 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB) Voraussetzung: Pflichtverletzung + Fristsetzung + Vertreten müssen. Wenn A z.B. Ausbaukosten hat oder Folgeschäden eintreten, kann er ggf. Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn B entweder die Mängel verschuldet hat oder keine Abhilfe schafft. Beachte: Beim Werkvertrag muss der Unternehmer regelmäßig darlegen, dass ihn kein Verschulden trifft (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). VI. Ergebnis A hat gegen B einen Anspruch auf Nacherfüllung nach § 635 BGB, da der gelieferte Metallrahmen wegen der bekannten Mängelanfälligkeit als sicherheitsrelevanter Mangel anzusehen ist. Bei Verweigerung oder erfolgloser Fristsetzung kann A zurücktreten, den Preis mindern oder Schadensersatz geltend machen.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen vom April 2025. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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