Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Brandenburg vom März 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Brandenburg vom März 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen:  Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 6,71
Aktenvortrag 9
Zivilrecht 13
Strafrecht 9
Öffentliches Recht 7
Endpunkte 9,4
Endnote 7,71

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Strafrecht allgemeiner und besonderer Teil, StPO

Paragraphen:  §242 StGB, §244 StGB, §243 StGB, §258 StGB, §274 StGB

Prüfungsgespräch:Diskussion, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer hat das Prüfungsgespräch damit eingeleitet, dass er einen Fall ausgegeben hat. Dieser lautet wie folgt:
T schlägt nachts die Scheibe der Terassentür des Wohnhauses des O ein, um Wertgegenstände zu stehlen. Als er das Schlafzimmer des O betritt, bemerkt er den schlafenden O. Um die Tat ungestört fortsetzen zu können, schließt er die Schlafzimmertür von außen zu, nimmt dann im Wohnzimmer diverse Gegenstände an sich und entkommt mit der Beute. O bemerkt die Tat erst am nächsten Morgen und erstattet Strafanzeige.
Die Polizei sichert Spuren und T wird durch einen Abgleich als Spurenverursacher ermittelt. Daraufhin wird gegen T ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und es wird ihm rechtliches Gehör gewährt. // T beauftragt Rechtsanwalt R mit seiner Verteidigung. R beantragt bei der Staatsanwaltschaft für 3 Werktage Akteneinsicht, die ih gewährt wird. Als R die Akten nach 2 Wochen noch nicht zurückgesandt hat, schreibt ihm Staatsanwalt S und bittet um Rücksendung. Es vergehen wiederum 2 Wochen und S bittet erneut schriftlich um Aktenübersendung. Hierfür setzt er eine Frist von 1 Monat, die Ergebnis verstreicht. R meldet sich nicht.
Zunächst sollte nur der erste Abschnitt des Sachverhalts also bis // geprüft werden.
Wir sammelten zunächst die einschlägigen Straftatbestände: §§ 239, 242, 244, 243. Im Laufe der Prüfung wurde noch §§ 249, 123 und 303 genannt.
Dann wurde nach dem Verhältnis des § 244 zu § 243 gefragt. § 243 = Regelbeispiel/Strafzumessung und § 244 = Qualifikation. Diese stehen in Gesetzeskonkurrenz (Tateinheit gem. § 52 war zwar richtig, wollte er aber nicht hören). Arten der Gesetzeskonkurrenz? Konsumtion, Subsidiarität und Spezialität. Sodann wurde erst § 242 und § 244 I Nr. 3 getrennt und kurz durch subsumiert.
Es folgte ein Ausflug in das GVG und die StPO: Was für eine Straftat stellt § 244 I Nr. 3 dar? Vergehen oder Verbrechen? Vergehen gem. § 12 I StGB. Wo landet wohl dieses Verfahren? Vor dem Strafrichter gem. § 25 GVG und nicht Schöffengericht gem. § 28 GVG. (Hier war es dem Prüfer sehr wichtig, dass man die unterschiedlichen Tatbestandsmerkmale herausarbeitet: Vergehen und Privatklagedelikt oder erwartete Freiheitsstrafe unter 2 Jahren.)
Ist ein Privatklagedelikt gegeben? Nein, da § 244 nicht im Katalog des § 374 StPO genannt ist. Wie ist der Fall, wenn man noch § 244 IV bejaht? Dann liegt kein Vergehen mehr vor und § 25 GVG ist nicht mehr einschlägig. Das Verfahren landet also bei dem Schöffengericht.
Wir prüften § 239 und besprachen die Problematik, das O zum Tatzeitpunkt schlief (aktueller oder genereller Fortbewegungwille). Es wurden auch §§ 249 und 123 angesprochen. Diese wurden aber kurz abgelehnt, da zum einen keine Gewalt i.S.v. § 249 vorlag und § 123 im Wege der Gesetzeskonkurrenz wegfällt.
Der Prüfer leitete uns dann zu § 303. Er wollte wissen, dass das für ein Delikt ist: Erfolgsdelikt in Abgrenzung zum Tätigkeitsdelikt. Dabei wurde auch das (abstrakte und konkrete) Gefährdungsdelikt kurz angesprochen. Es wurde auch die Antragsdelikte kurz besprochen (absolut und relativ). Dann wurden die Kausalität und die objektive Zurechnung mit einer genauen Definition durchgeprüft. Der Prüfer wollte dabei wissen, welche Ausnahmefälle es zu der objektiven Zurechnung gibt (Für die rechtlich relevante Gefahr: Risikoverminderung, Sozial Adäquanz, menschlich beherrschbar und für den Risikozusammenhang: Schutzzweck der Norm, In Adäquanz und Dazwischentreten Dritter). Zusätzlich wollte er auch Beispielsfälle hören. Dabei wurden die Fälle des zu schnellen Fahrens genannt (Geschwindigkeitsbegrenzungen sind dafür da die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten und nicht, um zu einem späteren Zeitpunkt an einem Ort zu sein) und die Fälle des „Wegschubsens“ genannt (A sieht, dass B gleich vom Auto überfahren wird und stößt diesen daher weg. Dabei zieht sich B eine Prellung zu, er wäre aber bei einer Kollision mit dem Auto wahrscheinlich verstorben oder hätte sich zumindest schwerwiegend verletzt). Beide Fälle schienen dem Prüfer nicht ganz zuzusagen.
Daraufhin begannen wir mit der Prüfung des zweiten Abschnitts.
Wir begannen wieder damit die einschlägigen Delikte zu sammeln. Also §§ 133, 242, 246, 258, 274. Der Prüfer fragte nach dem Schutzzweck des § 242. Eigentum Als die Antwort „Vermögen“ fiel, ließ er den § 242 mit dem § 263 vergleichen. Sodann fragte er, was das für ein Verhalten ist, wenn der Anwalt die Akte für eine so lange Zeit einbehält: Unterlassen der Herausgabe. Was bedarf es dann für eine Strafbarkeit? Einer Rechtspflicht zum Handeln gem. § 13 (der Prüfer wollte dabei das Schlagwort „Garant“ hören).
Es wurde auch § 133 und § 258 durchsubsumiert. Der Prüfer war dabei erfreut, dass der § 133 gesehen wurde.
Dann wurden wir gefragt, wie wohl der Staatsanwalt an die Akte kommen könnte. Es wurde die Aufforderung zur Herausgabe, die Klage auf Herausgabe und eine Durchsuchung gem. §§ 103 ff. StPO genannt. Der Prüfer fragte sodann, ob der Staatsanwalt die Durchsuchung veranlassen kann.
Nur bei Gefahr im Verzug, ansonsten der Ermittlungsrichter gem. § 105 StPO. Als der Prüfling die Norm nicht gleich nannte, fragte der Prüfer: „was prüfen Sie denn gerade?“ Die Tatbestandsvoraussetzungen „Wo stehen diese?“ In der Norm. Der Prüfer schien bei diesen Antworten nicht verärgert, sondern verständnisvoll, da der § 105 StPO nicht sofort abrufbar war.
Anschließend wurde gefragt, ob der Richter die Durchsuchung des R im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den T anordnen kann. Nein, es muss ein neues Ermittlungsverfahren gegen den R eröffnet werden, da dies getrennte Handlungen darstellen. Was muss dafür vorliegen? Tatverdacht gem. § 152 II StPO. Zuletzt fragte der Prüfer was in der Handlung zu sehen ist, dass der R sagt: „Diese Akten sind jetzt meins“. § 246. Und eine weitere Strafbarkeit? § 274. Damit endete die Prüfung.
Insgesamt ist der Prüfer ein sehr einfühlsamer Prüfer. Er prüft aber eher Stichwort lastig. Bei Teilen der Prüfung haben die Prüflinge nur mit einem Wort geantwortet.