Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Januar 2020

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im Januar 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 60
Zivilrecht 12
Strafrecht 15
Öffentliches Recht 13
Endpunkte 100
Endnote 11

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Versammlungsrecht

Paragraphen: §8 GG, §14 VersG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Zunächst diktierte der Prüfer einen kleinen Fall.
A sah die Freiheit in Gefahr und rief deswegen bei Facebook zu einer Veranstaltung auf. Er wollte einen Bierdosenflashmob durchführen. Die Teilnehmer sollten alle Bierdosen mitbringen, diese sollten dann auf Kommando geöffnet und ausgetrunken werden, danach sollte in eine Diskussion über die Freiheit stattfinden. Die ganze Aktion sollte in einer Shopping-Mall stattfinden. Diese Mail wurde von Privaten Betreiber unterhalten. Die öffentliche Hand war kein Anteilseigner. Die Shopping Fall war nicht überdacht und auch nicht zu den Seiten hin begrenzt. Das Konzept der Fall war dahingehend zu verstehen, dass sie durch jedermann genutzt werden sollte.
Nun war fraglich, wie dieser Sachverhalt zu bewerten ist, vor allem, ob A die Veranstaltung durchführen dürfte.
Zunächst wurde direkt auf das VersG eingegangen und versucht die Veranstaltung des A unter den Begriff der Versammlung, wie sie im VersG steht zu subsumieren. Der Begriff der Versammlung wurde definiert. Der Prüfer wollte genau wissen, wie viele Personen man für eine Versammlung bräuchte. Es wurde geantwortet, dass zwei ausreichen. Der Prüfer frage weiter, warum zwei Personen denn schon ausreichen sollten und ob es nicht auch andere Ansichten gibt. Zwei Personen sind ausreichend, da somit der Einzelne vor der Isolation geschützt wird und dem Verlust des letzten Freundes entgegengewirkt werden soll. Eine andere Ansicht stellt auf 7 Personen ab. Diese leitet diese Zahl aus dem Vereinsgesetz her. Diese Antwort konnte der gefragte Kandidat leider nicht liefern. Das störte der Prüfer jedoch nicht ersichtlich, denn er antwortete „nicht schlimm, ist auch nicht so wichtig“. Der Begriff der Versammlung wurde weiter dezidiert erläutert. Als nächstes war fraglich, welchen Zweck die Versammlung verfolgen müsste. Es wurden der weite, der etwas engere und der enge Versammlungsbegriff erläutert. Ein Prüfling versuchte zu argumentieren, warum eine Versammlung zwingend einen politischen Zweck verfolgen müsste, um in den Schutzbereich zu fallen. Er nannte die Argumente der Bedeutung des Art 8 GG für die Demokratie. Der Prüfer hielt dagegen, ob dies nicht gerade für einen weiten Versammlungsbegriff sprach, um die Freiheit der Bürger möglichst umfassend zu schützen. Der Prüfling wusste nicht wirklich weiter und stimmte der Prüfer zu. Der Prüfer wollte von ihm weiterwissen, welcher Nicht das BVerfG folgt. Das BVerfG fordert die Verfolgung eines im öffentlichen Interesse liegenden Zwecks.
Weiter wollte der Prüfer wissen, ob so ohne Weiteres iR des VersG auf Art 8 GG abgestellt werden könnte. Ds war zu verneinen, da die Versammlung des VersG nicht notwendigerweise der des Art 8 GG entspricht. Art 8 GG ist ein Deutschengrundrecht, das VersG erfasst in persönlicher Hinsicht jedermann. Auch gibt einen keinen Friedlichkeitsvorbehalt. Somit scheint das VersG erst einmal weiter als Art 8 GG. Der Prüfer wollte wissen, ob dies immer so sei, also ob das VersG einen weiteren Schutzbereich hat als Art 8 GG. Dies ist nicht der Fall, weil gem §14 VersG die Versammlung anmeldepflichtig ist. Nun sollte darauf eingegangen werden, dass diese Norm verfassungskonform ausgelegt werden müsste, da sie sonst Art 8 GG entgegensteht. Der Prüfer fragte ob dies die einzige Möglichkeit wäre. Es wurde geantwortet, dass §14 VersG auch als verfassungswidrig angesehen werden könnte. Die Verfassungskonforme Auslegung ist jedoch sachgerechter, da sie Anmeldung auch Vorteile für die Versammlung haben kann, indem sich die Behörden vorbereiten können und den Schutz der Versammlung gewähren können. Nun ging es zurück zu gestelltem Fall. Es sollte geprüft werden, ob A die Versammlung durchführen darf oder nicht. Ein Prüfling fing an die in Betracht kommenden Grundrechte dh Art 8 GG und Art 14 GG gegeneinander abzuwägen und kam zu dem Schluss, dass der Fall Betreiber das Hausrecht besaß und somit berechtig wäre die Versammlung zu untersagen. A könne sich nicht über das Grundrecht anderer stellen. Ein anderer Prüfling stellte darauf ab, dass die Mail vertrieben würde gerade um die Allgemeinheit anzulocken und somit die Benutzung dem Gemeingebrauch entsprach. Art 8 GG schützt auch die Auswahl des Versammlungsortes, so lange dieser frei zugänglich ist. Gras ist Privateigentum nicht frei zugänglich, aber würde der Fall Betreiber hier die Versammlung untersagen, würde er sich zu dem eigentlichen Konzept seiner Mail in Widerspruch setzen. Somit hätte A im Ergebnis das Recht die Versammlung durchzuführen.
Der Fall wurde etwas abgewandelt. Der Vertreiber der Fall hat in seiner Hausordnung ein Bierdosenverbot aufgenommen und A wollte die Veranstaltung gerade durchführen, um dieses Verbot anzuprangern. Der Prüfer wollte wissen ob dies einen Unterschied machte. Es wurde angemerkt, dass in diesem Fall ebenfalls eine Abwägung der Grundrechtspositionen durchzuführen wäre. Im Ergebnis wurde gesagt, dass A die Versammlung durchführen kann, jedoch ohne die Bierdosen.
Somit war die Prüfung beendet.