Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – NRW im April 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im April 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 32
Zivilrecht 6
Strafrecht 6
Öffentliches Recht 6
Endpunkte 55
Endnote 5,5

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Den Großteil der Prüfung befassten wir uns mit anspruchsvollen StPO-Themen. Anschließend teilte er einen Fall aus, den wir die restlichen 10 min bearbeiteten

Paragraphen: §216 StPO, §242 StGB, §32 StGB, §35 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer fing das Prüfungsgespräch damit an, das vorangegangene Gespräch im öffentlichen Recht noch einmal aufzugreifen und uns zu Handlungsmöglichkeiten der Polizei zu befragen. (Im ÖffRecht-Fall ging es um präventive und repressive Maßnahmen, insbesondere Befragungen von Zeugen etc.)
Er wollte wissen, was die Polizisten für Möglichkeiten haben, Zeugen zu befragen und ob diese eine Pflicht zur Antwort hätten. Da wir alle eher auf die Grundthemen der StPO vorbereitet waren (Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren, Hauptverfahren, die Stufen des Tatverdachts, Aufgaben der Staatsanwaltschaft etc.) kamen wir bereits hier direkt ins Straucheln. Nachdem wir mit Hängen und Würgen einige Paragraphen in den Raum geworfen hatten, befragte er uns weiter zum Thema Zeugen. Es fielen Stichworte wie Zeugnisverweigerungsrecht, Vorladung etc. . Problem war, dass wir immer wieder zwischen den Paragraphen sprangen, sodass wir nach kurzer Zeit nicht mehr genau wussten, ob er jetzt die Pflicht des Zeugen zur Aussage vor Gericht oder bei der Befragung von der Polizei meinte (was ich, wie gesagt, einerseits auf seine etwas ungenauen Fragen zurückführe und zum anderen auf die Schwerpunktsetzung unserer Vorbereitung).

Im Anschluss teilte er einen Fall aus, der in etwa so lautete:
Ö hat vor, einen Supermarkt auszurauben.
S ist Mitarbeiter des Supermarktes und hat einen von mehreren Schlüsseln zu einem Tresor, in dem die Tageseinnahmen deponiert werden.
Ö fängt den Supermarktmitarbeiter S ab, drohte diesem, seine Freundin zu töten, wenn er dem Ö nicht erzähle, wo das Geld im Supermarkt deponiert ist. Daraufhin erzählt der S dem Ö, das Geld liege in einem Tresor, zu dem er, S, einen Schlüssel habe.
Am nächsten Abend geht Ö mit ungeladener Pistole in der Hand in den Supermarkt, hält dem S, der nicht weiß, dass die Pistole ungeladen ist, die Pistole vor die Brust und verlangt das Geld aus dem Tresor heraus.
S geht mit Ö zum Tresor, öffnet diesen und gibt dem Ö das Geld.
Strafbarkeit von Ö und S?
Als wir den Fall lasen, schossen allen natürlich direkt die Stichworte „Raub, räuberische Erpressung, ungeladene Waffe, etc.“ durch den Kopf. Wir fingen dann allerdings mit der Prüfung der Strafbarkeit des S an.
Nachdem wir einige Paragraphen genannt hatten, sollten wir prüfen, ob und wie sich S gem. § 242 I StGB strafbar gemacht haben könnte. Der Problemschwerpunkt sollte dabei vor allem auf der Wegnahme liegen, ob ein Gewahrsamsbruch zum Zeitpunkt der Herausgabe des Geldes an den Ö bejaht werden kann. Diesbezüglich haben wir dann erörtert, dass S wenigstens Mitgewahrsam an dem Tresorinhalt haben muss, da er einen von den Tresorschlüsseln hatte. Nachdem wir den objektiven TB bejaht haben, sprachen wir noch kurz über den Vorsatz des S und seine Zueignungsabsicht, die wir relativ schnell bejahten. Da die Zeit schon fast um war, erörterten wir schließlich noch kurz, dass es ein Fall des Nötigungsnotstandes sei und dieser am Ende § 35 StGB die Schuld entfallen ließ.
Während der gesamten Prüfung befragte der Prüfer die Prüflinge immer der Reihe nach. Jeder durfte sich die Zeit nehmen, über seine Antwort nachzudenken und eventuell noch einmal im Gesetz nachzublättern. Dabei sollte man darauf achten, ihm in etwa den Paragraphen zu nennen, den man im Sinn hat, damit er merkt, dass man nicht nur wahllos im Gesetz herumsucht.
Alles in allem verlief unsere Prüfung im Strafrecht nicht so glücklich, was, wie gesagt, einerseits daran lag, dass wir uns nicht im Detail auf die StPO vorbereitet hatten, und zum anderen an einigen ziemlich anspruchsvollen und leider manchmal etwas verwirrenden Fragen vom Prüfer.
Trotz alle dem kann man sich meiner Meinung aber glücklich schätzen, einen so erfahrenen Prüfer wie diesen zugeteilt zu bekommen. Bereitet euch am besten auf Klassiker-Probleme im Strafrecht vor und seid vor allem fit in der StPO !!!
Viel Glück, gebt im Endspurt noch mal alles, ihr habt es bald geschafft!