Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – NRW vom August 2022

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

5,5

Gesamtnote 1. Examen

6,7

Gesamtnote 2. Examen

5,5

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest, aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Der Schusswaffengebrauch durch die Polizei

Paragraphen: §212 StGB, §32 StGB, §170 StPO, §144 StPO, §152 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte uns einen aktuellen Sachverhalt. Der 17-jährige A geht durch die Fußgängerzone in Wuppertal. Dabei belästigt dieser Passanten und bedroht diese mit einem Messen. Die Passanten rufen die Polizei. Nach kurzer Zeit erscheinen die Polizisten B und C. Die Polizisten erkennen den A, halten diesen an um Ihn zu beruhigen. Der A reagiert aggressiv auf die Beruhigungsversuche der Polizisten. Er hält weiterhin das Messer in einer Hand. Während Polizist B versucht den A zu beruhigen und ihn auffordert, dass Messer niederzulegen, richtet der Polizist C eine Maschinenpistole auf den A. Da sich A nicht beruhigen lässt, setzt der Polizist B einen Taser gegen den A ein. Der Versuch bleibt erfolglos. A hebt sein Messer und rennt auf den Polizisten B zu. Dabei schreit er: „Jetzt steche ich dich ab.“ Der Polizist C schießt daraufhin fünf Mal auf den A. A ist sofort tot. Der Prüfer fragte, was nun der Staatsanwalt als erstes tun würde, wenn er diese Akte auf den Tisch bekommt. Protokollfest frage der Prüfer zuerst die Verdachtsgrade ab. Diese wurden nach und nach von uns definiert. Zudem fragte er, ob der Staatsanwalt auch ermitteln kann/ darf, wenn er lediglich aus privaten Quellen von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt hat. Dies darf er bei schwerwiegenden Straftaten. Wir überlegten, welche Norme hier einschlägig sein könnten und kamen schnell zu § 212 und § 227 StGB. Wir starteten mit § 212 StGB. Es wurde umfangreich über den Tötungsvorsatz diskutiert. Neben der Hemmschwellentheorie wollte der Prüfer herausarbeiten, dass man zur Annahme eines Tötungsvorsatzes von der Gefährlichkeit der Tathandlung (5 Schüsse) auf den Vorsatz schließen könnte. Dabei waren alle Umstände des Einzelfalls (Stresssituation, Erfahrungswerte der Polizei und deren Ausbildung) wie auch das Verhalten des Täters mit einzubeziehen. Wir bejahten einen jedenfalls bedingten Tötungsvorsatz. Dann prüften wir die Notwehr und definierten Angriff, Gegenwärtigkeit und die Rechtswidrigkeit des Angriffs. Daraufhin diskutierten wir über die Erforderlichkeit der Notwehrhandlung und ob es hier beim Schusswaffengebrauch ein milderes Mittel gegeben hätte (Androhung, Warnschuss, Schuss in die Gliedmaßen, tödlicher Schuss). Abschließend kamen wir auch ein unerträgliches Missverhältnis zu sprechen und ob dieses in dem Fall vorliegen könnte.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im August 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.