Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – NRW vom Juli 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW vom Juli 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen:  Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 21 45 32 41 37
Zivilrecht 6 9 8 10 11
Strafrecht 6 9 8 10 11
Öffentliches Recht 6 9 8 10 11
Endpunkte 42 80 66 83 82
Endnote 4,2 8 6,6 8,3 8,2

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Mord und Totschlag, Körperverletzung, Straßenverkehrsdelikte

Paragraphen:  §211 StGB, §212 StGB, §223 StGB, §223 StGB, §315 StGB

Prüfungsgespräch: Diskussion, hält Reihenfolge ein

Prüfungsgespräch:

A und B sind Arbeitskollegen. Sie streiten sich, ob der FC Bayern München (A) oder der VfL Bochum (B) der bessere Fußballverein sei. Am Ende des darauffolgenden Arbeitstages fährt der A wie gewohnt nach Schichtende vom Werksgelände mit seinem Pkw. Kurz bevor A das Werksgelände verlassen kann – ca. 150 m vor dem Werkstor sieht A den B, der die Fahrbahn vor A überqueren möchte. In diesem Moment fasst A kurzzeitig den Entschluss den B dafür zu bestrafen, dass er sich negativ über seinen FC Bayern geäußert hat. A beschleunigte seinen Pkw auf 35 km/h und fuhr den B an. B wurde über die Motorhaube auf die Fahrbahn geschleudert. Er erlitt schwere Knochenbrüche. A erkannte die Möglichkeit des Todes und nahm den Tod des B billigend in Kauf. Das Werkgelände ist komplett eingezäunt und am Tor, welches mit einer Schranke gesichert ist, sitzt ein Pförtner, der ausschließlich Werksangehörige, die sich ausweisen müssen, auf das Gelände lässt.

Strafbarkeit des A?

  1. §§ 211, 22, 23 I, 12 I StGB ( Dir Prüferin fragte den beginnenden Prüfling sofort, warum er nur § 211 StGB zitiere; hier ging es dann direkt um das Verhältnis von § 211 StGB und § 212 StGB; nachdem der Prüfling seine Ansicht, dass Mord ein eigenständiges Delikt sei mit Argumenten untermauert hat, blieben wir bei dem von ihm gewählten Aufbau)
  2. Vorprüfung
  3. Keine Vollendung (+) → B lebt
  4. Strafbarkeit des Versuchs (+) → Mord als Verbrechen (+)
  5. Tatentschluss
  6. A müsste einen Tatentschluss zur Begehung eines Mordes gefasst haben; er müsste also Vorsatzbzgl. aller Merkmale des objektiven Tatbestandes gehabt haben und etwaige subjektive Merkmale in seiner Person erfüllt haben
  7. A hat sich vorgestellt den B zu töten (+)
  8. Heimtücke (+)
  9. niedrige Beweggründe (+)

III. Unmittelbares Ansetzen (+)

  1. A müsste auch zur Tat unmittelbar angesetzt haben; der Täter setzt nach allen Ansichten spätestens zur Tat an, wenn er bereits mit der eigentlichen Ausführungshandlung begonnen hat; vorliegend hat der A die Verletzungshandlung – das Anfahren des B – bereits ausgeführt; A hat mithin unmittelbar zur Tat angesetzt (auf die Theorien kam es also nicht an, da das unmittelbare Ansetzen in unserem Fall unproblematisch war; man sollte die Theorien Zwischenaktstheorie,

Gefährdungstheorie, Sphärentheorie etc. aber können; ungefähr BGH: der Täter muss objektiv in Erscheinung treten, subjektiv die Schwelle zum Jetzt-gehts-los überschreiten und das Rechtsgut einer konkret nahen Gefahr aussetzen)

  1. Rechtswidrigkeit (+)
  2. Schuld (+)

(Achtung: Die Prüferin fragte im Anschluss an das unmittelbare Ansetzen was danach folgt; hier wollte sie nur, dass man die Rechtswidrigkeit und Schuld auch noch prüft; wobei prüfen übertrieben ist, man sollte sich nur an das Schema halten und noch sagen „RWK und Schuld liegen vor“; also haltet euch wie bei Klausuren auch an das gewohnte Schema)

  1. 315 b StGB und § 315 c StGB – Anwendbarkeit (-), da kein öffentlicher Straßenverkehr
  2. 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2, Nr. 3, Nr. 5 StGB
  3. Objektiver Tatbestand § 223 I StGB

Körperliche Misshandlung (+)

Gesundheitsschädigung (+)

  1. Objektiver Tatbestand § 224 I StGB

Nr. 1 Alt. 2 – gefährliches Werkzeug (+)

Nr. 3 – hinterlistiger Überfall (+)

Nr. 5 – mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (+)

  • Subjektiver Tatbestand (+)IV. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)

Konkurrenzen:

A hat sich wegen versuchten Mordes gemäß §§ 211, 22, 23 I, 12 I StGB in Tateinheit mit vollendeter gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2, Nr. 3, Nr. 5 StGB strafbar gemacht.

Probleme:

  1. Abgrenzung § 211 StGB / § 212 StGB; welche Ansicht vertritt die Rechtsprechung, welche die Literatur
  2. Auto als gefährliches Werkzeug? Welche Gegenstände fallen unter den Begriff des gefährlichen Werkzeuges im Sinne des § 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB; auch unbewegliche Gegenstände [Rspr. (-); Lit. (+)]
  3. Wortlaut als Grenze der Auslegung; woraus ergibt sich das aus der Verfassung? Art. 103 II

GG; wo ist dieser Grundsatz einfachgesetzlich geregelt § 1 StGB; Stichwort: Analogieverbot

  1. Straßenverkehrsdelikte: Abgrenzung § 315 b StGB / § 315 c StGB (verkehrsfremde Eingriffe von außen; Verkehrsvorgang zu einem Eingriff pervertieren) § 315 c StGB (verkehrswidriges Verhalten im Straßenverkehr)
  2. Im Rahmen des § 315 b StGB kamen wir auf Absatz 3, der auf § 315 III StGB verweist; wir sprachen dann allgemein über Qualifikationen, Erfolgsqualifikationen (nur am Rande) und Strafzumessungsregeln; wichtig war die Abgrenzung zwischen Qualifikationen und Strafzumessungsregeln
  3. Folgende Definitionen wurden abgefragt:
  4. § 211: Heimtücke niedrige Beweggründe gemeingefährliche Mittel
  5. § 223:

Körperliche Misshandlung

Gesundheitsschädigung

  1. § 224:

Gefährliches Werkzeug Hinterlistiger Überfall mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung

  1. § 315 b:

Straßenverkehr – hier wurde relativ lange darüber gesprochen, woraus es sich ergibt, dass nur der öffentliche Straßenverkehr erfasst wird (insbesondere aus der systematischen Stellung im Abschnitt gemeingefährliche Straftaten) und dann wurde diskutiert, ob das Werksgelände darunter fällt, im Ergebnis ( – ), da es nicht allgemein zugänglich ist

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