Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Januar 2024

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

8

Endnote

8,7

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte uns der Reihe nach 3 kleine Fälle, welche wohl im echten Leben so passierten und Mandanten bei ihm waren. Zwischendrin stellte er immer wieder sehr viele prozessuale Fragen und sprang zwischen dem materiellen und dem prozessualen Recht. Da er sehr viel ,,sprang“, kann ich leider nicht mehr alle prozessrechtlichen Fragen wiedergeben. Es waren zwar viele aber absolute Basics, also einfach die Basics in StPO anschauen und dann könnt ihr damit schon punkten 🙂 Fall Nr.1: Ein Mandant war Schuh-Verkäufer und handelte mit Sneakern, welche entsprechende Werte hatten. Er vertrieb diese sowohl im Laden als auch online. Am 01.01.2023 bekam er eine Lizenz von adidas, dass er die Schuhe um 00:00 online verkaufen darf, kein anderer Laden darf diese Schuhe vorher verkaufen. Der Mandant musste dabei aber feststellen, dass der Onlineshop des Öfteren nicht funktionierte. Dies lag daran, dass Bots die Schuhe automatisch kauften, sobald diese online gestellt wurden. Dann kam dem Mandanten die Idee, dass er einen neuen Schuh hochlädt mit der Beschreibung: Achtung! Sie erwerben nur ein Bild des Schuhs!“ Der normale Preis für einen solchen Schuh ist bei 150 Euro, die Anzeige wurde für 60 Euro geschaltet. Dabei konnte man aber seine Schuhgröße auswählen. Der Mandant wollte niemanden schädigen, sondern lediglich die Bots stören und hätte das Geld über PayPal zurück überwiesen, hätte wirklich eine Person aus Versehen das Bild gekauft. Nun bekam er eine Strafanzeige durch einen Kunden. Wie hat der Mandant sich strafbar gemacht? Wir fingen an mit dem Betrug nach § 263 StGB. Dabei war die Frage, ob eine Täuschung vorliegt, da der Mandant geschrieben hat, dass nur ein Bild erworben wird. Dabei muss jedoch die gesamte Anzeige beachtet werden und wir kamen zu dem Schluss, dass durch die Größenauswahl eine Täuschung vorliegt. Es wurde auch ein Irrtum erregt und es wurde festgestellt, dass auch ein nicht so intelligentes Opfer (was z.B. überliest, dass es nur ein Bild erwirbt) einen gewissen Schutz verdient. Die Vermögensverfügung und der Vermögensschaden hat der Prüfer übersprungen und wir kamen direkt zum subjektiven Tatbestand. Dieser lag nicht vor mangels Bereicherungsabsicht durch den Mandanten. Dieser wollte nur die Bots ausschalten das Geld per PayPal zurück überweisen. Wie genau wir zu den prozessualen Fragen gekommen sind und welche genau gestellt wurden, kann ich nicht mehr wiedergeben, da sehr viel gesprungen wurde. Es wurde allerdings gefragt welche Möglichkeiten den Staatsanwalt bei einer Strafanzeige hat: Erhebung der Klage nach § 170 I StPO Einstellung des Verfahrens, § 170 II StPO Strafbefehl, § 407 StPO Welche Möglichkeiten hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren einzustellen? Vor allem in den §§ 153 ff. StPO Muss der Angeklagte einer Einstellung immer zustimmen? § 153 II 2 StPO, nein. Wenn zwei Strafanzeigen vorliegen, kann die Staatsanwaltschaft nur ein Verfahren einstellen? § 154 StPO Welche Rechtsmittel können eingelegt werden? Berufung und Revision Fall Nr.2: Eine Person steckt in einem Laden einen Kaugummi in die Hosentasche. Er passiert die Kasse, ohne zu zahlen und wird danach von einem Ladendetektiv gefasst. Er wirft danach den Kaugummi weg, der Detektiv hat dies auch mitbekommen. Die Person hat danach eine Rangelei mit dem Ladendetektiv und tritt diesen mit einem schweren Schuh am Kopf und rennt danach weg. Es wurde der Diebstahl nach § 242 StGB und insbesondere der Gewahrsamswechsel angesprochen, welcher bereits durch das Einstecken in die Hosentasche erfolgte (Gewahrsamsenklave). Dann wurde der räuberische Diebstahl nach § 252 StGB angesprochen, der abgelehnt wurde, da die Gewalt nicht angewandt wurde, um sich im Besitz der Beute zu halten, der Kaugummi wurde ja bereits weggeworfen. Auf weitere Delikte sind wir nicht eingegangen. Anschließend wurden die Promillegrenzen (wohl als Vorbereitung auf den letzten Fall) abgefragt. Sowohl für die Schuldfähigkeit als auch für die Straßenverkehrsdelikte. Fall Nr.3: Eine Frau fuhr mit einem Krankenfahrstuhl, welcher 6 km/h fährt mit 1,6 Promille auf dem Bürgersteig. Es erging einen Strafbefehl gegen sie und nun wurde gefragt, ob denn der Krankenfahrstuhl eher einem Fahrrad ähnlich ist oder einem Kfz und welche Promillegrenzen dementsprechend gelten. Da der Krankenstuhl nur 6 km/h fährt, man mit diesem auch innen fahren kann und auf dem Bürgersteig fährt, entschieden wir uns diesen eher in Richtung Fahrrad zu klassifizieren. Die Frau erhob Einspruch gegen den Strafbefehl und es wurde gefragt was passiert, wenn man Einspruch dagegen erhebt: Es wird die Hauptverhandlung anberaumt. Der Prüfer nimmt gerne Fälle aus dem echten Leben. Schaut euch auf jeden Fall an, welche Materien er macht (lebensnah sind wohl insbesondere Vermögens- und Straßenverkehrsdelikte). Ansonsten sollten die Strafprozessrechtlichen Basics sitzen, mit diesen könnt ihr punkten und der Prüfer hat zumindest bei uns sehr viel StPO abgefragt. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er viel Wert auf Definitionen und Schemata liegt, sondern insbesondere darauf, die Probleme zu erkennen und mit diesen umgehen zu können. Der Prüfer ist insgesamt ein super sympathischer Prüfer also keine Angst und ganz viel Erfolg 🙂

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Betrug, § 263 StGB Diebstahl, räuberischer Diebstahl, § 242 StGB, § 252 StGB Promillegrenzen StPO: Erhebung Klage/Einstellung Verfahren, §§ 170 I, 170 II StPO Strafbefehl, § 407 StPO §§ 153 ff. StPO

Paragraphen: §263 StGB, §252 StGB, §170 StPO, §153 StPO, §407 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, lässt Meldungen zu, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz vom Januar 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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