Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Schleswig-Holstein vom Juni 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Schleswig-Holstein vom Juni 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen:  Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 1
Aktenvortrag 1
Zivilrecht 7
Strafrecht 7
Öffentliches Recht 8
Endpunkte 1
Endnote 1

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen:  Raub/räuberische Erpressung, Gewahrsam/Besitz, StPO

Paragraphen:  §249 StGB, §252 StGB, §253 StGB, §255 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, lässt Meldungen zu, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer stellte im materiellen Teil folgenden Fall:
M und F sind verheiratet. Sie gerieten in Streit und M sollte die Wohnung verlassen. Da er kein Geld für die Bahnfahrt hatte, begab er sich in das Kinderzimmer seines Sohnes und bat diesen, ihm Geld aus dessen Spardose zu geben. Die F wollte dies verhindern und packte den M von hinten. M wehrte sich und schubste die F von sich. Diese fiel sodann nach hinten und schlug mit dem Kopf gegen den Tisch. M nahm sich die Spardose und ging in die Küche und öffnete diese mithilfe eines Dosenöffners. Er nahm das darin enthaltene Geld in Höhe von 24,00 Euro an sich und verließ die Wohnung.
Frage Strafbarkeit des M
Der Prüfer fragte zuerst nach den in Betracht kommenden.
Es wurde der § 249 I StGB geprüft. Der Prüfer wollte den genauen Aufbau und die Definitionen hören. Nachdem die fremde bewegliche Sache schnell bejaht wurde, wurde ein besonderes Augenmerk auf das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme und im Rahmen dessen auf das Merkmal des Gewahrsams gelegt. Ob und wessen Gewahrsam an einer Sache besteht, ist nach den Umständen des Einzelfalles und der Verkehrsanschauung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang wurde diskutiert, ob auch Kinder Gewahrsam an einer Sache haben können. Da für den Sachherrschaftswillen der natürliche Herrschaftswille über eine Sache maßgebend ist, kamen wir zu dem Ergebnis, dass dies der Fall sei. Daraufhin wurde herausgearbeitet, dass der Gewahrsam an einer Sache nicht immer nur einer einzigen Person zustehe. Es können auch mehrere Personen Gewahrsam an einer Sache haben. In diesem Zusammenhang wurde herausgearbeitet, ob die Eltern ebenfalls Gewahrsam an der Spardose bzw. an dem Geld des Sohnes hatten. Der Prüfer wollte Ausführungen zum Mitgewahrsam hören und die Voraussetzungen bzgl. des Gewahrsamsbruches durch einen der Mitge-wahrsamsinhaber und das Rangverhältnis der Sachherrschaftsbeziehungen untereinander erläutert bekommen. Besteht gleichrangiger Mitgewahrsam, genügt für die Wegnahme durch einen der Mitgewahr-samsinhaber der Bruch des fremden Mitgewahrsams. Als Zwischenfrage sollte sodann der Unterschied zwischen zivilrechtlichen Besitz und Gewahrsam erläutert werden. Zudem sollte herausgearbeitet werden, wann Besitz und Gewahrsam auseinanderfielen. Es sollte der Erbenbesitz gem. § 857 BGB genannt werden.
Weiterhin wollte der Prüfer wissen, ob das Kind nicht in einem tatbestandsausschließenden Einverständnis gehandelt haben könne, da die Aufhebung des Gewahrsams ohne oder gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers erfolgen müsse, welcher ja das Kind war. Es wurde erläutert, dass bei einem gleichgeordneten Gewahrsam alle Mitgewahrsamsinhaber einwilligen müssen.
Das Geld befand sich jedoch in einer verschlossenen Spardose des Kindes, welche im Kinderzimmer in dessen Kinderzimmer stand. Das Kinderzimmer war wiederum aber auch Teil der gemeinsamen Wohnung, sodass sowohl das Kind als auch beide Eltern zum Kinderzimmer und folglich auch zur Spardose ungehinderten Zutritt hatten. Nach der Verkehrsanschauung hatten somit das Kind als auch die Eltern Mitgewahrsam an der Spardose. Der Mitgewahrsam der Eltern wurde hier aber nach der Verkehrsanschauung als untergeordnet qualifiziert. Somit war das Kind der Eigentümer und Verwahrer des Geldes. Es wurde sich dann darauf geeinigt, dass eine tatbestandliche Wegnahme ausscheide, da die Wegnahme des Geldes nicht ohne den Willen des Kindes erfolgte.
Danach widmeten wir uns dem Tatbestandsmerkmal der Nötigungsmittel. Der Prüfer wollte genau die Definitionen hören. Fraglich war sodann, ob auch Kausalität zwischen Gewaltanwendung und Wegnahme nötig sei. Dies wurde bejaht, da die Sache mit Gewalt oder Drohung weggenommen werden müsse. Auch auf den Finalzusammenhang wurde noch kurz eingegangen. Hier sollte noch ein typisches Beispiel werden, indem es an einem Finalzusammenhang fehle.
Abschließend wurde sich darauf geeinigt, dass der Raub an der fehlenden Wegnahme scheiterte.
Als nächstes wurde der räuberische Diebstahl gem. § 252 StGB geprüft. Hier wollte der Prüfer ebenfalls die Tatbestandsmerkmale genannt bekommen. Das Delikt wurde aber wegen der fehlenden Vortat verneint.
Sodann wurde die räuberische Erpressung §§ 253, 255 StGB geprüft. Es sollte genau die die Tatbestands-merkmale „Gewalt gegen eine Person“ und „Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben“ dargestellt werden. Der Prüfer wollte hier genau definiert bekommen, was unter der Gegenwärtigkeit zu verstehen sei. Nachfolgend erfolgte eine Erläuterung, ob im Rahmen der räuberischen Erpressung überhaupt eine Vermögensverfügung gegeben sein müsse und eine knappe Darstellung der verschiedenen Auffassungen des Streites bzgl. der Abgrenzung Raub und räuberische Erpressung. Ein besonderes Augenmerk wurde hier auf das Tatbestandsmerkmal des Vermögensnachteils gelegt und ob dieser überhaupt vorläge. Dies wurde im Ergebnis aber offen gelassen.

Prozessualer Teil:
Der Prüfer ging auf den Instanzenzug im Rechtsmittelverfahren ein. Er wollte ferner wissen, welche Aufgaben der Generalstaatsanwalt übernähme und welche der Staatsanwalt. Zu nennen waren hier u.a. die Einleitung des Ermittlungsverfahrens und die Klageerhebung. Danach sollte nach kurz erläutert werden, wie der Ablauf des Ermittlungsverfahrens sei. Anschließend wurde noch der hinreichender Tatverdacht definiert und erklärt, wofür dieser benötigt werde. Hiernach endete die Prüfung.

Viel Erfolg.

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