Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Baden-Württemberg vom Oktober 2022

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

9,08

Wahlfach

14

Gesamtnote 1. Examen

9,35

Gesamtnote 2. Examen

9,33

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Allgemeines

Paragraphen: §242 StGB, §243 StGB, §112 StPO, §112a StPO, §329 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, lässt Meldungen zu, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte uns einen Fall einer andauern klauenden Frau in der Karlsruher Innenstadt, die stark drogenabhängig ist und das Geld aus den Diebstählen benötigt, um die Ware an ihren Dealer abzugeben, der sie dann zu Geld macht. Zuerst wollte er wissen, welche Straftatbestände in Betracht kommen: §§ 242, 243 StGB unter Umständen §§ 303, 123 StGB. Dann ging es genauer um § 243 BGB – Strafzumessungsregel. Nun waren wir Staatsanwälte und sollten uns überlegen, was man mit der Frau machen kann bis zur Verhandlung. Sie stiehlt immer weiter und weiter und hat schon immense Schäden angerichtet. Wohnungs- und arbeitslos ist sie auch und vorbestraft auch. Die Betroffenen würden schon bei der Polizei anrufen und sich beschweren. K1 begann mit der Prüfung eines Haftbefehls. Es wurden die Voraussetzungen genannt und wir beschäftigten uns weiter mit dem infrage kommenden Haftgrund der §§ 112 f. StPO. Dort landeten wir etwas vorschnell in der nur subsidiären Wiederholungsgefahr, um uns dann nochmal der Fluchtgefahr zu widmen. Hier wurde unter umfassender Abwägung aller einzustellender Sachverhaltsumstände diskutiert, ob diese nun anzunehmen ist – aus Sicht eines Staatsanwalts – ja! An dieser Stelle diskutierten wir lange und nahmen im Gegensatz zu dem Prüfer wohl gelegentlich die aus seiner Sicht nicht nachvollziehbare Position mancher Verteidiger ein. Dann wandelte der Prüfer den Fall ab – die Frau klaute nun sehr selten, war nicht vorbestraft, nicht wohnungslos und es handelte sich um keine teuren Delikte. Dann wäre die Fluchtgefahr zu verneinen. Für den Erlass ist der Ermittlungsrichter zuständig. Es sollten im Weiteren die unterschiedlichen Verdachtsgrade definiert werden – Anfangsverdacht, hinreichender Tatverdacht und dringender Tatverdacht und ausgeführt werden, wann diese von Bedeutung seien. Wir kamen zur Zuständigkeit des Gerichts, bei dem wir Anklage erheben wollten. Im ersten Fall wohl trotzdem noch das Schöffengericht beim Amtsgericht. Dann ging es weiter mit einer möglichen Berufung. Der Zuständigkeit der kleinen Strafkammer beim Landgericht für diese. Hier dauerte es etwas, bis K2 die Normen fand. Der Prüfer deutete noch an, dass es mit der Berufung im Hinblick auf den Instanzenzug so eine Sache sei. Hier hakte er aber nicht weiter nach und K2 führte auch nicht aus, dass gegen erstinstanzliche Urteile des LG eine Berufung gerade nicht statthaft und möglich ist.
Dann wendeten wir uns dem Unterschied von Strafe zu Maßregeln der Sicherung und Besserung zu. Der Prüfer fragte nämlich, was man bei der Dame im ersten Fall als Staatsanwalt noch beantragen kann. Wir kamen auf § 64 StGB, der eine Unterbringung in einer Erziehungsanstalt vorsieht, um eine Besserung der alkoholischen oder drogentechnischen Abhängigkeit herbeizuführen und damit zukünftige Beschaffungskriminalität usw., die aus dieser Abhängigkeit hervorgehen, zu minimieren.
Es handelt sich also um eine Präventionsmaßnahme. Wir gingen noch genauer auf die Voraussetzungen ein. Irgendwann diskutierten wir auch noch den Unterschied zwischen einer polizeilichen Vorführung im Rahmen einer Hauptverhandlung, wenn ein Zeuge ausbleibt, der praktischen Umsetzung und dem theoretisch richtigen Vorgehen nach den Zuständigkeitsregelungen der StPO. Hier wollte der Prüfer noch wissen, wie das Gericht denn Akten zustellt. Anschließend kamen wir noch kurz auf die Möglichkeiten einer Berufung des Angeklagten, ohne seine Anwesenheit zu sprechen und beschäftigten uns näher mit § 329 StPO.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg im Oktober 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.