Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Bayern im Mai 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern  im Mai 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 7,9 7,4 6,2 4,2
Prüfungsgespräch 10,4 10,8 9,2 6,7
Endnote 8,52 8,25 6,9 4,82
Endnote (1. Examen) 9,2

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Diebstahl, Untreue, Rücktritt, Verdachtsgrade

Paragraphen: §244 StGB, §261 StPO, §152 StPO, §24 StGB, §266 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer griff folgenden Fall aus dem vorangegangenen Zivilrecht auf:
„Die A-GmbH betreibt 3 Cafés mit insgesamt 25 Mitarbeitern. In einem der Cafés ging der Umsatz im letzten Jahr um 25% zurück. Obwohl viel mehr Ware als im Vorjahr umgesetzt wurde, verzeichnete die A-GmbH weniger Einnahmen. Der Geschäftsführer F hat den Verdacht, dass Mitarbeiter Ware stehlen. Er beauftragt deshalb einen Detektiv, der die Mitarbeiter über mehrere Wochen hinweg beobachtet. Der Detektiv äußert die Vermutung, dass die Defizite durch Kassenmanipulationen entstehen. Dabei hat er vor allem die Mitarbeiterin D (seit 16 Jahren bei der A-GmbH beschäftigt) im Verdacht. Der Detektiv installiert daraufhin eine Videokamera im Kassenbereich des Cafés (ohne die Mitarbeiter darüber in Kenntnis zu setzen). Auf den Aufnahmen ist zu sehen, dass die Mitarbeiterin D fünf mal Geldscheine aus der Kasse nimmt oder kleinere Beträge in die Kasse eingibt und sich die Differenz in die eigene Tasche steckt.“
Zunächst fragte der Prüfer, welche Verdachtsmomente es im Strafrecht gibt:

  1. Der Anfangsverdacht ist der schwächste Verdachtsgrad und oft nur wenig mehr als eine bloße Vermutung. Konsequenz des Anfangsverdachts ist, dass die Strafverfolgungsorgane ein Ermittlungsverfahren einleiten müssen (§ 152 Abs. 2 StPO).
  2. Die zweite Stufe ist der hinreichende Tatverdacht. Hinreichend verdächtig bedeutet, dass bei vorläufiger Tatbewertung eine spätere Verurteilung „mit Wahrscheinlichkeit“ zu erwarten ist. Der hinreichende Tatverdacht ist die Voraussetzung zur Erhebung der öffentlichen Klage nach § 170 Abs.1 StPO.
  3. Der dringende Tatverdacht wird dann benötigt, wenn der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder vorläufig in Haft genommen werden soll. Ein dringender Tatverdacht ist anzunehmen, wenn nach gewonnenen Ermittlungsergebnissen eine hohe Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass der Beschuldigte eine Straftat begangen hat.

Weiterhin sollten Haftgründe benannt werden.
Außerdem fragte der Prüfer nach § 261 StPO. Voraussetzung für die Überzeugung des Tatrichters von einem bestimmten Sachverhalt ist nicht eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende Gewissheit. Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt.
Im materiellen Strafrecht wurde zunächst der o.g. Fall geprüft. Wir gingen auf Diebstahl,
Unterschlagung und Untreue ein. Der Prüfer formulierte immer wieder kleine Abweichungen, die wir subsumieren mussten.
Nach der Hälfte der Zeit kamen wir zu seinen ursprünglich beabsichtigten Fragestellungen.
„A will nachts in ein auf einem Autobahnparkplatz geparktes Wohnmobil einbrechen, in dem deren Insassen schlafen. Im Innenraum erhofft er sich Smartphones, Ringe und Bargeld. A manipuliert gerade das Schloss, als O, die mit seiner Frau im Wohnwagen schläft, aufwacht. Das Licht geht im Wohnmobil an. A hatte geplant, heimlich die Gegenstände zu entwenden, und flüchtet ohne Beute.“
(angelehnt an BGH Beschl. v. 11.10.2016 – 1 StR 462/14)
Es wurde § 242, 22, 23 StGB bejaht. Fraglich war die Strafbarkeit wegen
Wohnungseinbruchsdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Der Bundesgerichtshof 2016 entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen Wohnmobile oder Wohnwagen als „Wohnungen“ von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB tatbestandlich erfasst werden. Herrn Heinzmayer ging es an dieser Stelle darum, Argumente zu finden.
Ein Prüfling sprach die aktuellen Tendenzen zur Verschärfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls an:
Wer in Zukunft zum Diebstahl in eine Wohnung einbricht, wird zum Verbrecher. Es wird eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr für derartige Taten vorgesehen. Diese Einordnung hat unter anderem Auswirkungen auf die Versuchsstrafbarkeit. Außerdem soll der minder schwere Fall wegfallen.
Der Prüfer wollte nun § 243 StGB/die Funktionsweise von Regelbeispielen erklärt haben.
Letztlich gingen wir noch auf die Möglichkeit des Rücktritts ein. Es sollten sämtliche Probleme rund um den Rücktritt erklärt werden.

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