Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW im Februar 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Februar 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 38,2 40,2 22,2 24 26
Aktenvortrag 9 11 4 6 7
Prüfungsgespräch 10 11 6 7 7
Endnote 7,82 8,42 4,42 5,1 5,4
Endnote (1. Examen) 7,95

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Durchsuchung beim Beschuldigten, Vermögensdelikte

Paragraphen: §102 StPO, §242 StGB, §246 StGB, §263 StGB, §16 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, lässt Meldungen zu, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer stieg mit einem kleinen StPO-Fall ein. Beschuldigte B käme in unsere Kanzlei und sagte, Polizeibeamte hätte ihre Wohnung durchsucht. Sie hätte aber nichts gefunden.
Rat an die Mandantin?
Ich stieg mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung nach § 102 StPO: Anfangsverdacht für Täterschaft oder Teilnahme an einer Straftat.
Ich definierte Anfangsverdacht, der Prüfer wollte dann von einer anderen Kandidatin die weiteren Verdachtsarten und die Definitionen hören: dringender Tatverdacht, hinreichender Tatverdacht und die Frage nach der höchsten Stufe: richterliche Überzeugung.
Dann ging der Prüfer der Reihe nach vor und fragte, was man denn alles durchsuchen dürfe? Wohnung, Räume, Beschuldigten Selbst und ihm gehörende Sachen.
Wozu dient die Durchsuchung? Auffindung von Beweismitteln.
Ist das Recht der Durchsuchung einschränkbar? Was ist z.B. bei einer einfachen Beleidigung? Darf trotzdem durchsucht werden? Verfassungskonforme Auslegung, Grenze der Verhältnismäßigkeit.
Kann man sich gegen Durchsuchungsbeschluss bzw. allgemein gegen solche Beschlüsse wehren? Ja, § 304 StPO Beschwerde; ist diese befristet? Nein; woher nehmen Sie das? Grds. alle Rechtsmittel unbefristet, es sei denn es steht eine Frist im Gesetz.
Wäre eine solche Beschwerde hier zulässig? Problem: Durchsuchung bereits durchgeführt und daher erledigt. Dies ist wohl bereits heiß höchstrichterlich diskutiert worden, wir kannten den Streit aber nicht. Wir sind über die Ähnlichkeit der FFK im Verwaltungsrecht dazu gekommen, dass ein besonderes Feststellungsinteresse vorliegen müsste. Dieses könnte hier insbesondere in der Verletzung eines Grundrechts (Unverletzlichkeit der Wohnung) liegen, Zulässigkeit (+)
Abwandlung:
Durchsuchung fand die Beschuldigte ok, aber die Art und Weise der Durchsuchung ging nicht. Was kann man machen?
BGH: § 98 II 2 StPO analog; früher § 23 EGGVG
Dann kamen wir zu einer materiellrechtlichen Prüfung:
Die B war Altenpflegerin und betreute Frau A. Diese lebte allein und hatte einen Sohn, allerdings keinen Kontakt.
B war die einzige Vertrauensperson der A. Als A in ihrer Wohnung verstirbt, ist B anwesend und nimmt sich hinterher eine Uhr im Wert von 5.000 Euro. A hatte auch vorher immer gesagt, die B solle sich diese nach ihrem Tod einfach nehmen als kleines Dankeschön für ihre Pflege.
B sieht sich nunmehr mit einem Ermittlungsverfahren konfrontiert:
Strafbarkeit der B?
§ 242 StGB?
fremde bewegliche Sache? hier gab es längere erbrechtliche Ausführungen einer Kandidatin, denn wenn die B die Uhr bereits zu Lebzeiten geschenkt bekommen hätte, wäre es keine fremde Sache. Am Ende war aber weder eine Schenkung unter Lebenden noch von Todes wegen erfolgt, sodass der Sohn als Erbe gem. §1922 BGB Eigentümer geworden war. Fremde bewegliche Sache also (+)
Wegnahme? hier insbesondere der Gewahrsambruch problematisch: besteht fremdes Gewahrsam? iE (-) mangels Herrschaftswillen des Erben, denn der Sohn hat keinen Kontakt gehabt, wusste also auch nichts vom baldigen Tod der A
Diebstahl scheidet also aus
§ 246 StGB?
Tatbestand zunächst (+) allerdings § 16 StGB, die B irrt über Tatsachen, die den Tatbestand betreffen, sodass eine Strafbarkeit mangels Vorsatzes ausschließt
Die B will die Uhr nicht an den Erben herausgeben müssen und geht damit nun zum Pfandleiher. Dieser gibt ihr 3000 Euro (Wert 5000).
Strafbarkeit?
§ 246 StGB als erster Vorschlag
Der Prüfer wollte auf § 263 StGB hinaus gegenüber dem Pfandleiher
Täuschung, Irrtum und Vermögensverfügung unproblematisch.
Problem: Vermögensschaden? hier könnte der Pfandleiher ein Pfandrecht erworben haben, sodass ihm kein Schaden entstanden wäre, da der Wert der Uhr seine Vermögensverfügung sogar überschreitet.
Zu dieser Frage kamen wir allerdings nicht mehr, die Zeit war um und eine relativ angenehme Prüfung war beendet.
Man muss bei diesem Prüfer immer wach bleiben und mitdenken. Dann gibt es aber auch immer Hilfestellungen und man kommt zu vertretbaren Ergebnissen. Wenn man etwas aus seiner Sicht falsches äußert, ist das nicht schlimm. Es kann aber sein, dass der Prüfer dann an entsprechender Stelle weiter nachbohrt.
Viel Erfolg für die Prüfung!!