Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Berlin im Mai 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im Mai 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 4
Vorpunkte 4,28 7,57
Aktenvortrag 6 17
Prüfungsgespräch 8 13
Endnote 5,28 10,22

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Beleidigung, Haftgründe, Legalitätsprinzip, Haftprüfung, Haftbeschwerde

Paragraphen: §152 StPO, §117 StPO, §304 StPO, §194 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann die Prüfung mit folgendem kurzen Fall: Stellen Sie sich vor, Sie sind nun bald Staatsanwalt und feiern das mit ihren Freunden. Einer ihrer Freunde kommt aus Portugal, der andere aus Libyen. Während der Feier zitieren ihre Freunde aus dem Gedicht von Böhmermann. Was tun Sie? Wir gingen auf das Legalitätsprinzip (§ 152 StPO) ein und sollten Abgrenzen, ob und wann dieses auch im Privatleben für Staatsanwälte gelte. Einerseits grenzten wir nach der Schwere der Tat ab, andererseits wurde zur Abgrenzung die Unterscheidung zwischen Vergehen und Verbrechen genannt. Dies gefiel dem Prüfer. Sodann sollten wir überlegen, was wir nun also als Staatsanwälte machen würden. Zunächst sollten wir erkennen, dass lediglich Beleidigungsdelikte in Betracht kommen, ohne dass wir die Delikte materiell-rechtlich prüfen sollten. Es kam der Prüfer darauf an, dass die Beleidigung ein absolutes Antragsdelikt ist (§ 194 StGB) und mangels Antrag ein Verfahrenshindernis besteht. Er fragte dabei auch kurz nach relativen Antragsdelikten.
Sodann sollten wir annehmen, dass ein Antrag vorliegt, also das Ermittlungsverfahren beginnt. Der Prüfer fragte nach der Definition des hinreichenden Tatverdachts und wo dieser außerdem geprüft würde. Im Zwischenverfahren (§ 203 StPO). Er wollte hier kurz wissen, was das Zwischenverfahren ist und wie dies enden kann.
Nun entwickelte der Prüfer den Fall weiter. Er wollte wissen, was wir unternehmen könnten, wenn abzusehen sei, dass unsere Freunde ins Ausland zurückkehren würden. Wir sprachen über die Voraussetzungen der Untersuchungshaft (dringender Tatverdacht, Haftgrund, keine Unverhältnismäßigkeit). Dann sollten wir überlegen, was unsere Freunde nun tun könnten, wenn gegen sie ein Haftbefehl erginge? Es kam der Prüfer auf die Abgrenzung zwischen Haftprüfung (§ 117 StPO) und Haftbeschwerde (§ 304 StPO) an. Beides wurde besprochen und erklärt.
Danach gab der Prüfer vor, dass wir als Staatsanwalt an einem Freitag beim Ermittlungsrichter einen Antrag auf Haftbefehl gestellt hätten. Danach seien wir versetzt worden und ab dem kommenden Montag als Richter tätig. Am Montag fänden wir unseren eigenen Haftbefehlsantrag auf unserem neuen Schreibtisch vor. Was müssen wir nun tun? Können wir entscheiden? Nein, weil wir befangen sind (§§ 22 ff StPO).
Schließlich sprang der Prüfer mit uns in das Stadium der Berufung, unsere Freunde seien also verurteilt worden. Hier wollte der Prüfer zunächst allgemein wissen, was die Berufung ist (ein Rechtsmittel). Welche anderen Rechtsmittel gibt es in der StPO? Was zeichnen Rechtsmittel aus? Wir sollten uns dann vorstellen, dass unsere Freunde zur Berufungsverhandlung nicht erscheinen würden. Was passiert dann? (§ 329 StPO). Wir tenoriert das Gericht?
Als letzte Frage wollte der Prüfer von uns allen noch einmal wissen, ob gegen unseren portugiesischen Freund (angenommen ihm werde eine gefährliche Körperverletzung vorgeworfen) ein Haftbefehl wegen Fluchtgefahr erlassen werde könnte, wenn unser Freund bereits ein Flugticket für den nächsten Tag zurück nach Portugal hat. Hier wollte der Prüfer hören, dass Fluchtgefahr bei der Ausreise in andere EU Mitgliedsstaaten nicht anzunehmen ist.
Der Prüfer benotete fair, verschenkte aber auch keine Punkte. Er wirkte nicht vornotenorientiert. In unserer Prüfung orientierte er sich (wie die gesamte Kommission) wenn überhaupt an den Aktenvorträgen.
Der Prüfer ist ein angenehmer Prüfer. Er vermittelt eine gute Stimmung und auch seine Art zu fragen ist angenehm. Als eine Prüfling bei der Prüfung der Haftgründe meinte, dass es auch auf Vorstrafen ankäme und wir das nach seinem Sachverhalt nicht genau wüssten, meinte der Prüfer, dass es doch unsere Freunde seien. Dies führt zu einem kurzen Lachen der gesamten Gruppe. Es ist jedoch darauf zu achten, dass der Prüfer den von ihm gestellten Fall häufig abwandelt und hin und her springt. Man muss bei ihm immer genau aufpassen, was er gerade fragt und wie er den gestellten Ausgangsfall möglicherweise abgewandelt hat.
Da der Prüfer zuvor erst zwei Prüfungen geleitet hatte, hatten wir wenige Protokolle über ihn.
Wie auch in den Prüfungen zuvor kam in unsere Prüfung lediglich Prozessrecht dran.
Viel Erfolg! Ihr schafft das!

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