Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Berlin vom Februar 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im Februar 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 5.85
Aktenvortrag 11
Prüfungsgespräch 12
Endnote 8,3
Endnote (1. Examen) 1

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Beschwerde, Revision, Eigentumsdelikte, Strafantrag, Strafbefehl

Paragraphen: §247 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte folgenden Fall:
Die geschiedene Angeklagte verabredete mit einem Mittäter, in die Wohnung der Schwiegermutter B der Angeklagten einzubrechen und Sachen und Geld zu entwenden. So geschah es auch. Der Mittäter brach in das Haus der Schwiegermutter B ein. Nachdem er ein paar Sachen nahm, kam die Schwiegermutter entgegen. Der Mittäter erwürgte diese, stellte ihren Tod fest und beseitigte die Leiche. Die Kinder der Schwiegermutter stellten Form und fristgerecht Strafantrag.
Das Landgericht verurteilte die Angeklagte wegen mittäterschaftlichen Wohnungseinbruchdiebstahls. Den Mittäter verurteilte das Amtsgericht wegen Mordes.
Warum wurde die Angeklagte nicht auch wegen Mordes verurteilt?
→ Mittäter hatte einen Mittäterexzess. Was ist das? Wenn man sich nicht im Rahmen des Tatplanes hält, atypischer Kausalverlauf, nicht in der Lebenserfahrung zu erwarten.
Die Angeklagte legt Revision ein.
Wo? Beim BGH, § 135 GVG. Warum könnte sie die Revision erwägen? Wegen § 247 StGB Familiendiebstahl, eventuell fehlt ein Strafantrag. Fahren sie fort. Nach § 247 StGB wird der Diebstahl zwischen Angehörigen nur auf Antrag verfolgt. War die Schwiegermutter noch Angehörige? Das richtet sich nach § 11 I Nr. 1 a) sind Verschwägerte Angehörige, auch (und das was wichtig) wenn die Ehe geschieden wurde.
Liegt ein wirksamer Strafantrag vor? Die Kinder haben Strafantrag gestellt. Aber können Sie das auch? In § 77 StGB schauen. Grundsätzlich hat der Verletzte ein Antragsrecht. Stirbt er jedoch, so geht sein Antragsrecht nach § 77 II in den Fällen über, die das Gesetz bestimmt, auf den Ehegatten, Kinder oder Lebenspartner. Ist das hier so? Dann haben wir zurück auf §247 StGB geschaut, und dort war es nicht explizit geregelt. Wir standen hier etwas auf dem Schlauch, sodass er uns dann den § 230 StGB verriet. Dort ist es explizit geregelt.
Und was nun? Ich hatte nun die Idee, dass den Kindern vielleicht ein originäres Antragsrecht dadurch entstehen könnte, dass die Gegenstände im Wege des Erbfalls nach 1922 auf die Kinder übergegangen sein könnten. Das fand er spitzfindig, aber wir sind dann nicht der Idee weitergefolgt.
Dann hat er gefragt, wann den der Gewahrsam gebrochen gewesen wäre. Hier war es wichtig zu erkennen, dass dies nicht erst beim Verlassen des Hauses oder beim Einstecken der Dinge, sondern auf den Gewahrsamsverlust durch den Tod der Schwiegermutter abzustellen, weil diese keinen natürlichen Gewahrsamswillen mehr bilden konnte.
Wonach könnte sich die Angeklagte aber dennoch strafbar gemacht haben? § 246. Dann § 246 durchgeprüft. (P) Wiederholte Zueignung → Problemstand: Konkurrenzlösung/ Mitbestrafte nachtat
Was liegt also revisionsrechtlich nun vor? Ein fehlender Strafantrag begründet ein Prozesshindernis.
Was wird das Revisionsgericht machen? Das Urteil aufheben. Wird das Gericht die Angeklagte freisprechen? Nein. Was wird es noch machen? Das Verfahren einstellen.
Insgesamt also sehr Revisionslastig. Es lohnt sich also, nochmal gut den Instanzenzug zu können und die groben Voraussetzungen und Anträge der Revision durchzuschauen. Viel Erfolg!!!