Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Berlin vom Februar 2023

Prüfungsthemen: Strafrecht

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Hauptverhandlung, Betrug, Erpressung

Paragraphen: §226 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hält Reihenfolge ein

Prüfungsgespräch:

Auf den Tischen lag folgender Fall ausgeteilt, der zu Prüfungsbeginn vorgelesen wurde: Anton und Berta wollen heiraten. Für Berta wird eine Visagistin zum Preis von 450 € gebucht, die sich um Haare und Makeup kümmern soll. Etwa eine Stunde vor der Hochzeit sagt die Visagistin, sie werde nur gegen einen Aufpreis von 150 € tätig. Aufgrund des Zeitdrucks fragt Berta ihren Schwiegervater Emil, der den Betrag sodann zahlt. Emil stellt Strafantrag. Wie geht der/den zuständigen Staatsanwalt/Staatsanwältin vor? Er/Sie wird bei Vorliegen eines Anfangsverdachts die Ermittlungen aufnehmen. Dies erfordert tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass eine verfolgbare Straftat begangen wurde. In Betracht kommt ein Betrug, den wir wegen fehlender Täuschungsabsicht im Moment des Vertragsschlusses ablehnten. Sodann prüften wir die Erpressung, wobei es vor allem auf die Definition der Drohung mit einem empfindlichen Übel ankam. Das Delikt lehnten wir aufgrund des fehlenden Vorsatzes, den Schwiegervater zu einer vermögensschädigenden Handlung zu bewegen, ab. Der Versuch lag aber vor. Kurz haben wir auch die Dreieckskonstellation angesprochen. Sodann ging es in den prozessualen Teil. Die Staatsanwaltschaft könnte hier die Zeugen und die Beschuldigte vernehmen. Sie wird bei hinreichenden Tatverdacht die öffentliche Klage erheben, der vorliegt, wenn nach der gesamten Aktenlage die Verurteilung der Beschuldigten wahrscheinlicher ist als ihr Freispruch. Dieser liegt vor, auch wenn die Beschuldigte schweigt. Wir diskutierten, ob es eines Einstellungsbescheids aufgrund des gestellten Strafantrags bedarf. Dies bejahten wir, obwohl es sich nur um eine Tat im prozessualen Sinn handelt, denn insoweit kommt es zu keinem Strafklageverbrauch, d.h. die Einstellung ist unschädlich. Der Bescheid hat eine Rechtsbehelfsbelehrung zu enthalten. Der Fall wurde dann abgewandelt, dass Berta in der Hauptverhandlung einen Zeugenbeistand hat. Sie hat das Gespräch mit der Visagistin heimlich aufgenommen. Kann diese Aufnahme als Beweis eingebracht werden. Wir diskutierten die Verwertbarkeit aufgrund der Strafbarkeit nach § 201 StGB. Insbesondere kam es auf die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts an, im Rahmen dessen es einer Interessenabwägung je nach betroffener Sphäre bedarf. Es stellte sich die Frage, wie der Zeugenbeistand argumentieren könnte, dass eine Strafbarkeit nicht vorliegt. Das Gericht würde bei angenommener Verwertbarkeit den Beweis via Augenschein in die Hauptverhandlung einführen. Anschließend diskutierten wir, wie die Situation zu lösen wäre, wenn Emil vor der Polizei aussagt, sodann aber einen Herzinfarkt erleidet und für längere Zeit vernehmungsunfähig wird. Insofern kam es auf § 251 StPO an.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im Februar 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.