Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hamburg im August 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg im August 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 8,00 7,5 10,2 6,75 5,00
Aktenvortrag 8 14 11 13 11
Prüfungsgespräch 11 14 11 13 11
Endnote 9,00 9,3 10,8 8,3 7
Endnote (1. Examen) 6,89

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Es wurden Fragen zur Entziehung der Fahrerlaubnis als Sanktionsmittel für Väter diskutiert, die ihren Unterhaltszahlungen nicht nachkommen

Paragraphen: §69 StGB, §69a StGB, §44 StGB, §153 StPO, §153a StPO

Prüfungsgespräch: Diskussion, lässt Meldungen zu, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer eröffnete die Prüfung damit, dass er einen Zeitungsartikel aus dem Weserkurier vorstellte, in welchem es um die Forderung ging, das Fahrverbot als neue Strafe neben Geld- und Freiheitsstrafe einzuführen. Die Forderung zielte u.a. darauf ab, Verstöße gegen Unterhaltszahlungspflichten besser ahnden zu können.

Er fragte uns zu Beginn, ob diese Forderung neu sei oder ob es sich um eine schon länger andauernde Diskussion handelt. Als wir diese Frage nicht beantworten konnten, erklärte der Prüfer, dass diese Diskussion schon seit den 1970er Jahren geführt wird.

Er fragte uns dann, ob es eine Straftat sei, wenn jemand seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommt (ja, nach §170 StGB).

Der Prüfer fragte weiter, wie wir als Richter einen reichen Zahnarzt bestrafen würden, der seinen Unterhaltspflichten nicht nachkommt, weil die Mutter ihm das Kind vorenthält und der nicht vorbestraft ist. Wir antworteten, dass im Rahmen der Strafzumessung wohl zu einer Geldstrafe zu kommen sei.

Wir führten aus, dass die Bemessung der Geldstrafe bezüglich der Anzahl der Tagessätze nach der Schwere der Schuld und bezüglich der Höhe Tagessätze nach den wirtschaftlichen Verhältnissen erfolgt.

Dann fragte er, wie es bei einem Täter aussieht, der nicht so viel Geld habe. Wir erörterten kurz, dass es darauf ankomme, wie viel Geld er habe, da sonst u.U. schon der Tatbestand des § 170 StGB nicht eröffnet sei. Wenn nun allerdings davon auszugehen ist, dass er genug Einkommen hat, um Unterhalt zu zahlen, sind im Rahmen der Strafzumessung grundsätzlich die gleichen Erwägungen anzustellen wie bei einem reichen Täter. Allerdings stellt sich das Problem, dass bei einer wohl angemessenen Geldstrafe dann die Wahrnehmung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind erschwert wird.

Das veranlasste uns über das Schutzgut des § 170 StGB zu sprechen; einerseits die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des Kindes und andererseits der Staatshaushalt, da in der Konsequenz der Staat Sozialleistungen erbringen muss gegenüber dem Unterhaltsberechtigten.

Wir sprachen dann darüber, ob nicht doch eine Freiheitsstrafe zu wählen sei. Welche dann, wegen der geringen Schwere der Schuld kurz auszufallen habe. So kamen wir auf das grundsätzliche Gebot, kurze Freiheitsstrafen zu vermeiden nach § 47 I StGB zu sprechen. Hier könnte angenommen werden, dass ein Fall vorliegt, in dem „die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich“ ist.

Der Prüfer fragte uns nach weiteren Möglichkeiten mit dem Verfahren umzugehen, wenn es noch nicht zur Durchführung einer Hauptverhandlung gekommen ist. Wir kamen dann auf die Möglichkeit der Einstellung nach § 153a StPO unter Auflagen und entdeckten, dass unter I Nr.1 normiert ist, dass als Auflage insbesondere infrage kommt, Unterhaltsverpflichtungen in einer bestimmten Höhe nachzukommen.

Nachdem wir erörtert haben, dass es in dem Fall des § 170 StGB tatsächlich sinnvoll wäre, wenn es neben der Geld- und Freiheitsstrafe mit dem Führerscheinentzug noch eine weiter Strafe gäbe, sprachen wir noch über die Bedenken gegen eine solche Strafe. Genannt wurde unter anderem der Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, da es die einzelnen unterschiedlich hart treffe. Je nachdem, ob sie in einer Großstadt leben oder auf dem Lande sind sie stärker auf das Auto als Verkehrsmittel angewiesen.

Wir sprachen auch über das bereits in § 44 StGB geregelte Fahrverbot, welches allerdings nur infrage kommt, wenn jemand wegen einer Straftat verurteilt wird, welche er im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrtzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat.

Außerdem besprachen wir den Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB.

Wir stellten klar, dass es sich bei § 44 StGB um eine Nebenstrafe handelt, welche sich an der Schuld bemisst und bei § 69 StGB um eine Maßregel der Besserung und Sicherung, welche sich allein danach richtet, ob jemand zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet ist. Es handelt sich also um generalpräventive Erwägungen.

Der Prüfer fragte noch, ob wir uns einen Fall vorstellen könnten, in dem es sinnvoll wäre, sowohl ein Fahrverbot nach § 44 StGB zu verhängen als auch den Führerschein nach § 69 StGB zu entziehen. Er räumte selber ein, dass dies eine schwere Frage sei. Er meinte den Fall, dass jemand, der einen Kfz-Führerschein hat und mit einem Mofa eine Tat begeht, die unter § 69 StGB fällt. Der Clou an der Sache ist, dass es zum Fahren eines Mofas keines Führerscheins bedarf. Der Kfz-Führerschein kann über § 69 StGB entzogen werden, aber um zu verhindern, dass der Täter weiter Mofa fährt bedarf es eines zusätzlichen Fahrverbots.

Der Prüfer fragte noch, ob der Katalog der in § 69 StGB genannten Straftaten abschließend sei (nein).

Außerdem sprachen wir noch über die Möglichkeit des Fahrverbots im

Ordnungswidrigkeitenverfahren. Wenn jemand beispielsweise über eine rote Ampel gefahren ist, kann ein Fahrverbot im Bußgeldbescheid angeordnet werden. Der Prüfer erzählte, dass die

Mandanten oft insbesondere gegen das Fahrverbot vorgehen wollen. Er fragte uns, welche

Möglichkeit es dazu gäbe. Wir kamen dann darauf, dass es im Ordnungswidrigkeitenverfahren sowie im Strafverfahren die Möglichkeit eines Deals gibt.

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