Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hamburg vom April 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg im April 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 9
Aktenvortrag 10
Prüfungsgespräch 11
Endnote 10
Endnote (1. Examen) 11

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Haft

Paragraphen: §144 StPO, §112 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte zunächst einen Fall „aus der Praxis“: Ein Mann wird in der Wohnung einer Frau verhaftet und mitgenommen. Das Aktenzeichen des Verfahrens lautet 1205 JS 380/06 V. Die Frau wendet sich an Sie als Rechtsanwalt und sagt „tu etwas, Rechtsanwalt!“ Was können Sie tun?
Wir nannten die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme mit der Staatsanwaltschaft sowie mit der örtlichen Justizvollzugsanstalt. Der Prüfer entgegnete, das sei zutreffend, allerdings sei dort niemand erreichbar. Er fragte in der Folge, wie alternativ vorgegangen werden könne. Hier verlief die Prüfung schleppend, da niemand von uns wusste, worauf Der Prüfer hinauswollte, woraufhin er offen legte, der Verteidiger könne die Polizei kontaktieren sowie die Erteilung eines Haftsprechscheins bei der Haftgeschäftsstelle des Amtsgerichts beantragen.
Anschließend erfolgten weitere Nachfragen auf Grundlage dieses Falles: Der Haftbefehl wurde von der Staatsanwaltschaft erlassen, wie kann das sein? Es handelte sich um einen Vollstreckungshaftbefehl, der auch durch die Staatsanwaltschaft erlassen werden kann. Es stellt sich heraus, dass dem Beschuldigten neben dem Vollstreckungshaftbefehl drei Betrugsstraftaten wegen Heiratsschwindel zur Last gelegt werden. Der Verteidiger möchte in Abwesenheit des Justizvollzugsbeamten mit dem Beschuldigten sprechen, wie ist das möglich? Dafür ist eine Mandatierung erforderlich. Es folgte die Prüfung der Voraussetzungen eines Haftbefehls, insbesondere eines Haftgrundes.
Wenn die Frau nun wissen möchte, wie es dem Mann geht, was sagt der Rechtsanwalt? Hier war Vorsicht geboten, da diese Frage nicht – wie von uns angenommen – implizit beinhaltete, dass der Mandant sich mit einer Weitergabe von Informationen einverstanden erklärt hatte. Nur unter dieser Bedingung wäre eine Weitergabe selbstverständlich möglich.
Es folgte die etwas kryptische Frage: Wenn nun das Hauptverfahren stattfindet, was könnte der Angeklagte machen? Hier ging es um die Nennung der Geltendmachung eines Zeugnisverweigerungsrechts durch die potenziellen Opfer, insbesondere aufgrund einer Verlobung. Der Prüfer fragte daraufhin nach, was ein Richter in dieser Situation tun könnte. Er wollte hier konkrete Fragen hören, etwa zum wo und wann der Verlobung sowie etwaigen Zeugen.
Es erfolgten weitere Fragen zu den Themen Pflichtverteidigung und Berufung.
Wenn der Beschuldigte einen weiteren Pflichtverteidiger an seiner Seite haben möchte, ist das möglich? Ja, nach § 144 StPO. Weiter wurde gefragt, ob dem Verteidiger ein Rechtsbehelf gegen die Ablehnung einer Beiordnung als weiterer Pflichtverteidiger zustünde. Dies verneinten wir, wobei der Prüfer sich mit der Antwort nicht einverstanden zeigt, obwohl dies in Einklang mit der Rechtslage steht. Nur der Beschuldigte hat ein Recht der sofortigen Beschwerde, was sich aus § 147 StPO ergibt.
Welche Rechtsmittel können gegen ein Urteil eingelegt werden? Sind Berufung und Revision zu begründen? Hier war auf § 317 und § 344 StPO hinzuweisen.
Wer entscheidet über eine Berufung gegen ein Urteil des Schöffengerichts? Wir führten hier aus, dass gegen ein Urteil des Schöffengerichts die kleine Strafkammer beim Landgericht entscheidet, §§ 74, 76 Abs. 1 Hs. 2 GVG. Dies wurde durch den Vorsitzenden der Prüfung mit dem Kommentar „Nein! Sie übersehen wohl, dass das Schöffengericht entschieden hat.“ kommentiert. Dieser fehlerhafte Einwurf wurde durch den Prüfer nicht korrigiert, was abermals irritierte.
Insgesamt eine sehr untypische und eher irritierende Prüfung, vor allem weil die Redeanteile zwischen den Prüflingen extrem ungleich verteilt wurden und es so extrem schwer war, sein Wissen zu zeigen. Inhaltlich war insbesondere die Haftthematik aus praktischer Perspektive sowie Pflichtverteidigung und Rechtsmittel Schwerpunkt.
Wir wünschen Euch viel Erfolg!