Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hessen im März 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im März 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 8,62
Aktenvortrag 9 4 6 5 5
Prüfungsgespräch 10,25 8 10,66 8 11,33
Endnote 9,27 6,28 6,63 5,86 7,12
Endnote (1. Examen) 8,82

Zur Sache:

Prüfungsstoff:  protokollfest 

Prüfungsthemen: Straßenverkehrsdelikte

Paragraphen: §407 StPO, §142 StGB, §315b StGB, §146 StGB

Prüfungsgespräch:  Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Nachdem wir bereits in der Zivilrechtsprüfung das StVG und einen Unfall im Straßenverkehr prüfen durften schilderte der Prüfer entsprechend folgenden Fall:

Der A ist auf der Landstraße mit seinem 17-jährigem Sohn B unterwegs. Bei überhöhter Geschwindigkeit überfährt das Fahrzeug in einer Kurve die Mittellinie und kommt leicht auf die Gegenfahrbahn. Ein entgegenkommendes Fahrzeug kann gerade noch ausweichen und landet im Straßengraben. Der A hält kurz an und sieht nur blauen Rauch. Danach setzte er die Fahrt fort. Bei der Polizei gibt der A die Tat zu.

Der Prüfer wollte zunächst alle in Betracht kommenden Delikte genannt bekommen.

Die §§ 315 b, c, 142 StGB wurden schnell genannt und auch § 303 sowie § 240 StGB erwähnt.

Die Prüfung sollte mit dem § 142 StGB beginnen. An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: prüft systematisch und jedes Tatbestandsmerkmal in der richtigen Reihenfolge. In der Prüfung lag der Schwerpunkt in der Unterscheidung zwischen der Feststellungsduldungspflicht (§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB), Wartepflicht (§ 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und der nachträglichen Meldepflicht (§ 142 Abs. 2 StGB).

Bei § 315 c StGB sollten die Besonderheiten der Vorsatz-Fahrlässigkeit-Kombination herausgearbeitet werden. Da im vorliegenden Fall eine der „7 Todsünden des Straßenverkehrs“ bejaht werden konnte, § 315 c Abs. 1 Nr. 2 lit. e StGB, schossen wir uns schnell auf den Vorsatz ein, der in unserer Variante nicht zu bejahen war. Im Rahmen dieser Prüfung wollte der Prüfer wissen, wie es möglich ist, auf innere Vorgänge des Täters zu schließen, wenn er nicht geständig ist.

In der Folge wandelte der Prüfer den Fall ein wenig ab:
Es stellte sich heraus, dass nicht der A sondern sein Sohn B (17 J.!) mit dem Kfz gefahren ist und er zum Schutz seines Sohnes die Aussage bei der Polizei gemacht hat.

An dieser Stelle wurden bezüglich B die §§ 142 und 315b StGB kurz wiederholt und hinsichtlich A vertieft auf den § 21 StVG eingegangen. Denn nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG wird auch der Halter eines Kfz bestraft, wenn er es zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der nicht die erforderliche Fahrerlaubnis hat. Dies konnte für den Minderjährigen B schnell bejaht werden. Ebenso wurden die Aussagedelikte (der A hatte angegeben er und nicht sein Sohn sei gefahren), § 145d StGB und § 164 StGB angesprochen. Da aber unserer Prüfung an dieser Stelle so gut wie beendet war wurden die Delikte nur kurz oberflächlich angesprochen.

Prozessual:
Der Prüfer wollte von uns wissen, wie die Staatsanwaltschaft vorgeht, wenn der A geständig ist. Hierbei sollte zwischen der Erhebung öffentlicher Anklage nach § 170 StPO und dem Strafbefehl nach den §§ 407 ff. StPO abgegrenzt werden. Es war schnell klar, dass er auf den Strafbefehl hinaus wollte und ließ uns alle Voraussetzungen nennen. Klar im Vorteil ist an dieser Stelle jeder, der sich auch prozessual auf die mündliche Prüfung vorbereitet und auf die Antwort, ob auch eine Haftstrafe bei einem Strafbefehl möglich ist. Ja, vgl. § 407 Abs. 2 S. 2 StPO.

Nachdem der Prüfer den Fall abgewandelt hatte wollte er wissen was nun geschehe. Insbesondere wurde der gerichtliche Hinweis nach § 265 StPO erörtert und die Nachtragsanklage nach § 266 StPO, da gegen den A statt des Straßenverkehrsdelikts eine Strafe nach § 21 StVG in Betracht kam. Hierbei war der Prüfer eine saubere Prüfung wichtig und ob eine Nachtragsanklage im vorliegendem Fall notwendig ist.

Ausführlich ging der Prüfer auf die Entziehung der Fahrerlaubnis und Sicherstellung des Führerscheins ein. Dabei wollte er auf die Unterschiede zwischen § 111a StPO und den § 69 StGB hinaus. Die Voraussetzungen für den Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB waren unstreitig gegeben. Der Prüfer wollte aber detailliert wissen welche Unterschiede bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis, der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Sicherstellung (Beschlagnahme § 94 StPO) des Führerscheins bestehen. Darf die Polizei den Führerschein Beschlagnahmen und nach welcher Vorschrift? Darf derjenige, dessen Führerschein sichergestellt wurde ein Fahrzeug führen? Ist dies im Rahmen eines Strafbefehls möglich?

Da hier die Prüfung beendet war kamen wir auf die Problematik des 17-jährigen A und das JGG.

Insgesamt war die Prüfung mit gutem Grundlagenwissen machbar. Selbst wenn man sich verzettelte half der Prüfer weiter, so dass man die Fragen beantworten konnte. Nicht glücklich war er hingegen, wenn man direkt auf die problematischen Aspekte der Prüfung „sprang“. Eine strukturierte Prüfung ist wichtig, wie in der Klausur, nur mündlich!

Bei uns wurde im Gegensatz zu vielen anderen Protokollen auch viel Prozessrecht geprüft. In der Vorbereitung sollte man daher auch einen Schwerpunkt darauf legen, mit welchen prozessrechtlichen Fragen der Strafrichter bei seiner täglichen Arbeit konfrontiert wird.

Viel Erfolg!

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